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der Farbengebung dem Ganzen in seiner freien Lage am Bergesbang eine
stimmungsvolle Wirkung verschaffen.

Sämtliche Architekturteile sind in rotem Werkstein, die Mauer-
flächen dagegen in hellem, nur mit der Kelle geglättetem Schwarzkalk-
bewurf ausgeführt.

Eine hohe künstlerische Ausschmückung wurde dem Bau verliehen
durch eine herrliche, in weissem Marmor ausgeführte Pietä von Bild-
hauer Kopf in Rom, welche Ihre Majestät die Königin gnädigst für den
Altar der Kapelle stiftete, sowie durch eine schöne, von Bildhauer Rösch
ausgeführte zwei Meter hohe, über dem Haupteingang aufgestellte Marien-
statue, welche dem Verein für Förderung der Kunst zu danken ist.

Das ganze Gebäude wird durch eine Niederdruckdampfheizung
von E. Möhrlin hier erwärmt, deren Kessel in den achteckigen Räumen
des Kellergeschosses untergebracht sind.

Die Baukosten des von der Firma Jooss & Cie. in General-Entre-
prise innerhalb anderthalb Jahren ausgeführten Baues belaufen sich
ohne die Einrichtungen für Heizung und Ventilation auf 280000 Mark.

Stuttgart, im September 1890. Prof. Rob. Reinhardt.

Tafel 35. Villa des Herrn Maurermeister Koch in der Harden-
bergstrasse in Berlin; erbaut von Cremer & Wolffenstein, Archi-
tekten daselbst.

Die Fassade der Villa wurde in Verblendziegeln, mit Architektur-
teilen aus Sandstein und Zement, hergestellt. Der Einbau ist auf das
beste durchgeführt und es haben mehrere Räume echte Holzdecken er-
halten. Baukosten 120000 Mark.

Tafel 36. 37. 38 u. 39. Konkurrenzentwürfe zum Neubau der
Peterskirche in Frankfurt a. M. :

1. von den Architekten H. Grisebach und G. Dinklage in

Berlin. — Erster Preis.

2. von Architekt Joh. Vollmer in Berlin. — Zweiter Preis.

3. von Professor K. Henrici in Aachen. — Dritter Preis.

Im März 1889 schrieb die Stadt Frankfurt zur Erbauung einer
neuen Peterskirche einen allgemeinen Wettbewerb unter deutschen Archi-
tekten aus.

Die Kirche sollte etwa 1000 Sitzplätze erhalten, wovon 300 auf
Emporen untergebracht werden durften. Eine geräumige Sakristei wurde
verlangt und die Bausumme auf 300000 Mark festgesetzt.

Dem Preisgericht gehörten an die Herren Hofbaudirektor v. Egle-
Sluttgart, Geheimer Regierungsrat Professor Raschdorfif-Berlin, Architekt
Wiethase-Köln, Stadtbaurat Behnke-Frankfurt und der Geistliche der Kirche.

Es wurden 58 eingegangene Entwürfe beurteilt und die drei aus-
gesetzten Preise den Arbeiten der Herren Grisebach und Dinklage-Berlin,
Joh. Vollmer-Berlin und Professor Henric.i-Aachen zuerkannt.

Bemerkenswert ist die Thatsache, dass kein einziges gotisches
Projekt sich unter den preisgekrönten Arbeiten befindet.

Tafel 40. Konkurrenzentwurf zum Kaiser Wilhelm-Denkmal auf
dem Kyffhäuser von Architekt Bruno Schmitz in Berlin.

Zum Zwecke der Errichtung eines Denkmals für Kaiser Wilhelm I.
auf dem Kyffhäuser erliess im November 1889 der geschäftsführende
Ausschuss der Vereine ehemaliger deutscher Soldaten ein Preisaus-
schreiben an die deutschen Architekten und Bildhauer. Die Art des
Denkmals war freigestellt. Für die Ausführung wurden 400000 Mark
ausgeworfen.

Preisrichter waren, ausser den Vertretern des Ausschusses, die
Bildhauer Professor Dietz-Dresden, Professor Eberle-München und Pro-
fessor Siemering-Berlin, die Architekten Baudirektor Professor Dr. Durm-
Karlsruhe und Oberbaurat Dr. v. Leins-Stuttgart, der Geschichtsmaler
Professor Geselschap-Berlin und der Geh. Oberregierungsrat Dr. Jordan-
Berlin. Der erste Preis mit 6000 Mark wurde einstimmig dem Architekten
Bruno Schmitz zugesprochen und sein Projekt mit dem Vorbehalt einiger
Abänderungen zur Ausführung empfohlen.

Zur Erläuterung des von uns dargestellten Projektes bringen wir
im nachstehenden eine Darlegung des Gedankenganges, welchem der
Verfasser bei Bearbeitung des Entwurfes folgte:

,,Für diese selbst war mit der Bestimmung zu rechnen, dass dem Kaiser
Wilhelm I., dem Schöpfer der nach langem Wünschen und Streben nunmehr erreichten
Einheit des Vaterlandes, ein Denkmal Seiner und des Landes würdig auf einer bedeut-
samen Scholle Bodens, im Herzen Deutschlands, auf dem sagenumwobenen Kyffhäuser-
berge, dem Zeugen einstiger Kaiserpracht und Reichsherrlichkeit, zu errichten sei.

Hier, wo im alten Burggemäuer, der Sage nach im unterirdischen Schlosse
der Kaiser Friedrich, der Rotbart, Jahrhunderte verzaubert sass und in den Tagen
der Erhebung seine glänzende Auferstehung feierte, hier in einer das weite frucht-
bare Thal, die ,,goldene Aue“, beherrschenden hohen Lage, auf eichenwaldumrauscliten
Höhen, sucht das wehrhafte Deutschland seinem Kaiser ein Zeugnis seiner Dankbar-
keit hinzustellen, wie seiner nach den Zeiten der Zerrissenheit nun neu erwachten
Kraft und Grösse, seines Stolzes, und auf den Grundmauern des alten Kaiserschlosses
und neben den Ruinen des von den Raben verlassenen Burgturmes soll sich das
Zeichen des neuen Geistes zum Himmel heben.

Wie nahe liegt da der Versuch, den Gedanken dieser neu erstandenen Einheit,
den poetischen Inhalt von Deutschlands schönster Sage, durch einen wirklichen, im
modernen Sinne gefassten Wiederaufbau jenes deutschen Heiligtums, der ICyffhäuser-
burg, zu verkörpern und dem glorreichen Helden der neuen Epoche inmitten dieser
Schöpfung die hervorragendste Stelle zu geben.

Dass unter solchen Gesichtspunkten die Lösung der Aufgabe der Architektur
zugewiesen werden musste, war eine aus dem Programm und der Platzwahl ganz un-
bedingt hervorgehende Richtschnur, und unter Rücksichtnahme auf die hohe, weithin
sichtbare Lage des Standortes musste die Verteilung der Massen so gehalten werden,
dass das neue Denkmal sich neben dem alten Turmgemäuer durch charaktervolle
Linien und eine fast doppelte Grösse als ein markiges Wahrzeichen des neuen Reiches
behauptet.“

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Für die Redaktion verantwortlich Baurat Carl Weigle in Stuttgart.
 
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