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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 3
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Simon, Karl: Der mittelalterliche Profanbau Deutschlands und seine Bedeutung für die Geistesgeschichte
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Busch, Karl: Neue Beiträge zur Baumassnorm und Plankonstruktion der deutschen Baukunst des 12. und 13. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0110

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macht. Beispielsweise war noch das 1578 ff. er-
baute Lusthaus in Stuttgart im Erdgeschoß durch
drei Stützenreihen in vier Schiffe geteilt.
Im ganzen aber ist der Sieg der einheitlichen
Raumbildung auch im Profanbau nicht mehr
aufzuhalten, und dieser Siegeszug bietet eine aus-
gesprochene Parallele zum Siege der freien Per-

sönlichkeit über die mittelalterliche Gebunden-
heit.

Daß sich auch sonstige geistesgeschichtliche Er-
kenntnisse aus der Geschichte des mittelalter-
lichen Profanbaues gewinnen lassen, mögen die
vorstehenden Auführungen gezeigt haben.

Karl Simon

NEUE BEITRÄGE ZUR BAUMASSNORM UND
PLANKONSTRUKTION DER DEUTSCHEN BAUKUNST
DES 12. UND 13. JAHRHUNDERTS

Von Karl Busch, München

Wir besitzen in Mössels, Koßmanns und Spitzen-
pfeils neueren Werken1) wertvolle systematische
Zusammenfassungen über das schwierige und
noch lange nicht geklärte Gebiet der Plan-
konstruktion älterer Baukunst. Doch schon die
sehr verschiedenen Konstruktionsweisen, von
denen jeder dieser Autoren ausgeht, zeigen uns,
wie leicht sich in einem geregelten Grundriß
ein Schlüssel für diese Regelung findet, der zwar
gut in ein System paßt, dafür aber die histo-
rische Bedingtheit des untersuchten Baues oft
genug nicht berücksichtigt. Gewiß: Spitzenpfeil
scheint Werkplan und Praxis stark zu berück-
sichtigen — er ist dafür von Spezialdreiecken
(dem Kulmbacher . . .) und der Zahl 123 ge-
bannt —, Koßmann sucht durch seine Maß-
schliissel die Grundrisse auf einfachste arithme-
tische Weise zu erklären — ihm geraten aber
die Doppelschlüssel unwahrscheinlich kompli-
ziert —, und Mössel erreicht mit seinen Kreis-
teilungen die saubersten und wahrscheinlichsten
Ergebnisse — verfällt aber, zumal im zweit-
genannten Buche, einer zu weitgehenden Anwen-
dung seines Systems. — Aber so gut heute De-
hios Triangulationsforschung als einseitig und
übertrieben angewandt bezeichnet wird, ebenso
können einmal auch diese Arbeiten als ver-
gewaltigende Systematisierungen beiseite gelegt

') Mössel, E., Die Proportion in Antike und Mittelalter.
München 1926. — Mössel, E., Urformen des Raumes als
Grundlagen der Formgestaltung. München 1931. — Koß-
mann, B., Einstens maßgebende Gesetze bei der Grundriß-
gestaltung von Kirchenbauten. Straßburg 1925.—Spitzen-
pfeil, L.R., Die mathematische Grundlegung der Baupropor-
tionen. 1924 abgeschlossene Dissertation. Manuskript. —
Weitere Literatur zur Planforschung findet sich in mei-
ner Arbeit: Regensburger Kirchenbaukunst 1160—1280.
Regensburg 1932; 82. Band der Verhandlungen des Hist.
Vereins f. Oberpfalz u. Regensb.

werden. Mössels Arbeit1) kaum; denn diese sehr
gründliche Forschung läßt unter dem allgemei-
nen Oberbegriff der Kreisteilungen soviel Spiel-
raum für alle Konstruktionen, die von regel-
mäßigen Vielecken oder vom goldenen Schnitt
abhängen, daß hier das brauchbare Gesamt-
system der Plankonstruktionsforschung gefun-
den zu sein scheint. Gleichwohl ist es richtiger,
jeden Bau stets wieder auf eigenem Weg zu
durchforschen, zumal wenn gewisse Propor-
tionen in Grundrißanordnung oder Gesimshöhen
augenfällig sind; nachträglich läßt sich dann
versuchen, ob diese individuelle Konstruktion
sich einem der schon publizierten Gesamt-
systeme anschließt. So seien hier die sehr evi-
denten, selbständigen Plankonstruktionen zweier
bedeutender Regensburger Kirchenbauten kurz
dargelegt.

I. Sankt Jakob und das Schottenkloster.

Bürger stifteten den beliebten Schottenmönchen,
denen die erste Regensburger Niederlassung bei
Weih-St.-Peter zu klein wurde, ein neues Kloster
vor dem Ruozanburgtor. Schon 1090 soll das
Kloster vollendet gewesen sein, doch wurde es
wohl erst kurz vor der Kirchweihe 1111 bezieh-
bar, nach der die üblichen Schutzbullen von
Kaiser (1112) und Papst (1119/24) eingeholt
wurden. Nach Errichtung einer eigenen Pfarr-
kirche und Erlangung des Begräbnisrechtes
(1156) konnte man um so leichter die anfangs
rasch gebaute und für das nun sehr reiche
Kloster zu einfache Hauptkirche prunkvoll er-
neuern. Die etwa 1170 begonnenen Arbeiten

!) Odilo Wolffs „Tempclmaße" und Drachs „Hütten-
geheimnis" lieferten wesentliche Vorarbeit zu Mössels
Buch.

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