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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 24.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27776#0024
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1908

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 2

Lichter der nahen Was-
serflächen belebt und
gehoben wird.

Die Motive der
Embleme und allegori-
schen Darstellungen
stehen, wie unsre Ab-
bildungen erkennen
lassen, im engsten Zu-
sammenhang mit der
Beschäftigung der Be-
wohner der Zaanlande
mit Handel und See-
wesen.

Ganz besonders
tritt die Ableitung von
den Schiffsverzierun-
gen auch in selbstän-
digen Aufsatzstücken

(10) Dachfenster in Zaandam. (Louis XV.) , *1*1

hervor, wie der Anbau
des Hauses Abbildung 2 eines trägt. Hier könnte man leicht im
Zweifel sein, ob nicht dieses Schnitzwerk ursprünglich wirk-
lich die Bekrönung einer Kajüte gebildet hat und erst später
hierher versetzt ist. Der Einfluß dieser Verzierungsweise ist
so stark, daß wir selbst an einem Palastbau, wie die Kgl. Biblio-
thek im Haag, die für eine französische Emigrantin 1734 38
jedenfalls auch durch einen französischen Architekten erbaut
ist, als Bekrönung der vornehmen Steinfassade ein breites Auf-
satzstück mit flankierenden Figuren wiederkehren sehen, das
in seiner freien, von der gebundenen Architektur, ja selbst von
der rechts und links anschließenden Attika unabhängigen Form
ganz an eine Kajütenbekrönung erinnert.

Die Verzierungen an den Zaandamer Häusern sind mit

außer-
ordent-
licher
Ge-
schick-
lichkeit

ge-
schnitzt,
die deut-
lich die
erfahre-
nen Mei-
ster er-
kennen
läßt, die
sich täg-
lich mit
der-
gleichen
Arbeiten
beschäf-
tigten.

Die
ganze
Haltung
dieser
Orna-
mente
des 18.
Jahrhun-
derts ist
durch-
aus be-
zeich-
nend für
Holland
und
weicht

(12) Tür in Krommenie bei Zaandam. (Louis XVI.)
(Am nebenstehenden Haus.)

stark

(11) Dachfenster in Zaandam. (Louis XVI.)

von der des gleichzeitigen französischen Ornaments ab. Wir
können sie in ganz ähnlicher Weise auch an den ebenfalls
vielfach in Holz ausgeführten Tür- und Fensterumrahmungen
der zahlreichen Herren - (Patrizier-)häuser und Handelshäuser
jener Zeit in Amsterdam, Haarlem, Haag und andern Städten,
wie der umliegenden Dörfer verfolgen, von denen wir hier
ebenfalls eine kleine, aber bezeichnende Auswahl im Bilde vor-
führen.

Diese Fenster- und Türumrahmungen sind meistens von
breiter Anlage und guten Verhältnissen. Das Ornament selbst
ist von einer breiten, fleischigen Weichheit. Es zeichnet sich
durch lebhafte Bewegung und Zierlichkeit aus und besitzt eine
gewisse, mit ansprechender Einfachheit gepaarte, saftige Fülle,
die in der späteren Zeit schwindet, je mehr der fremde Einfluß aus
dem nahen Mutterlande der Stile an Stärke gewinnt. So zeigt
das Rokokoornament aus der letzten Zeit Ludwigs XV. die
holländische Eigenart nicht mehr so stark und das so außer-
ordentlich konservative und aristokratische Louis XVI.-Ornament
besitzt nicht mehr die Lebenskraft, sich so einheitlich wie das
frühere mit den Bauteilen zu verbinden. Es behält meist einen
»importierten« Charakter, wie eine tropische Pflanze, die in
nördliche Gegenden verpflanzt ist.

In dieser späten Zeit sehen wir auch bisweilen, z. B. an der
nachstehen-

den Fassade,
besonders
aber an der
in größerem
Maßstab wie-
dergegebenen
Tür derselben
die Embleme
(Schäferhut,
Garbenbündel
und Dresch-
flegel) schon
nicht mehr in
der vorhin er-
wähnten
engen Bezieh-
ung zu dem
Leben der Be-
wohner, son-
dern augen-
scheinlich ei-
nem Vorbilde
entlehnt, das
auf die Schä-
ferspiele des
französischen
Hofshinweist.
Auch tritt die
Verzierung in

(13) Haus in Krommenie bei Zaandam.

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