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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 2
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Styger, Paul: Nymphäen, Mausoleen, Baptisterien: Probleme der Architekturgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0073
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sind zum Teil noch erhalten; aber sie passen
nicht für ein Baptisterium, sondern für ein Mau-
soleum. Gerade die charakteristischen Komposi-
tionen sepulkraler Monumente sind dargestellt:
Das Gericht (Dominus legen dat), die Evange-
listensymbole, die Apostel mit Kränzen und ein
kleiner Bildzyklus, nach Katakombenart. Wann
die Umwandlung in ein Baptisterium erfolgte ist
nicht erwiesen. Man könnte an das 6. Jahrh.
denken, da in der Chronik der Neapolitaner
Bischöfe unter Yincentius (554—578) ein Bap-
tisterium fontis minoris neben einem älteren
Baptisterium fontis maioris, von Soter (465—492)
errichtet, erwähnt wird. Das Taufbecken ist
kaum 60 cm tief, so daß es für den Ritus der
Immersion nicht in Betracht kommen kann1).
Auch die beiden berühmten Baptisterien in
Ravenna müssen eine Wandlung durchgemacht
haben. Das ältere, des Neon, war ursprünglich
von einem Coemeterium umgeben und durch ein
Zangenatrium mit der dreischiffigen Basilica
Ursiana verbunden. Vier Nischen des Achtecks
sind für Sarkophage eingerichtet. Die Dekora-
tionsmotive haben ausgesprochen sepulkralen
Charakter, besonders die Hauptszene in der
Kuppel mit den zwölf kranztragenden Aposteln,
wie auf Sarkophagen. Das Zentralbild der Taufe
Jesu im Jordan, mit seinem auffälligen Stilunter-
schied, ist später eingesetzt. Auch das Tauf-
becken auf dem merklich überhöhten Boden ist
nicht ursprünglich. Die zweite Stifterinschrift
sagt übrigens: „Cede vetus nomen", was ohne
tiefgreifende Änderung keinen Sinn hätte. Ähn-
lich erging es dem Baptisterium der Arianer, aus
dem Anfang des 6. Jahrh. Dort sind noch alte
Grabstätten erhalten und Bogenkonstruktionen
für Sarkophage im äußeren Umgang2).
Untersuchungen nach dieser Richtung wären an
einer Reihe von Baptisterien vorzunehmen, be-
sonders in Istrien und Dalmatien, in Grado, Pa-
renzo, Pola, Zara, dann auch in der näheren
Umgebung des langobardischen Kulturzentrums
Pavia. In Agliate am Lambroflusse steht ein altes
Oktogon mit Kuppel und Absis neben der Basi-
lika, in einem Friedhofe (Abb. 5, 6). Die frühere
Malerei und das eingesetzte Taufbecken legen
auch hier von einer Umwandlung Zeugnis ab,

1) G. Stuhlfauth, Das Baptisterium S. Giovanni in Fönte
zu Neapel und seine Mosaiken, 1929, Reinhold-Seeberg-
Festschrift.

") G. Gerola, II restauro del battistero Ariano di Ravenna
(Studien zur Kunst des Ostens), Wien 1925.



Abb. 5—6. Baptisterium in Agliate, Schnitt
A—B und Grundriß

etwa im 12. Jahrh., als die Verbindung mit der
Kirche erfolgte.

Bei Ausgrabungen werden die Rundbauten neben
den Gotteshäusern meist unterschiedslos als
Baptisterien angesprochen. So z. B. in Adam-
klissi, dem alten Tropaeum Trajani, in der Do-
brudscha inRumänien, trotzdem dieseBauten aus
der Zeit Justinians (1.Hälfte des 6. Jahrh.) wegen
der Absiden für Sarkophage kaum etwas anderes
als Prachtmausoleen gewesen sein können.
Im allgemeinen ist daran festzuhalten, daß iso-
lierte Baptisterien im Mittelalter immer mehr
zurücktraten und in nordischen Ländern, auch
im Zentrum Frankreichs, überhaupt nicht vor-
kamen, während die Mausoleen sich überall wei-
ter entwickelten, ja in der Baukunst des Islam
für die Grabmoscheen und Kalifendenkmäler
geradezu begeistert Verwendung fanden.
Den höchsten Triumph sollte das Mausoleum
noch erleben, als Bramante und Michelangelo
ein Modell für die Peterskirche in Rom anfertig-
ten, nach dem Typus der zentralen, zweigeschos-
sigen und kuppelgekrönten Grabdenkmäler.
Über dem Grab des Apostelfürsten sollte sich
ein Mausoleum nach klassischem Stil erheben,
von einer Pracht und Majestät, die alles da-
gewesene weit in den Schatten stellte. Paul Styger

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