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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 3
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Meckel, Carl Anton: Die Konstruktion der figurierten Gewölbe in der deutschen Spätgotik
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0126

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telrippen auf gleicher Höhe wie die entsprechen-
den Zwischenpunkte der Kreuzrippen lagen.
(In Tafel 21, Abb. 1, sind b—c die Scheitel-
rippen, in Tafel 21, Abb. 6, ist ihre Höhenlage
bestimmt.) Es ergab sich, daß alle einzelnen
Punkte mit Unterkante Profil auf einer Kugel-
fläche lagen und die Kugel zum Radius hatten.
In der weiteren Entwicklung legte man ledig-
lich die Knotenpunkte und Schlußsteine auf die
Kugelflächen (Tafel 21, Abb. 2 und 3) oder
auch auf die Segmentflächen eines Kloster-
gewölbes (Tafel 21, Abb. 4) und nach Feststel-
lung dieser Punkte wurden die Bogenlinien des
Aufrisses bestimmt und je nach Erfordernis
nach besonderen Radien geschlagen. Diese von
Barthel Ranisch überlieferte Manier, Sternge-
wölbe zu konstruieren, ließ sich besonders leicht
hei der Überwölbung polygonaler Räume zur
Anwendung bringen. So liegen z. B. bei dem
Turmgewölbe des Domes zu Frankfurt am Main
von Meister Hans von Ingelheim (Tafel 21,
Abb. 9) sämtliche Knoten- und Schlußpunkte
auf einer Halbkugel und die dazwischenliegen-
den Rippenstücke haben den Radius der Kugel.
Somit sind die Mittellinien der Unterkante des
Gewölbeprofiles durchaus auf dieser Kugelfläche
belassen. Ein ähnliches Beispiel findet sich im
Turmgewölbe des Münsters zu Straßburg und in
weiträumigster Ausführung in der von Peter
Parier erbauten Ivarlshofer Kirche zu Prag mit
23>2 m Spannweite des Sterngewölbes. Bei der
Anwendung dieser Konstruktionsart standen na-
türlich die Rippenprofile mit ihren Mittellinien,
wie auch bei allen übrigen Konstruktionsarten,
senkrecht auf ihrer Grundrißlinie und nur für
die Mittellinien auf Unterkante Profil (Tafel21,
Abb. 7) ist die Festlegung auf der Kugelfläche
maßgebend. An Stelle der Kugel oder Rund-
kuppel konnte natürlich auch eine Spitzkuppel
als Grundform für das Aufliegen der Knoten-
punkte und Schlußsteine dienen. Die Wand-
bzw. Schildbogen, profiliert oder unprofiliert,
hatten je nach Erfordernis eine verschieden-
artige Ausbildung. Sie wurden aus besonderem
Radius geschlagen, ihr Kämpfer lag entweder
in gleicher Höhe wie der Gewölbekämpfer oder
aber höher, wenn etwa der Einbau von Fenstern
oder Nischen das bedingte. In letzterem Falle
waren die Schildbogen gesteltzt. Es entstand also
durch die Anordnung der Schildbögen und das
Beibehalten der Kuppel für die Bestimmung
der Knoten- und Schlußpunkte eine Stutzkuppel

mit darunter gelegtem Rippensystem (Tafel 21,
Abb. 5). In der Folge wurde dann auf entspre-
chendem Grundriß die Stutzkuppel nur für den
oberen Teil des Gewölbes beibehalten, während
die Rippen des unteren Teiles aus besonderen
Bögen, die den gleichen Radius hatten, gebildet
waren. Vgl. Tafel 21, Abb. 10, Chorgewölbe aus
dem Jahre 1480 zu Thannhausen, ähnliche Ge-
wölbe in St. Valentin zu Kiedrich und anderen
Orts. Der oberhalb der Knotenpunkte b lie-
gende Gewölbeteil liegt auf einer Kugelfläche,
die Rippenstücke a—b, a—c sind nach besonde-
ren Radien konstruiert. Lag der Scheitel des
Wand- oder Schildbogens oder auclj des die ein-
zelnen Gewölbejoche trennenden Gurtbogens
höher wie die mit ihm durch Rippen verbun-
denen benachbarten Knotenpunkte, so stiegen
die Rippen von letzteren nach dem Schildbogen
bzw. Gurtbogen an (Tafel 21, Abb. 10, die Rip-
penstücke b—d), wodurch interessante Bildun-
gen der Stichkappen erzeugt wurden. Es ist
klar, daß die Gewölbe der polygonalen Chor-
abschliisse nach der vorher besprochenen Kon-
struktionsart ausgeführt werden und die daran
anschließenden Reihungen zwischen den gera-
den Chorwänden nach dem der Rund- oder
Spitzkuppel entsprechenden Tonnengewölbe ge-
bildet werden konnten, während die Schild-
bogen je nach Erfordernis nach besonderen
Radien konstruiert wurden und von den be-
nachbarten Knotenpunkten zu diesen Schild-
bogen Stichkappen führten (Tafel 21, Abb. 8).
Aus dem Tonnengewölbe entwickelte sich das
Netzgewölbe, das zunächst ein Tonnengewölbe
mit daruntergelegtem, in Netzform sich schnei-
denden Rippensystem war und das sich von der
reinen Tonne nur durch die, wie oben beschrie-
ben, angeordneten Stichkappen unterschied.
Da diese Stichkappen je nach Zeichnung des
Grundrißnetzes unter Umständen sehr klein ge-
worden wären, ließ man die an die Wand an-
schließenden Rippenstücke des Netzgewölbes
entweder ganz weg, wie in Tafel 21, Abb. 11,
rechte Seite, dargestellt, oder aber man ließ sie
von ihren Knotenpunkten zu dem Scheitel eines
größeren Wandbogens ansteigen. Hierdurch
entstand eine gewisse Mannigfaltigkeit in der
Erscheinung des Netzgewölbes. Weiterhin fühlte
man aber das Bedürfnis, die im mittleren und
oberen Teil der Gewölbe durch die Kugel- oder
Tonnenform bedingte Gleichförmigkeit zugun-
sten einer differenzierteren Erscheinungsform

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