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Grund deren dann die Entscheidung- erfolgte, ähnlich wie Krausse
a. a. 0. 27 die Sache ansieht, dessen Auffassung- aus den Worten
unserer Urkunde herauszulesen aber ein Ding der Unmöglichkeit ist.
In das System des Processes, wie es dieser Behaltungseid des Besitzers
voraussetzt, passt als paralleles Beweismittel nur eine mündliche Zeugen-
aussage der Mnemonen. Einen unverächtlichen Fingerzeig nach dieser
Richtung hin bildet, wie Mitteis (S. 172) erkannte, die Ausdrucksweise
der Inschrift z. 20. 21: 8 av ot p.v/jao|vjc e]18£<üoiv, xoüzo xapcspäv
siva[i; es ist von Gewicht, dass das Wissen (oder ..Wahrgenommen-
haben") der Mnemonen hier betont wird, und man hat kein Recht, die
ursprüngliche Kraft des Wortes durch die Deutung in irgend einem
übertragenen Sinne abzuschwächen.

Die bisherige irrige Auffassung über die Thätigkeit der Mnemonen
in Halikarnass steht grölitentheils in Zusammenhang mit der übertrie-
benen Vorstellung, welche man unbewusst von dem Vorkommen öffent-
licher Bücher in Griechenland zu hegen scheint, obwohl die allgemeinen
Darstellungen bereits den richtigen Sachverhalt über diese Dinge gelehrt
haben.01) Von den verschiedenen Einrichtungen, welche dazu dienten,
den Wechsel im Grundbesitze rechtlich zu fixieren:<;5) der Niederlegung
der Kaufurkunden im Archiv einer Behörde, der amtlichen Einregistrie-
rung der Besitztitel,66) der Anlage eines Grundbuchs, der Aufstellung
eines Katasters sind die beiden letzten Acte, die ihrer Natur nach
strenge von einander zu trennen sind (vgl. Franz Hofmann 1. c. 95)
die jüngsten und seltensten gewesen.07) Von den Urkunden, welche
unserer Inschrift zeitlich am nächsten stehen und sich auf Grundbesitz
beziehen, enthält diejenige von Chios IGA 381 = Cauer Del. 2 n. 496
= Bechtel, Inschr. des ion. Dialects n. 174 (Lat. C, D), wie es scheint,
eine Liste von Käufen confiscierter Güter, und die aus Halikarnass
selbst stammende Inschrift bei Dittenberger Syll. n. 6 ( Ende des fünften
Jahrhunderts)6S) Verkäufe von Grundstücken und Häusern, welche bis-
her Schuldnern an die Götter gehörten; aber weder in der einen noch
in der anderen wird man „officielle Buchungen über Grundbesitzwechsel"
(Keil 258) erkennen dürfen. Das vollkommenste Bild eines solchen
Actes bietet die bekannte Inschrift von Tenos (Ancient Greek Inscr. nr.

m) Thalheim a. a. 0. 85.

05) Über sie Franz Hofmann L L 95 ff.

0G) Darüber Guiraud L l. 295; auch Lipsius. Von der Bedeutung des griech.
Rechts 12 ff. und für Aegypten Mitteis, Hermes XXX 592 ff.

r'7) Das Gegentheil wird von Guiraud 299 mit Unrecht behauptet, vgl. seine
eigene Äußerung über die epigraphischen Quellen 800.

«) Bruno Keil a. a. 0. 259. 264.
 
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