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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 5
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Kletzl, Otto: Das Frühwerk Ulrichs von Ensingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0199

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reiste nach Cleve zurück. Von liier aus reichte
er den Riß 1376 ein; er wurde angenommen und
der Rest des Jahres auf Beschaffung des nun
nötigen Materials verwendet. 1377 Bauruhe;
1378 erst nach erholten Kassen Baubeginn nach
dem neuen Plan1). Ähnlich muß sich die Über-
nahme der Bauleitung auch in Ulm abgespielt
haben; Ulrich hat ja hier die Pläne der Parier
erheblich umgestaltet. Diese Absichten zu
sichern und zu klären waren Verhandlungen
nötig und Ulrich hat sicher auch große Risse
vorlegen müssen, um den Rat zu seinen An-
sichten zu bekehren. So erklärt es sich, daß Hein-
rich III. Parier von Ulm, der hier bis 1391 die
Leitung inne gehabt haben muß, schon in der
Winterruhe von 1391 auf 92 nach Mailand ging,
wo er am 11. Dezember 1391 zum erstenmal am
Dombau als Meister auftritt. Es ist recht gut
möglich, daß zwischen der Mailänder Berufung
Ulrichs und derjenigen von Heinrich III. Parier
ein Zusammenhang besteht; der etwa, daß Ul-
rich, als er entschlossen war, Ulm den Vorzug
zu geben, den Mailändern jenen Ulmer Bauleiter
empfahl, der durch seine eigene Berufung nach
Ulm frei geworden war2).

Keinesfalls ist die Wendung im UlmerVertrag von
1392 — soll sich keines anderen Werkes unter-
winden noch unterziehen — für den Meister als
buchstäbliches Verbot auszulegen; auch nicht als
Verpflichtung, die Leitung des Baues in Eßlin-
gen nunmehr aufzugeben. Dieser Vertragspunkt
stellt lediglich eine Rechtsverwahrung des Rates
dar, dessen Vertrauensleute in solchen Fällen
eben gefragt sein wollten —- es sei denn im Ein-
verständnis mit unseren pflegern —. Daß man
im Gegenteil mit solcher Doppelbeschäftigung
des leitenden Meisters geradezu rechnen mußte,
beweist schon der Aufbau eben dieses Ulmer Ver-
trages: . . . ,,sullent Im vnser jrowen pfleger . . .
aller wöchentlichen die wile er das werk ver-
weset, geben ainen guten vngerischen gülden ..
Nur dieses Wochengeld entging ihm, wenn er
zur Überwachung eines Baues außerhalb Ulms
weilte. Das Recht zur Tätigkeit an mehreren
Orten zugleich mußte damals noch den Bau-
meistern der Hütten allgemein zugestanden wer-
den; wir finden es z. B. auch in dem Vertrag,
der um 1375 wegen des Baues der Pfarrkirche
Marburg/L. vom Rate dieser Stadt mit dem

*) St. Beissel, a. a. O. 2. Tl., S. 118.

2) S. darüber auch die i. V. befindliche Arbeit über „Die
Parier von Ulm".

Meister Tyle von Frankenberg abgeschlossen
worden ist1). Auch der obengenannte Meister
Konrad war, etwa 1380, nur dreimal in Xanten,
die übrige Zeit bei seinen Bauten in Cleve.
Aus den Eßlinger Steuerlisten läßt sich auch
deutlich entnehmen, welche Veränderungen die
Berufung Ulrichs nach Ulm wegen de3 Wechsels
im Bürgerrecht nach sich zog. Es ist schon dar-
auf hingewiesen worden, daß das Wiederauf-
treten Ulrichs in den Eßlinger Steuerlisten um
1390 in einer Form geschieht, die auf gute Be-
kanntschaft von früher her schließen läßt. 1393,
im Jahre nach der Ulmer Berufung, ist Ulrich
jedoch nicht mehr persönlich in Eßlingen nach-
zuweisen, sondern nur noch seine Familie; 1394
verschwindet auch diese aus den Listen. Ein Jahr
nach der Übernahme des neuen Amtes hat Ul-
rich also auch seine Familie nach Ulm über-
siedelt. Doch riß die Verbindung nach Eßlin-
gen, wohin ja nicht nur durch den Bau Be-
ziehungen bestanden, nie ganz ab: 1396—98, in
Jahren also, die nach erster, tätigster Zeit in
Ulm für Eßlingen wieder besonders schwierige
Aufgaben brachten, tritt die Familie des Bau-
meisters nochmals in der Stadt auf. Vielleicht ist
auch Ulrichs Anwesenheit damals auf Monate in
der Bauhütte notwendig gewesen. Schon in der
nächsten Steuerliste, der von 1400, erscheint die
Familie des Baumeisters nicht mehr; sie muß
1399, dem Jahre der Berufung Ulrichs nach
Straßburg, mit dahin übersiedelt sein. Pfaffs An-
gaben: „Ulrich von Ensingen übernahm die
Oberleitung des Baues (der Frauenkirche von
Eßlingen) um 1398 und behielt sie bis zu seinem
Tode" . . .2), können sich nur auf das erneute
Vorkommen der Baumeisterfamilie in den Listen
von 1396—98 gründen. Daß das Verhältnis Ul-
richs zu diesem Bau ein anderes ist, wurde durch
das bisher Gesagte schon klar: die Frauenkirche
Eßlingens ist das Werk, in dessen Bauhütte Ul-
rich von Ensingen als junger Geselle eintrat,
hier in langen Jahren wahrscheinlich zum Par-
lier, Vertreter de3 Meisters Heinrich aufrückte
und, nach einer Zeit auswärtiger Tätigkeit, um
1389 als Meister die Leitung dieses Baues end-
gültig übernahm. Er hat die Leitung in Eßlingen
trotz seiner späteren Tätigkeit in Uhn, Straß-
burg und anderen Orten wahrscheinlich immer
beibehalten. Nach seinem Tode im Jahre 1419

1) Ganzer Text bei C. A. H. Schmidt, Meister Tyle von
Frankenberg. Dissert. Marbug/L. 1923, Ms.

2) K. Pfaff, a. a. 0. S. 2.

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