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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 3
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Busch, Karl: Neue Beiträge zur Baumassnorm und Plankonstruktion der deutschen Baukunst des 12. und 13. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0111

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dürften um 1210/15 mit der Kreuzgang-Erneue-
rung abgeschlossen worden sein1). Die Plan-
konstruktion fiir St. Jakob entstand also um
1090/1100 und erfuhr um 1170/1200 leichte Ver-
änderungen2).

Längst bekannt war, daß St. Jakob von den Hir-
sauer Bauten der gleichen Zeit mehrfach beeiiiT
flußt ist; unabhängig davon stellte Dehio fest,
daß der lichte Querschnitt trianguliert sei und
Mössel fand, daß sich die heutige Innenlänge i
zur lichten Breite wie Zehneck-mittelsenkrechte
zu Zehneckseite verhalte, also die zweite Min-
derung des goldenen Schnitts aufweise3). Aus
dem Vergleich mit den gleichzeitigen hirsaui-
schen Bauten fand ich nun, daß St. Jakob das
gesamte Konstruktionssystem der Hirsauer in
besonders konsequenter Weise zugrunde liege.
Für St. Blasien hatte dies System schon Schmie-
der4) nachgewiesen; goldener Schnitt und
Zwölfteilung geben dem System von St. Jakob
noch eine besondere Vollkommenheit — vgl.
Abb. 1.

Ein Kreis, dessen Durchmesser 100 große Fuß-
einheiten zu etwa 32,5 cm mißt, tangiert in den
Himmelsrichtungen die inneren Ecken der
Kreuzgangwände und schneidet in den Zwischen-
richtungen die inneren Ecken des Kreuzgärt-
leins. Ein zweiter konzentrischer Kreis — sein
Radius ist gegen den des ersten Kreises nach dem
goldenen Schnitt einmal vermehrt — liegt in
dem Quadrat, dessen West-, Süd- und Ostseite
die Außenwände der Klosterflügel sind und
dessen Nordseite die Kirchenlängsachse bildet.
Zu den Diagonalen dieses Quadrates werden
durch die ihnen benachbarten Punkte des von
den Hauptachsen aus zwölf geteilten größeren
Kreises Parallelen gezogen, die auf den nörd-
lichen Verlängerungen der Ost- und Westseite
die Außenbreite der Kirche ausschneiden. Hier-

*) Alle Belege hierzu sind in meiner oben zitierten Ar-
beit angeführt.

2) Der Kreuzgang-Westfliigel wurde während der zweiten
Bauzeit verlegt.

3) Dehio, Untersuchungen über das gleichseitige Dreieck
als Norm gotischer Bauproportion. Straßburg 1894, S. 22;
Mössel, Die Proportion in den tektonischen und freien
Künsten der Antike und des Mittelalters. Münchner
Jahrbuch 1921, S. 111.

4) Schmieder, St. Blasien. Augsburg 1929, Abb. 7.
Für Hirsau-St. Peter, Alpirsbach, Schaffhausen, Prüfe-
ning und wohl auch für meine Rekonstruktion von Neres-
heim I konnte ich anschließend daran dasselbe System
feststellen. Der bei Koßmann benützte Doppelkreis
(Tafel 1/2, 4/5, 7—9) ist rein arithmetisch angewandt

5 und 7 Einheiten — und hat zur Konstruktion nur
äußerliche Beziehungen.

Schottenkloster. Grundrißkonstruktion
(Grundriß nach King, TheStudyboolcII, 96).

in zeigt sich schon die Sonderstellung von
St. J akob: Während nämlich in Hirsau-St. Peter,
Schaffhausen, Alpirsbach und annähernd auch
in Prüfening die Quadratdiagonale die lichte
Nordostecke des Nordseitenchors schneidet, trifft
sie hier den östlichsten äußeren Punkt der
Kirchenmittelachse, die also hier nicht über den
Klosterflügel hinausragt. Wenn nun auch der
Westabschluß der genannten Bauten sich in ver-
schiedenster Weise zum Plansystem verhält, so
läßt sich aus dieser Eigenart doch folgern, daß
auch die Westfront von St. Jakob ursprünglich
nicht über den Klosterwestflügel hinausreichte,
wie dies auch in Schaffhausen der Fall ist. Dann
fände sich die ursprüngliche lichte Länge der
Schottenkirche im Dreifachen ihrer lichten
Breite, die dem Halbmesser des ersten Kreises
entspricht; in gleicher Weise mißt auch die
lichte Länge von Prüfening das Dreifache seiner
lichten Chorbreite. Jedenfalls wurde, da wir
das heutige Westwerk von St. Jakob aus ver-
schiedensten Gründen erst der zweiten Bauzeit
zuweisen können, in dieser das Westwerk so
weit verbreitert, daß nun nicht mehr die ge-
samte, sondern nur mehr die lichte Kirchen-
länge dem Durchmesser des größeren Kreises
entsprach und damit wogen der eben festgestell-
ten lichten Kirchenbreite das von Mössel gefun-
dene Goldene-Schnitt-Verhältnis bekam.
Das Ausgangsmaß für den Querschnitt — vgl.
Abb. 2 — ist die lichte Kirchenbreite, über der
wir ein gleichseitiges Dreieck und ein Sechseck

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