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Architectura: Zeitschrift für Geschichte und Aesthetik der Baukunst — 1.1933 [ISSN 2365-4775]

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Nr. 6
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Sommer, Kurt: Die konstruktiven Grundlagen des Bogens in Dach und Giebel der alt-indischen Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.19241#0233

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Holzoriginale waren noch bekannt, als man sie
in Stein nachbildete. Einzelne Teile wurden tat-
sächlich auch noch in dem altgewohnten Ma-
terial hergestellt. Es war die Übergangszeit vom
Holz- zum Steinbau, in der man beide Baustoffe
verwendete: Stein für Monumentalbauten, für
die alltäglichen Wohnbauten Holz1). Auf Rech-
nung des Bildhauers oder Steinmetzen, der selbst
kein gelernter Zimmermann war, muß man es
setzen, wenn in den Höhlenkirchen Formen auf-
treten, deren konstruktiver Zweck nicht ohne
weiteres klar ist.

Der Giebel von Karli (Taf. 41 c) kann als der
bekannteste, am besten erhaltene der Gruppe
gelten, deren einzelne Vertreter, soweit sie un-
gefähr gleichaltrig sind, nur unwesentlich von-
einander abweichen. Er soll deshalb der Ab-
handlung zugrunde gelegt werden, doch muß
dabei notwendigerweise auch auf die anderen
Vertreter der Karligruppe näher eingegangen
werden.

Eine Anzahl vierkantig bearbeiteter Dachpfet-
ten liegt auf einem gestelzten, tonnenförmigen
Bogen auf, über den sie konsolartig ausladet.
Sie unterstützen ihrerseits die Tonne, das gebo-
gene Dach, das die Barahat und Santschireliefs
von der Außenseite zeigen. In Karli und in Ba-
dscha sind die Köpfe der Dachpfetten sämtlich
senkrecht und waagrecht angeordnet, während
sie in Kondane (Taf. 41 d), Nasik XII und Ad-
schanta IX im oberen Teil des Giebels senkrecht
und waagrecht orientiert sind, im unteren da-
gegen sich mit der einen Seite der Bogenform
anlegen, so daß sie radial gerichtet erscheinen.
In Adschanta IX und XXIII sind wiederum
alle, ohne Ausnahme, radial gerichtet und
gehen damit eigentlich auf eine ursprünglichere
konstruktive Lage zurück. Diese Anordnung,
gerade bei letzteren zeitlich nach ihrer sonsti-
gen Gestaltung in eine spätere Periode einzu-
ordnenden Giebeln mag aber bei diesen weni-
ger konstruktive als rein dekorative Gründe ge-
habt haben. Unter der Innenkante des inneren
Bogens wird beiderseits ein weiterer Balkenkopf
sichtbar, ganz offensichtlich die Endigung einer
längs durch das Gebäude hindurchgehenden
Pfette, die im folgenden als Hauptpfette be-
zeichnet wird. Im Querschnitt bedeutender als
die Dachpfetten, ist ihr Kopf in eine aufrecht-
stehende Stütze eingelassen, die bohlenartigen

*) Vgl. den von Fa-Hian erwähnten Steinpalast des
Ashoka.

Querschnitt zu haben scheint und weiterhin mit
Stützpfosten bezeichnet wird.

Die Giebel der Hausabbildungen auf den Re-
liefs sind, soweit es sich erkennen läßt, in ihrer
Konstruktion wesentlich primitiver, wie die der
Grottentempel. Ihre Bauart war also noch ur-
sprünglicher und erreichte handwerklich noch
nicht die Vollkommenheit der Höhlenkirchen-
giebel. Sie liegen also in der Entwicklungsreihe
der Giebelform zeitlich vor den Grottentempeln.
Die Reliefs von Santschi, sonst gleich kon-
struiert, kennen die Stütze mit der Haupt-
pfette im Giebel überhaupt nicht. Der Giebel
von Guntupalle hat nur die Hauptpfette, die
auf der massiven Giebelwand irgendwie auf-
liegt. Die große Zahl der kleineren Tür- und
Fenstergiebel an den Grottenwänden zeigen mit
Ausnahme von Karli (Taf. 41 c), wo beides vor-
handen ist, nur den Stützpfosten, der bis zu den
Dachpfetten hinaufreicht und zur Unterstützung
einer dieser Pfetten dient, wie es auch in Lomas
Rischi der Fall ist.

In Karli wird die Giebellinie des Daches durch
eine Art Windbrett abgeschlossen, dessen äußere
Umrißlinie, in Übereinstimmung mit den San-
tschihäusern, am ehesten mit dem Querprofil
eines kieloben gelagerten Schiffes zu verglei-
chen ist. Der durch den weitausladenden Dach-
überstand zwischen Bogengitter und Windbrett
entstehende Raum ist nach vorn von einer Brü-
stung in Geländerform abgeschlossen, so daß
eine Art Loggia entsteht, an deren Hinterwand,
der eigentlichen Abschlußwand des Innen-
raumes, man in Karli ein Bogengitter sieht, des-
sen Verwandtschaft mit den Gittern der Giebel
auf dem Barahat- und Santschireliefs unschwer
zu erkennen ist. In den anderen Grotten ur-
sprünglich auch vorhanden, doch, da es aus Holz
gearbeitet war, ganz oder teilweise verschwun-
den, ist es nur in Karli erhalten geblieben. Da
es hier technisch besonders gut, in hervorragen-
dem Material — Teakholz — ausgeführt ist, darf
man annehmen, daß es mit der Grotte zugleich
entstand. Seine drei übereinanderliegenden Bö-
gen werden zu einem gemeinsamen Kämpfer zu-
sammengeführt und bilden durch das Gitter-
werk, das sie untereinander verbindet, eine kon-
struktive Einheit, einem Gitterträger vergleich-
bar, welcher im Verein mit dem inneren Bogen
die Pfetten trägt, deren Köpfe man hervor-
stehen sieht.

Ganz entsprechend findet man diese Anordnung

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