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annähernd ein Viereck, dessen Westseite einmal, dessen Ostseite mehrmal
gebrochen ist. Die Nordseite ist durch Unterwaschungen des Stromes
weggerissen (Taf. II Fig. 1) punktiert angedeutet), die Südseite, von der
nur der Ostthurm der porta decumana sammt zwölf Metern der an-
stoßenden Wallmauer bisher aufgedeckt worden ist, markiert sich im
Terrain geradlinig. Besonders deutlich prägt sich ihr östliches Ende
aus als eine Abrundung von beiläufig 21 Meter Krümmungsradius und
der Wallgraben davor mit 15 Meter Escarpe und 12 Meter Contre-
escarpe, auf der Flurfläche gemessen, wonach das Fundament des hier
noch zu ergrabenden Thurmes gut erhalten sein dürfte. Der Südfront
entlang am Rande der Contreescarpe zieht eine römische Straße, deren
starke Kiesdecke durch vorsätzliches Aufeggen zerrissen worden ist,
um eine höhere Humuslage zu erhalten; Uber einen Theil dieser Straße
läuft der jetzige Feldweg.

Während das Westthor nur um ein Geringes zurückliegt und im
Laufe der Westseite jetzt den Scheitel eines Winkels von 170 Graden
bildet, ist das gegenüberliegende Ostthor so stark in das Lagerareale
eingerückt, dass links und rechts vom Eingang Bastionen entstanden,
welche das Thor sammt dem von ihm durchbrochenen Zwischenstück
der Umfassungsmauer (Courtine) flankierend bestrichen (Tafel I Fig. 1).
Das Thor liegt nicht in der Mitte dieser Kurtine. sondern nahe der
nördlichen Bastion, so dass von dieser aus die ungedeckte Schwertseite
der Angreifenden mit Stein- und Speerwürfen getroffen wurde, während
die Schildseite Schleudergeschossen und Pfeilschüssen von der Südbastion
her ausgesetzt war. Den nördlichen Bastionspunkt bildet ein starker
Thurm, den südlichen ein Reduit,1) welches den Wall überhöhte, da
seine Mauern stärker sind, somit höher gewesen sein mögen.

Der Grundriss2) Taf. I, Fig. 1 zeigt linker Hand ein 1888 aus-
gegrabenes Gebäude von 85 m Länge und 35 m Breite mit nieter-
dicken Mauern.

Ein kleineres Befestigungswerk gleichen Charakters (Reduit oder
wenigstens Cavalier) mag auch statt des Wallthurmes südlich vom
Sinistralthor in Verwendung gewesen sein. Dort wurden 1877 an Stelle

l) Im Castell Murrhardt waren auch an Stelle zweier Thürme einer Front-
seite zwei größere rechteckige Werke errichtet. (Obergennanisch-raetischer Limes
des Eümerreiches Lieferung I S. 4). Ebenso findet sich im Kastell Unterboebingen
an einer Front ein entsprechendes Bauwerk.

-) Der Grundriss nimmt auf die in der Originalaufnahme vom Herrn Pionnier-
lieutenant Baumann (Maßstab 1: 200) dargestellten Unregelmäßigkeiten, welche durch
Senkungen und Ausbauchungen der Mauerungen veranlasst sind, keine Rücksicht,
sondern zieht die ursprünglichen Umrisslinien.

Archäologisch-epigraphische Mittheilungen XX. 12
 
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