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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 19.1896

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Heft 2
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Gomperz, Heinrich: Hat es jemals in Edessa christliche Könige gegeben?
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https://doi.org/10.11588/diglit.12266#0165
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eile erzählt, und die edessenische Chronik (L. Hallier, Untersuchungen

üher die edess. Chronik, mit.....einer Übersetzung, im IX. Bunde

der „Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Litte-
ratur" S. 86), welche in einem Berichte über eine im Jahre 201 vor-
gefallene Überschwemmung unter den zerstörten Bauten auch das
„Heiligthum der christlichen Kirche" nennt. Aber auch der Umgang
Abgars IX. mit zwei hervorragenden Christen seiner Zeit steht ge-
schichtlich fest. An seinem Hofe lebte der grosse Gnostiker Bardesanes,
und an demselben weilte auch zeitweilig der christliche Chronist und
Mathematiker Julius Africanus (s. den Bericht des Africanus in seinen
EeotoJ (Yet. Math. Reil. ed. Thevenot p. 300).

Ebenso fest aber steht meines Erachtens die Thatsache. dass das
Christenthum um 230 in Edessa noch nicht die herrschende Religion war-.
Dies geht, ganz abgesehen von allen Nachrichten über spätere, von römischer
Seite ausgehende Christenverfolgungen, aus zwei Stellen des sogenannten
„Buches der Gesetze und Länder" hervor, jenes schönen Dialoges über
das Schicksal, der bald nach dem Tode des Bardesanes (222) von dessen
Schülern herausgegeben wurde (ed. W. Cureton, Spicilegium Syriacum).
Hier wird nämlich an einer Stelle (a. a. 0. S. 21) unter anderen localen
Gebräuehen angeführt, dass die Pacami, Edessener und Araber die
Ehebrecherinnen tödten. Später aber (a. a. 0. S. 33), wo gezeigt werden
soll, dass die Christen durch die localen Gewohnheiten von ihrem neuen
Leben nicht abgedrängt werden, heisst es mit Beziehung auf jene Stelle:
„Und die (Christen) in Edessa tödten nicht ihre Weiber, wenn sie
Hurerei treiben." Somit werden noch um 230 die edessenischen Stadt-
gesetze in Gegensatz zum Christenthum gestellt.

Gehen wir nun zur Untersuchung der einzelnen Quellen für das
angebliche Christenthum Abgars IX. über, so tinden wir ihrer drei.

1. In dem eben erwähnten „Buch der Gesetze und Länder" heisst
es (a. a. 0. S. 31 unten, übersetzt nach Hilgenfeld, Bardesanes S. 118):
„In Syrien und Edessa pflegten die Menschen ihre Mannheit zu Ehren
der Taratha wegzusehneiden; als aber der König Abgar gläubig wurde,
da gebot er, dass man jedem, der sich entmannte, die Hand abhauen
sollte. Und von jenem Tage an bis jetzt entmannt sich niemand in
Edessa". Was besagt nun aber dieses Zeugnis, und wie steht es mit
seiner Zuverlässigkeit?

Zunächst muss mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass
an dieser Stelle mit keinem Worte angedeutet ist, welcher König Abgar
jenes Verbot erliess. Nun will ich die Möglichkeit nicht näher erörtern,
dass es sicli bei dem „gläubig gewordenen" König gar nicht um eine
Bekehrung zum Christenthum, sondern um eine solche zum Judenthuin
 
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