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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 5
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Kletzl, Otto: Das Frühwerk Ulrichs von Ensingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0204

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Nach Abbruch der alten Marienkapelle, bald
nach 1350 also, ist mit dem Bau der drei Ost-
joche des Langhauses der Frauenkirche begon-
nen worden. Profile, Steinmetzzeichen, stärkere
Gewölbekappen und durchgehende Fugen dicht
hinter den vierten Langhauspfeilern konnte Egle
als Gründe für die selbständige Errichtung die-
ses Bauteiles anführen. Selbst der Dachstuhl
über diesen Ostjochen ist ganz vollendet ge-
wesen, bevor das westliche Langhaus auch nur
begonnen ward. Egle hat die ganz verschiedenen
Dachwerksätze der beiden Langhaushälften noch
aufgenommen, bevor sie im Rahmen seiner Re-
staurierung durch einen einheitlich modernen
Dachstuhl ersetzt worden sind. Von Egle können
nur die Daten nicht übernommen werden. Zwi-
schen 1362 und 66 erfolgt die Stiftung jener
vierten bis sechsten Altäre, die ihren Platz schon
in den ersten Langhausjochen gefunden haben
müssen. Erst für 1367 kann angenommen werden,
daß der sechste, der Georgsaltar, schon stand.
Der Dreifaltigkeitsaltar, welchen Egle als den
siebenten anführt und in das Nordosteck des
Langhauses verlegt, gehört sicher in das Süd-
westeck des späteren Westteiles und konnte auch
dort 1409 noch nicht errichtet werden. Unge-
fähr kurz vor 1370 also, nicht schon um 1360,
wurde dieser Ostteil vollendet. Die sehr bedeu-
tende Summe von 100 000 Gulden, welche die
Stadt an Kaiser Karl IV. als Buße dafür zahlen
mußte, daß sie in die wenig städtefreundliche
Politik des 1359 in ihren Mauern stattfindenden
Fürstentages gewalttätig eingegriffen hatte, wird
sich auch durch eine erhebliche Einschränkung
des Baubetriebes ausgewirkt haben.
Wir müssen annehmen, daß Ulrich von Ensingen
an diesem Bauteil, der Hauptleistung des Mei-
sters Heinrich, schon als Geselle mitgearbeitet
hat. Zwischen ungefähr 1370 und 80 kann es sich
nur um kleinere Vollendungsarbeiten gehandelt
haben. Bald nach 1380 verläßt Ulrich, wohl
auch wegen ungenügender Beschäftigung, die
Stadt (vgl. oben S. 176). Um 1369 tritt er an der
Bauhütte ihrer Frauenkirche wieder auf; dies-
mal als Meister. 1328 hatte noch jenes Haus
Konrads des Husers sei. „zwischen der Frauen-
kirche und der Stadtmauer gelegen", das einem
Fortbau gegen Westen im Wege stand, seinen
Besitzer wechseln können. Im Herbst 1408 tra-
fen Rat und Bürger mit dem späteren Besitzer,
„nachdem er sein Haus an die Pfleger der
Frauenkirche verkauft hat und der Bau der

Kirche nach Abbruch des Hauses auf diese
Stelle ausgedehnt wurde", Bestimmungen über
die Fassung einer im Keller desselben befind-
lichen Quelle, welche den Dominikanern gehörte
und ihnen quer unter dem vereinigten Lang-
hause weg auch zugeleitet werden mußte. Mit
der 1382 gelegentlich einer Brotstiftung erwähn-
ten „Türe der Frauenkirche" kann nur das Siid-
ostportal gemeint sein. (Eßl. Urk.-Buch I,
Nr. 570 u. II, Nr. 1892, 1536.) Um 1389, nach
einer Pause demnach von nur rund zwanzig
Jahren, ist der Westteil des Langhauses in An-
griff genommen worden. Ulrich führte ihn ein-
heitlich als Fortsetzung der einmal begonnenen
Hallenanlage durch; auch das System der fas-
sadenhaft behandelten Südseite war für ihn ver-
bindlich. Änderungen begegnen nur in Einzel-
heiten formaler und technischer Natur. Allein
mit der Prunkarchitektur des Südwestportales
und einer doch recht originalen Westturmlösung
tritt Ulrich an diesem Bau als selbständiger
Meister hervor. In einer Urkunde von 1409 wird
denn auch derWestteil des Langhauses ausdrück-
lich als niuiver buw bezeichnet. In dieses Jahr
erst fällt die Stiftung des Dreifaltigkeitsaltares,
der nur zwischen dem Südwest- und Westportal
gestanden haben kann. Doch war noch 1409
„die Pfründe auf den oberen Altar (d. i. der
Hauptaltar im Chor) zu verlegen, bis der andere
geweiht werden kann"'. Auch die Stiftung des
Konrad-Felixaltares von 1415 für diesen West-
teil mußte mit einem Vorbehalt erfolgen, der
damals darauf schließen läßt, daß der Westteil
der Kirche noch nicht kultfähig war. (Eßl.
Urk.-Buch II, Nr. 1900 u. 1956.)
Die Fenstergewände des Chores bringen noch
jene flachen Stabreste zwischen tief gezogenen
Hohlkehlen, wie sie auch die ungefähr gleich-
zeitigen Fenster des Langhauses von Hl. Kreuz
in Schw.-Gmünd aufweisen (Taf. 36 b, Nr. 4).
Schon im Ostteile des Langhauses werden sie
aber zugunsten eines, von kräftigen Rund- und
Birnstäben durchteilten, im ganzen flacheren
Profiles aufgegeben, das Ulrich für den West-
teil dann mit unwesentlichen Änderungen über-
nahm (Taf. 36 b, Nr. 3). Es ist bedeutend ein-
facher und kräftiger als das, welches die Parier
am Chorschluß von Hl. Kreuz in Gmünd brin-
gen. (Ihre Reduktion eines kathedralen Systems
führte hier notwendig zu reicherer Ausbildung.)
Das ungeschickte Tragsims-Profil des Ostteiles
übernimmt Ulrich aber nicht; er ersetzt es

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