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228

IV. Einzelfunde.

A. Statuarische Funde.
1. Cultbild der Nemesis.

Bei der Aufdeckung- des Nemesisheiligthums ward das Cultbild
der Göttin nahe der nach dem Ausweise der Dedication zugehörigen
Basis in Trümmern vorgefunden und aus denselben bis auf den fehlen-
den rechten Unterarm wieder zusammengefügt (Abb. 19). Das Material
ist gelber Sandstein. Die Rückseite ist völlig im Rohen belassen, derart,
dass an Hals und Hinterhaupt der Werkstein noch in voller Masse an-
haftet. Das Antlitz ist bis auf geringe Reste der Brauen abgesplittert.21)

Abweichend von den üblichen Typen der Kaiserzeit (vgl. Posnansky,
Nemesis und Adrasteia S. 113 ff.) ist das Cultbild von Carnuntum durch-
aus dem spätrömischen Typus der Artemis-Diana nachgestaltet, wie denn
die durch verwandte Glaubensanschauungen angebahnte Verschmelzung
der beiden Gottheiten im Culte eben für die Donaulande inschriftlich
bezeugt ist (vgl. v. Premerstein, Piniol. N. F. VII S. 407; dazu die S. 241
abgebildete Inschrift aus Carnuntum). Angethan mit kurzem Chiton,
der die rechte Brust freilässt, und einem hoch unter der Brust gürtel-
artig zusammengenommenen Übergewandc, dessen Ende um den linken
Arm herabfällt, ist die Göttin mit leicht nach rechts gewendetem Haupte
und vorgesetztem rechten Beine zur Darstellung gebracht. Das gewellte
Haar wird von einer durch den eingeritzten Contur deutlich erkennbaren
Mondsichel gekrönt, wie sie gleicherweise an den Darstellungen der
Mondgottheiten in hellenistisch-römischer Zeit wiederkehrt, Die darüber
befindliche kleine Scheibe scheint mir eine andere Deutung denn als
Stern nicht zuzulassen, wenn ich schon eine derartige Zusammenstellung
nur isoliert für sich als Münzbild, nicht aber in ähnlicher Verwendung
an statuarischen Werken nachzuweisen vermag. Hohe Jagdschuho kleiden
die Füße.

Als Nemesis ist das Idol durch die dieser Göttin in römischer
Zeit zukommenden Attribute gekennzeichnet, vornehmlich durch den
geflügelten Greif zu ihren Füßen, sowie durch die vom verwandten
Fortunatypus entlehnten Attribute des Rades und Steuerruders, die an
dem ein Schiffshintertheil vorstellenden Grunde reliefartig angebracht
sind. Selten und nur auf späten kleinasiatischen Städtemünzen erweis-
lich ist die Peitsche (vgl. Posnansky, a. a. 0. S. 112 u. 150 ff.),

21) Was an Abb. 19 darüber hinaus ersichtlich ist, ist auf Eetouche zurück-
zuführen.
 
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