prunk und in einer ungewöhnlichen Freude an
der Fülle der Form auszuleben suchte. Und da-
mit ist sie eben sizilianischer Kunst verwandt ge-
worden, worüber hier oder an einer anderen
Stelle noch einmal eingehender zu berichten
sein wird. K. Lohmeyer
PÖPPELMANN'S WERDEN UND REIFEN AM DRESDNER
ZWINGER
Von H. A. Fritzsche, Dresden
Ein mittelbarer Erfolg der Zwinger-Erneuerung
ist die Belebung des Interesses an diesem Bau-
werk. Zwei Jahrhunderte haben an seiner ur-
sprünglichen Gestalt manches verändert. Was im
Wandel der Kunstauffassung dieser verflossenen
Epochen seinen Niederschlag am Bauwerk selbst
fand, steht jedoch in keinem Verhältnis zu dem,
was alles von Pöppelmann und Späteren im Zu-
sammenhang mit dem Zwinger projektiert wurde.
In den Plänen, Rissen und perspektivischen An-
sichten ruht ein wichtigesKapitelKunst-und Kul-
turgeschichte zweier Saecula1). Sie entrollen ein
grandioses Bild von einer „Architektur, die nicht
gebaut wurde". Aber sie liefern uns nicht nur
die Grundlage für das Studium des Wollens vie-
ler Architekten-Generationen, die sich mit der
Um- und Ausgestaltung des Zwingers befaßten.
Wohl sind ihren Plänen die Bauvorhaben als
solche zu entnehmen. Sie zu lesen, verlangt aber
von der Vorstellung des Betrachters ein raum-
körperliches Nachschaffen, d. h. eine Übersetzer-
arbeit. Und diese hat von einer Reihe bedeu-
tender Zeichner bereits vielfach ihre künst-
lerische Formulierung in den perspektivischen
Ansichten vom Zwinger gefunden. Die Zeich-
nungen und Kupferdrucke, die den Zwinger in
seinem jeweils tatsächlichen Bestand wiederzu-
geben vermeinen — von Beiotto Canaletto über
Menzel bis in die Gegenwart — spiegeln nur das
wechselnde Interesse der Betrachter am Zwin-
ger. Jeder der Künstler interpretierte in den
Bau hinein, was er herauszulesen wünschte, je-
der Maler entdeckte einen neuen Reiz, jede
Epoche interessierte etwas anderes an diesem
Bau. Nicht das „Objektiv-Gesehene" geben diese
Zwinger-Ansichten wieder, sondern das „Subjek-
tiv-Geschaute".
*) Dieser Schatz wurde durch eine Ausstellung des
Dresdner Kupferstichkabinetts 1930 in erschöpfender
Vollständigkeit vor der Öffentlichkeit ausgebreitet,
worüber ein vollständiger Katalog als Manuskript dort
vorliegt.
Die Architekten aber legten ihre Ideen, die sie
aus dem Zustand des Planens in den des Bauens
überzuführen wünschten, in präzisen Grund- und
Aufrissen nieder, dafür bestimmt, aus dem Ent-
wurfsbüro in die Zimmerer- und Maurerwerk-
stätten zu wandern. Mag der Zwinger, soweit ihn
Pöppelmann noch baute, in seiner beabsichtig-
ten Wirkung auch alle die charakteristischen
Symptome des Spätbarock aufweisen — die Ver-
schleierung konstruktiv-statischer Funktionen,
den malerischen Reichtum der plastischen Mo-
dellierung seiner Körperformen u. a. m. — so
erteilen seine Pläne und Risse erneut die Lek-
tion, daß die Verwirklichung des irrationalen
Eindruckes, den der Beschauer gewinnt, den-
noch auf rational durchgearbeiteten Planungen
des Architekten beruht. Der Vergleich zwischen
den Plänen und ihrer Verwirklichung gibt Auf-
schluß über die Daseinsform — ihren lo-
gischen Aufbau in der papiernen Planung
respektiv ihren in Stein ausgeführten Details —
und der Erscheinungs-Form, in der sich der
Bau darbietet, soweit er mit den Augen Pöppel-
manns betrachtet wird. Für jeden Bauabschnitt
des ganzen Komplexes —■ die vier Eckpavillons,
die vier Mittelpavillons, sowie ihre Bindeglie-
der, d. s. die Gallerieumgänge — gibt es eine
ganze Reihe von Entwürfen. Nur für einige der
Lösungen, die zeitlich oft weit auseinanderlie-
gen, sei hier der Weg verfolgt, den sie aus der
Gedankenwelt ihres Schöpfers zu ihrer ästheti-
schen Wirkung in der Ausführung nahmen.
