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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 5
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Kletzl, Otto: Das Frühwerk Ulrichs von Ensingen
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Mitteilungen und Berichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0216

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zu sehr betont worden ist, liat sich nicht nur in
Eßlingen an diese Ehrenpflicht gehalten.

Wenn wir bedenken, zu welch kühner Basilika-
form sich Ulrich dann in Ulm zugunsten eines
ins Riesenhafte erhöhten Westturmes entschloß,
so möchte man insbesondere die zwei Quer-
schnitte auf der Rückseite des Blattes Nr. 3818
der Handzeichnungen-Sammlung des Germani-
schen Nationalmuseums Nürnberg im Rahmen
einer Betrachtung seines Frühwerkes nicht un-
erwähnt lassen1). Diese Arbeiten gehören in die
Zeit um 1420 und sind in Süddeutschland ent-
standen. Vgl. Übereckstellung der Türme in In-
golstadt. Insbesondere die Strebebögen sind hier
so geistreich und kühn ausgebildet, daß man sich
diese Arbeiten ganz gut als Studien des Meisters
Ulrich vorstellen könnte. Jedenfalls gehören sie
in den Kreis von Anschauungen, aus dem auch
sein selbständiges Schaffen erwuchs.

Ulrich von Ensingen ist in einer Bauhütte aus-

') Abb. 179 u. 181 bei II. Tietze, a. a. 0. 2. Tl. N. F.
V. IM. Wien 1931.

gebildet worden, die den ersten, vollkommenen
Hallenbau Schwabens geschaffen hat. Der spä-
tere Schöpfer von Riesentürmen, der Erneuerer
eines basilikalen Systems von spröder, derber
Großartigkeit hat selbst als Meister an dieser
Bauhütte den einmal begonnenen Hallenbau
ohne wesentliche Änderungen fortgesetzt und
den Turm der so gewonnenen Bauniasse sehr
gut an- und eingepaßt. Besondere Begabung für
die ingenieurmäßige Seite seines Berufes ließen
ihn aber schon hier die durch Lage und Zweck
geforderte, auch durch elsässische Vorbilder
nahegelegte, besondere Lösung für den West-
turm finden, die bei seinen späteren Hauptbau-
ten so bedeutsam weiterentwickelt worden ist. —
Seine Herkunft sicherte ihm besondere Vertraut-
heit mit dem Material, und die Auseinander-
setzung sowohl, als auch das schwäbisch Gemein-
same mit der Baumeisterfamilie der Parier zeich-
net sich schon im Rahmen seines Frühwerkes
deutlich ab. Otto Kletzl

MITTEILUNGEN UND BERICHTE

Vor Jahresfrist ist in Dresden in Verbindung mit
dem volkskundlichen Seminar an der Techn.
Hochschule (Prof. Dr. Spamer) ein ARCHIV
FÜR HAUSFORSCHUNG geschaffen worden,
dessen Arbeitsgebiet das Bauernhaus, insbeson-
dere das des mitteldeutschen Gebietes ist. Um
Unterlagen für die Erforschung der historischen
Entwicklung des bäuerlichen Hausbaues zu er-
halten, ist es erforderlich, die Hausarten nicht
nur nach ihrer äußeren Erscheinung, sondern
nach ihrem konstruktiven Aufbau zu betrachten.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, Aufmaß-
zeichnungen für die einzelnen Typen und ihre
Abwandlungen anzufertigen. Außer einer Kartei
ist eine Lichtbildsammlung angelegt worden, die
bis jetzt 650 Aufnahmen umfaßt. Es ist zu hof-
fen, daß das Archiv in absehbarer Zeit soweit
ausgebaut wird, daß es alle, die sich mit dem ge-
nannten Arbeitsgebiet befassen, wirksam unter-
stützen kann. Leitung Dr.-Ing. Kurt Sommer.

AUSSTELLUNG VON ZEICHNUNGEN UND
ENTWÜRFEN ERDMANNSDORFFS IN DES-
SAU. Vor kurzem ist der anhaltische Staat in
Entwürfe des für die Frühgeschichte des allge-
meinen deutschen und sonderlich des Dessatier
Klassizismus bedeutenden Architekten Friedrich
Wilhelm Freiherrn von Erdmannsdorff (1736 bis
1800) gelangt.

Der Anhaltische Kunstverein stellt derzeitig die-
ses, bisher dem Herzoglichen Hause Anhalt ge-
hörige, wesentliche Material in der Anhaltischen
Gemäldegalerie zu Dessau aus. Mit wenigen Aus-
nahmen waren die Blätter früher der Öffentlich-
keit kaum zugänglich, so daß die Ausstellung
den Rang einer ersten Veröffentlichung hat.
Bleistift- wie Aquarell-Skizzen erweisen Erd-
mannsdorfs Gabe feiner Landschaftsbeobach-
tung. Einzelne Bäume sind ihm Motiv wie die
Ruinen Roms oder der Rheinfall. Diesen Reise-
skizzen sind anzuschließen Zeichnungen nach
Werken italienischer Renaissance-Maler oder an-
tiken Kameen.

Das stärkste Interesse jedoch haben die architek-
tonischen Zeichnungen und Entwürfe zu bean-
spruchen. Sie bringen an sich grundsätzlich zwar
nichts Neues, d. h. es wird keine neue Seite Erd-
mannsdorffscher Kunst geoffenbart. Doch be-
kräftigen sie den seit Riesenfelds erstem wissen-
schaftlichen Hinweis auf Erdmannsdorff (Berlin,
Bruno Cassirer 1913) festliegenden Eindruck.
Erdmannsdorffs Bedeutung ist, in Deutschland
der erste bewußt und absolut klassizistisch füh-
lende Baukünstler zu sein. Noch erfüllt von der
Grazie des 18. J ahrhunderts und noch nicht er-
regt von dem Zwiespalt klassizistischer und ro-
mantischer Gestaltungskräfte, ist seine Kunst von
seltener Heiterkeit und Harmonie. Reinste Aus-

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