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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 2
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Martiny, Günter: Zur astronomischen Orientation altmesopotamischer Tempel
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0061

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moderne Astronom die galaktische Ebene zu
seinen Berechnungen wieder heranzieht.
Der jetzt festliegende Orientationskreis hilft das
Bild im ersten Sektor der berühmten Plani-
sphäre K8538 zu deuten. Die von mir in KiM,
Abb. 4, vorgeschlagene Erklärung muß geändert
werden. In Abb. 2 stelle ich das Sektorbild neben
einen genauen Himmelsausschnitt um Alpha
Cassiopejae und Beta Andromedae. Die auffäl-
lige Übereinstimmung beider Figuren zeigt, daß
wir auf dem richtigen Wege einer Deutung sind.
Auf Abbildung 3 gebe ich einen Ausschnitt aus
dem Himmel mit dem nördlichen Ekliptikpol
als Mittelpunkt wieder. Der Orientationskreis ist
strichpunktiert eingetragen. Sein Abrücken vom
Pol, der auf dem Polkreis um den Ekliptikpol
seinen Weg entsprechend den eingetragenen
Jahreszahlen nimmt, ist deutlich sichtbar.

Durch die genaue Festlegung des Orientations-
kreises wird es möglich, am Präzessionsglobus
die Schnittpunkte des Kreises mit dem Horizont
sowohl für Assyrien (35° nördl. Breite), als auch
für Babylonien (31° nördl. Breite) zu messen,
Abb. 4. Die Messungen konnten für alle 200
Jahre durchgeführt werden. Die Hundertjahr-
teilung wurde als Mittel der gemessenen Punkte
genommen. Abb. 4 zeigt wie verschieden die
Bewegung des Kreises am Nordwesthimmel wäh-
rend des Frühjahrsäquinoktiums von der am
Südwesthimmel während des Wintersolstitiums
ist. Da die Bewegung des Orientationskreises im

Abb. 3. DiestrichpnnktierteLinie istder
Orientationskreis der Alten. Er erschein1
bei dieser Darstellung der Kugelkappe
als Teil einer großen Ellipse.

assyrischen Abschnitt schneller vor sich geht als
im babylonischen Abschnitt, ist auch das Fort-
rücken der assyrischen Kultachsen besser und
schneller sichtbar als in Babylonien.

Seit meiner ersten Publikation (KiM) hat sich
manches in der Datierung der assyrischen Tem-
pel geändert. Der alte Asur-Tempel ist nicht von
Schamschi-Adad I. gebaut worden, sondern, wie
der archäologische Befund lehrt, von Scham-
schi-Adad III. kurz nach —1700'). Die Sin-
Schamasch-Tempel sind ebenfalls heute durch
H. v. Haller genau datiert1).

Die Reihe der nordwestlich orientierten Kult-
bauten erfuhr noch eine gute Ergänzung im
Palasttempel von Aschnunak2). Die Anlage des
Tempels in Aschnunak stammt von einem
Lehnsfürsten der dritten Dynastie von Ur. Der
Tempel muß also zwischen -—2400 und —2300
erbaut worden sein. Die Kultachse des Palast-
tempels weist mit ihrer nw.-Lage ins Jahr
—2370. Der Tempel ist etwa 50 Jahre jünger an-
zusetzen. Die nordwestliche Richtung des baby-
lonisch geplantenTempelsist zu verstehen aus der
Lage der Stadt Aschnunak im Grenzgebiet As-
syriens und Babyloniens: Die assyrisch gearteten
Bewohner bauten unter babylonischem Einfluß.
Die altbabylonischen Tempel, deren Alter am

J) Martiny — von Haller, Die Haupttempel von Assur,
Wissenschaftliche Veröffentlichung der Deutschen Orient-
gesellschaft, in Vorbereitung.

*) H.Frankfort, Eschnunna, III. London News, Oct.1,1932.

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