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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 1
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Rave, Paul Ortwin: Die Mariakirche zu Bergen: ein Beitrag zur Baugeschichte des Mittelalters in Norwegen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0041

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DIE MARIAKIRCHE ZU BERGEN

Ein Beitrag zur Baugeschichte des Mittelalters in Norwegen
Von Paul Ortwin Rave, Berlin

Die Baugeschichte des Mittelalters begreift stets norwegische Thron vereinigt waren, spielen ne-
ein Stück Kirchengeschichte in sich. Eine mittel- ben den genannten Bistümern die von Aarhus,
alterliche Kunstgeschichte Skandinaviens kann Wiborg, Odense, Roeskilde wie auch das von
nicht geschrieben werden, ohne auf die haupt- Lund in Südschweden während des 11. Jahrhun-
sächlichsten Vorgänge bei der Bekehrung des derts die wichtigste Rolle: aus allen strömt das
norwegischen Stammes zum Christentum einzu- neue Leben in die nordischen Gaue,
gehen. Man tut gut, Nachrichten zu sammeln Staatlich war Norwegen früh geeint. Den Zu-
über die Bischofssitze im Norden, die frühen sammenschluß zum Königtum ermöglichte eine
Bischofsreihen und ihre Beziehungen zu ande- vielleicht zahlenmäßig geringe kriegerische
ren Bistümern. Macht, da zu Schiff die im Vergleich zum übri-

Versuche, das Christentum in Norwegen einzu- gen bekehrten Abendland riesigen Entfernun-
führen, sehen wir in der Mitte des 10. Jahrhun- gen unschwer überwunden werden konnten,
derts beginnen. Ilaakon, Sohn Haralds, des Trotzdem darf die ältere Grundlage des nordi-
Gründers der Alleinherrschaft, war am Hof des sehen Reiches nicht unbeachtet bleiben: die
christlichen Königs in England erzogen und Gliederung in vier räumlich weit auseinander-
holte als Herrscher die erste Geistlichkeit aus liegenden Thing-Verbänden aus heidnischer
England in sein heidnisches Reich. Aber lange Zeit, die verhältnismäßig abgeschlossene Reclits-
noch blieben Häuptlinge und Bauernverbände und Sittenbereiche bildeten. In der Bauweise
dem Glauben der Väter treu. Erneutes Bestre- der mittelalterlichen Blockhäuser und überhaupt
ben setzte vom Süden aus ein, von den jütischen in den Ausprägungen der Bauernkultur wird das
Bistümern Ribe und Schleswig, von den sächsi- ganz deutlich. Man kann diese Gaue als fast so
sehen Hamburg und Bremen. Durch die unab- vereinzelt ansehen wie die Stämme im Europa der
lässigen Bemühungen, zumal der deutschen Christenheit, durch die ja das Aufblühen ein-
Kirche, aber auch durch den dauernden Ein- zelnerBauschulen so stark begünstigt worden ist.
fluß der englischen, gewann die norwegische Anfangs hört man von Bischöfen des Nordens,
langsam im Lauf des 11. Jahrhunderts Form und die ohne bestimmten Sitz und Sprengel tätig
Gestalt. König Olaf, Sohn Tryggves, legte durch waren. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts wur-
die feierliche, auf der Insel Selje erfolgte Er- den den Thing-Verbänden des Landes entspre-
liebung der Gebeine der ersten norwegischen chend Bistümer eingerichtet und für jedes ein
Märtyrergestalt, der irischen Königstochter Sun- fester Sitz in einer Stadt bestimmt: zunächst
nifa, deren Legende an die deutsche der Heili- Nidaros, die alte Königstadt im Drontheimschen,
gen Ursula anklingt, den Grund zu einem ersten dann Oslo im Südgau Viken (Vikinger!), Ber-
Bistum, das später das von Bergen ward. Zu- gen für den Gulathing-Bezirk. Durch die Grün-
gleich gründet er im Drontheimgau Nidaros, das düngen des 12. Jahrhunderts, Stavanger für das
heutige Drontheim. Sein jüngerer Namensvetter, Westland und Hamar für das Mittelland (Hede-
der Dicke Olaf, Sohn Haralds, stand mit dem marken-Gudbrandstal), wurde die Zahl der Bis-
erzbischöflichen Stuhl Hamburg in engster Ver- tümer des Festlandes auf fünf erhöht, wozu noch
bindung. Er fiel 1030 im Kampf mit dem Dänen- die auswärtigen in den Nebenlanden kamen:
könig Knut und wurde alsbald der National- auf den Orkney-Inseln, Faröer-Inseln, Island
Heilige Norwegens. Sein Kult drang über sein und Grönland. In allen Städten begann man so-
Land hinaus, es gab beispielsweise eine Olafs- gleich mit dem Bau von Bischofskirchen. Die
kapeile in S. Jakob zu Bremen, und er war der Form dieser Dome ist verschieden von Stadt zu
Schutzheilige der Bergenfahrer in Lübeck, wie- Stadt, je nachdem welche Beziehungen! die Bau-
wohl Rom ihn nie heilig gesprochen hat. Da die lierrschaft mit ihren Mutterkirchen verbanden.
Dänen seit den Heerzügen der sächsischen Kai- Eine einheitlich norwegische Bauschule gibt es
ser ganz christlich waren und unter Knut wie zu dieser Zeit nicht, doch verhältnismäßig ge-
unter Magnus, Sohn Olafs, der dänische und schlossene Baugruppen.

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