Die Knotenpunkte des Verkehrs kleidet Pöppel-
mann in entsprechende Pavillons ein. Sie enthal-
ten, wenn bei einigen von der Unterbringung
eines Saales im Oberstock abgesehen werden
darf, Portale — die Durchgänge in den Hof —
und Treppen, die einesteils in die Galerieum-
gänge hineingehen, andernteils auf die Galerie-
plateaus hinaufführen. Aus den Entwürfen sei
hier für den Wall-Pavillon eine Reihe zusam-
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der Fülle der Form auszuleben suchte. Und da-
mit ist sie eben sizilianischer Kunst verwandt ge-
worden, worüber hier oder an einer anderen
Stelle noch einmal eingehender zu berichten
sein wird. K. Lohmeyer
PÖPPELMANN'S WERDEN UND REIFEN AM DRESDNER
ZWINGER
Von H. A. Fritzsche, Dresden
Ein mittelbarer Erfolg der Zwinger-Erneuerung
ist die Belebung des Interesses an diesem Bau-
werk. Zwei Jahrhunderte haben an seiner ur-
sprünglichen Gestalt manches verändert. Was im
Wandel der Kunstauffassung dieser verflossenen
Epochen seinen Niederschlag am Bauwerk selbst
fand, steht jedoch in keinem Verhältnis zu dem,
was alles von Pöppelmann und Späteren im Zu-
sammenhang mit dem Zwinger projektiert wurde.
In den Plänen, Rissen und perspektivischen An-
sichten ruht ein wichtigesKapitelKunst-und Kul-
turgeschichte zweier Saecula1). Sie entrollen ein
grandioses Bild von einer „Architektur, die nicht
gebaut wurde". Aber sie liefern uns nicht nur
die Grundlage für das Studium des Wollens vie-
ler Architekten-Generationen, die sich mit der
Um- und Ausgestaltung des Zwingers befaßten.
Wohl sind ihren Plänen die Bauvorhaben als
solche zu entnehmen. Sie zu lesen, verlangt aber
von der Vorstellung des Betrachters ein raum-
körperliches Nachschaffen, d. h. eine Übersetzer-
arbeit. Und diese hat von einer Reihe bedeu-
tender Zeichner bereits vielfach ihre künst-
lerische Formulierung in den perspektivischen
Ansichten vom Zwinger gefunden. Die Zeich-
nungen und Kupferdrucke, die den Zwinger in
seinem jeweils tatsächlichen Bestand wiederzu-
geben vermeinen — von Beiotto Canaletto über
Menzel bis in die Gegenwart — spiegeln nur das
wechselnde Interesse der Betrachter am Zwin-
ger. Jeder der Künstler interpretierte in den
Bau hinein, was er herauszulesen wünschte, je-
der Maler entdeckte einen neuen Reiz, jede
Epoche interessierte etwas anderes an diesem
Bau. Nicht das „Objektiv-Gesehene" geben diese
Zwinger-Ansichten wieder, sondern das „Subjek-
tiv-Geschaute".
*) Dieser Schatz wurde durch eine Ausstellung des
Dresdner Kupferstichkabinetts 1930 in erschöpfender
Vollständigkeit vor der Öffentlichkeit ausgebreitet,
worüber ein vollständiger Katalog als Manuskript dort
vorliegt.
Die Architekten aber legten ihre Ideen, die sie
aus dem Zustand des Planens in den des Bauens
überzuführen wünschten, in präzisen Grund- und
Aufrissen nieder, dafür bestimmt, aus dem Ent-
wurfsbüro in die Zimmerer- und Maurerwerk-
stätten zu wandern. Mag der Zwinger, soweit ihn
Pöppelmann noch baute, in seiner beabsichtig-
ten Wirkung auch alle die charakteristischen
Symptome des Spätbarock aufweisen — die Ver-
schleierung konstruktiv-statischer Funktionen,
den malerischen Reichtum der plastischen Mo-
dellierung seiner Körperformen u. a. m. — so
erteilen seine Pläne und Risse erneut die Lek-
tion, daß die Verwirklichung des irrationalen
Eindruckes, den der Beschauer gewinnt, den-
noch auf rational durchgearbeiteten Planungen
des Architekten beruht. Der Vergleich zwischen
den Plänen und ihrer Verwirklichung gibt Auf-
schluß über die Daseinsform — ihren lo-
gischen Aufbau in der papiernen Planung
respektiv ihren in Stein ausgeführten Details —
und der Erscheinungs-Form, in der sich der
Bau darbietet, soweit er mit den Augen Pöppel-
manns betrachtet wird. Für jeden Bauabschnitt
des ganzen Komplexes —■ die vier Eckpavillons,
die vier Mittelpavillons, sowie ihre Bindeglie-
der, d. s. die Gallerieumgänge — gibt es eine
ganze Reihe von Entwürfen. Nur für einige der
Lösungen, die zeitlich oft weit auseinanderlie-
gen, sei hier der Weg verfolgt, den sie aus der
Gedankenwelt ihres Schöpfers zu ihrer ästheti-
schen Wirkung in der Ausführung nahmen.
Die Knotenpunkte des Verkehrs kleidet Pöppel-
mann in entsprechende Pavillons ein. Sie enthal-
ten, wenn bei einigen von der Unterbringung
eines Saales im Oberstock abgesehen werden
darf, Portale — die Durchgänge in den Hof —
und Treppen, die einesteils in die Galerieum-
gänge hineingehen, andernteils auf die Galerie-
plateaus hinaufführen. Aus den Entwürfen sei
hier für den Wall-Pavillon eine Reihe zusam-
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