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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 3
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Habicht, Victor Curt: Aufgaben der Forschung über die deutschen Bauhütten
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Simon, Karl: Der mittelalterliche Profanbau Deutschlands und seine Bedeutung für die Geistesgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0104

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bei den Meisterzeichen der verantwortlichen
Werkmeister („magistri operis").

8. Diesen „Meistern des Werks", den führenden
und bestimmenden Köpfen der Hütten, gilt
selbstverständlich nun doch unser wesentliches
Interesse. Über die Ausbildung, Stellung und
Tätigkeit dieser Künstler bedürfen wir drin-
gend positiver Feststellungen. Nur auf einen
Punkt möchte ich hinweisen, weil er erledigt
zu sein scheint. A. Schultz1) hat den Irrtum der
Annahme, die Dombaumeister seien ihrer Be-
zeichnung Magister wregen magistri artium libe-
ralium gewesen, zurückgewiesen. Aber diese
Selbstverständlichkeit hindert nicht, daß diese
„Werkmeister" eine wissenschaftliche Bildung
besessen haben, d. h. natürlich die ihrer Zeit,
und genauer gesagt, die des Trivium und Qua-
drivium. Darauf lassen nicht nur schriftliche
Zeugnisse, wie des Villard de Honnecours Skiz-
zenbuch schließen, sondern vor allem auch die
Werke, d. h. die ganzen Kathedralen, deren Be-
trachtung unter dem Gesichtspunkt: Architek-
tur (für sich); Plastik (für sich) usw. der ge-
wollten Einheit und namentlich der einheitlich
geschlossenen Aufgabe des leitenden Werkmei-
') Vgl. H. Schultz, a. a. 0>.

sters nicht gerecht werden kann. Die — s. v. v.
— „Eselsbrücke", die sich aus der Einschaltung
von für daa „Programm" verantwortlichen, geist-
lichen Beratern (die es fraglos gegeben hat, ge-
geben haben muß) einen bequemen Ausweg
bei allen diffizileren Fragen zu schaffen meint,
umgeht eigentlich die Hauptfrage, nämlich die,
wie ein schriftlich oder mündlch fixiertes Pro-
gramm in künstlerisch erträgliche Form ge-
bracht werden kann. Was wir in Chartres oder
Freiberg i. Sa. oder in Bamberg bewundern, ist
aber nicht ein taliter qualiter, vielmehr die ge-
stalterisch souveräne Form für ein geistig Gewoll-
tes. Nur „unverbildet Gebildete", um im Sinne
eines sehr wertvollen Teiles der akademischen
Jugend der vorausschauenden Hochschulen zu
sprechen, waren fraglos in der Lage, die gleich-
sam literarischen Unterlagen der geistlichen Be-
rater zu verstehen und sie in Skizzen, Modellen
usw. überhaupt erst einmal konkret anschaubar
zu machen. Ich unterlasse auch hier eine Zu-
sammenstellung der bekannteren Hinweise (auf
Grabsteinen usw.) und spreche lediglich von
dem Aufgabenkreis, ohne verkennen zu wollen,
daß hier positive und zu verallgemeinernde An-
halte spärlich sein werden. V. C. Habicht

DER MITTELALTERLICHE PROFANBAU DEUTSCHLANDS
UND SEINE BEDEUTUNG FÜR DIE GEISTESGESCHICHTE

Von Karl Simon, Frankfurt a. M.

Für das 19. Jahrhundert war Geschichtsschrei-
bung weithin nichts anderes als der Versuch,
einen Kausalzusammenhang zwischen den ein-
zelnen Geschehnissen und geschichtlichen Er-
scheinungen festzustellen und den Prozeß der
geschichtlichen Entwicklung zu begreifen: zu
erforschen und darzustellen, „wie es eigentlich
gewesen", wenn wir ein bekanntes Wort Ranke's
gebrauchen wollen.

Demgemäß ist auch die Kunstgeschichtsschrei-
bung als Zweig der allgemeinen Geschichts-
schreibung vielfach verfahren und hat so das
feste Gerüst für den stolzen Bau geliefert, den
heute die Kunstgeschichte darstellt; sie wird
auf diese Methode auch nie verzichten können,
wenn sie nicht den festen Grund unter den
Füßen verlieren will.

Daneben gibt es aber noch andere Fragestellun-
gen, die die Geschichte der Kunst aufwirft. Wie

jedes Kulturgebilde, so besitzt auch die Kunst in
sich eine Mehrseitigkeit, und es kann u. a. ge-
fragt werden nach der Bedeutsamkeit einer
künstlerischen Epoche, einer künstlerischen Gat-
tung, eines einzelnen Kunstwerkes für die Ge-
schichte des Geistes; denn alle Kunst ist schließ-
lich Äußerung des Geistes, der in ihr Gestalt ge-
winnt.

Sprechen wir das Wort „Mittelalter" mit Rück-
sicht auf die Kunst aus, so erstehen vor unserem
geistigen Auge gewiß zuerst hochragende kirch-
liche Bauten.

Kirchlich ist die Kunst überall, wohin wir auch
blicken; von der Kirche empfängt sie ihre Auf-
gaben, ihr gehören zu einem beträchtlichen Teile
die Künstler selbst an, zur Verherrlichung ihrer
Gebäude, zum Schmuck ihrer Geräte, ihrer
Bücher trägt sie in hervorragendem Maße bei.
Der Primat der Baukunst ist aber unbestritten.

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