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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 4
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Mitteilungen und Berichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0172

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ganz ungewohnte Stockwerkeinteilung von zwei-
mal anderthalb Geschossen nicht nur häufig vor-
kommt, sondern das Typische ist (Taf. 32b). Für
den französischen Geschmack war diese Aufteilung
einerseits nicht streng und anderseits nicht vor-
nehm genug, für Deutschland bedeutet sie aber
damals — man vergleiche nur Pommersfelden —
eine gewisse Rationalisierung der Rhythmik,
eine reinere Durchführung architektonischer
Maßeinheit. Praktisch empfahlen sich die dop-
pelten Mezzanine im Falle der Residenz des-
halb, weil der Bau als Stadtschloß nicht nur
herrschaftliche Appartements und Repräsenta-
tionsräume, sondern auch eine erhebliche Zahl
kleinerer Räume für Verwaltung usw. zu ber-
gen hatte.

Läßt sich durch die persönliche Verbindung
Hildebrands zu Genua die Herkunft des Systems
der Residenzflügel viel ungezwungener erklären
als auf dem Umwege über den norddeutschen
Theoretiker, so wird die Wahrscheinlichkeit
des unmittelbaren Zusammenhangs Würzburg-
Genua noch erheblich vermehrt, wenn man die
Bauten selbst vergleicht. Würzburg hat mit den
meisten genuesischen Palästen den niederen,
rein lagernden Sockel mit kleinen Querluken
gemein, während die Sturm-Goldmannschen
Entwürfe und das Amsterdamer Rathaus ein
voll ausgebildetes Erdgeschoß mit großen, hoch-
rechteckigen Fenstern aufweisen. Dieser Unter-
schied hat entscheidende Bedeutung für die Ge-
samtverhältnisse, die bei einem solchen Ver-
gleich allein maßgebend sein können, die Ein-
zelformen sind selbstverständlich jeweils ganz
andere. Immerhin, auch das Grundgefühl im
Körperlichen der Bauten und die lebendigen
Spannungen in den Proportionen rücken Würz-
burg in viel nähere Verwandtschaft zu Genua
als zu Sturm-Goldmann-Am]sterdam. Dasi At-
mende des Baukörpers der Würzburger Resi-
denz steht südlichem Formempfinden grund-
sätzlich näher als dem streng geschliffenen,
flächig kühlen niederdeutschen Klassizismus.

E. Kieser

EIN BRIEF KARL FRIEDRICH SCHINKELS.
Der in Nachfolgendem abgedruckte (bisher un-
bekannte) Brief Schinkels beschäftigt sich kri-
tisch mit dem Plan eines Frankfurter Künst-
lers, die rheinischen Burgen in einer Sammlung
herauszugeben. Er ist gerichtet an den Groß-
onkel des Schreibers dieser Zeilen (in dessen
Besitz sich das Schreiben auch befindet), den
Geographen Carl Ritter (1779—1859), der nach
längerer Erziehertätigkeit im Bethmann-Holl-
weg'schen Hause in Frankfurt a. M. und einem
kurzen Intermezzo als Professor der Geschichte

am dortigen Städtischen Gymnasium seit 1820
in Berlin als Professor an der Kriegsschule, spä-
ter auch an der Universität wirkte.

Ritter war jedenfalls von dem Künstler — Del-
keskamp heißt er — um Vermittelung bei dem
großen Architekten gebeten worden, der ja auch
der Baukunst des Mittelalters lebhaftes Inter-
esse entgegenbrachte, und Schinkels Antwort
auf die Anfrage ist auch für einiges in seiner
grundsätzlichen Stellung zu dem Fragenkom-
plex: „mittelalterliche Burgen" — über den
nächsten Anlaß hinaus — von Bedeutung.
„Die Zeichnung des Herrn Delkescamp ist recht
exact und sauber und läßt erwarten, daß ein
Unternehmen: die Rheinburgen in einer Samm-
lung herauszugeben, —■ recht glücklich gelingen
und viel Interesse gewähren werde. Freilich
würden Grundrisse und Durchschnitte dabei
nothwendig sein, damit die genaue Höhenlage
der verschiedenen Theile eines Schlosses klar
daraus abzunehmen wären; die Perspectiven
würden als eine angenehme Zugabe dabei be-
trachtet werden müssen, weil in diesen Burgen
nicht sowohl der architectonische Reiz als viel-
mehr die altertümliche Befestigungs-Art und
das daraus zu entwickelnde Systhem Interesse
hat. Die architectonische Schönheit ist jetzt in
den Ruinen der Schlösser vielleicht größer, als
vormals in ihrer Vollständigkeit und besonders
durch die überall fehlenden Dächer, die gewiß
in ihrer ursprünglichen Höhe manches Entstel-
lende gehabt haben. Die restaurierten Burgen,
wenn sie besonders allein auf die modernen
Wohnungsprinzipien berechnet sind, werden ge-
wiß in äußerlicher Form sehr gegen die ruinen-
haften Alten zurückstehen und das malerische
Ansehn verlieren; man sieht schon an der Burg
Rheineck, daß es dem Herrn de Lassaulx nicht
sonderlich geglückt ist, so behaglich sichs auch
innerlich mag wohnen lassen. Die Burg des Prin-
zen Friedrich ist in dieser Hinsicht schon besser
geglückt und gibt den einzig möglichen Stil an
wie die Restaurationen gehalten werden müßten.
Die Aufnahme der Burgen ist aber keine ge-
ringe Angelegenheit, besondere Schwierigkeit
macht das Niveau der verschiedenen Gebäude-
lagen; welcher Hilfsmittel sich Herr Delkes-
camp hierbei bedienen wird und was er für
Unterstützung, ohne die es fast unmöglich ist,
finden wird, weiß ich nicht, der Gegenstand ist
aber wegen des Kostencalcüls sehr in Betracht
zu ziehen. Schinkel

B. 1814 37."

* *

*

Friedr. Wilh. Delkeskamp war 1794 in Bielefeld
geboren und zunächst zum Buchbinder be-

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