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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 24.1908

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8. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27776#0069
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1908

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 8

im Empirestil steht, stören werden,
solange sie stehen.

Immer mehr wird man ja die
Lehren alter Städtebilder begreifen
lernen, daß gesundes Schaffen in
selbständigen Formen — auch den
verschiedensten — dicht nebenein-
ander recht wohl am Platze, ja besser
ist, als ängstliche nachträgliche An-
lehnung, und daß es gerade die köst-
lichsten alten Baugruppen ergeben
hat, an denen wir uns heute erfreuen.

Auch üppigste und einfachste
Formen können recht wohl neben-
einander bestehen; nur Schwäch-
liches, Inhaltloses vermag nie und
nirgends befriedigend zusammenzu-
klingen und sich Vorhandenem har-
monisch einzugliedern.

Wie selbstverständlich erscheint
uns, wenn wir von den stolzen
Königsbauten, ja von der Perle Ko-
penhagens, dem einzigen Rosenborg,

nach dem Mittelpunkt des modernen Verkehrs zurückkehren,
Martin Nyrops neues Rathaus, das er so recht als Wahrzeichen
einer neuen Zeit an diese Stelle gesetzt hat! Schwer vermag
sich dagegen der gewaltige Bau des Bristol-Hotels zu be-
haupten, das Wilhelm Fischer 1901 vollendet hat. Ihm fehlt
leider eine organische Entwicklung der Hauptfront, während
das Rathaus seine imposante Stirnseite dem Platze zukehrt und
diesen völlig beherrscht, und die nahe Übereinstimmung in der
Farben- und Materialwirkung, die für das Platzbild so günstig
gewählt ist, legt einen Vergleich beider noch näher. Vielleicht
hat Beschränktheit der Mittel — der Bau kostet 660 000 Kronen —
die Fassadendurchbildung nach den Wünschen des Architekten
beeinträchtigt. Schwerer natürlich als bei einem so selbständi-
gen Monumentalbau, wie das Rathaus, und bei durch Umfang
und Lage besonders hervortretenden Bauten, wie das Bristol-
Hotel, gewöhnt sich unser noch immer stilistische Überein-
stimmung suchendes Auge an neue Formen bei kleinen, enger
an die Umgebung anschließenden Bauten. Haben aber die
neuen Werke der Renaissance sich s.Z. weniger fremdartig neben
den gotischen, oder die lustigen Bauten des Rokoko anders
zwischen beiden ausgenommen?

Ein recht bemerkenswertes Beispiel, wie bei aller Wahrung
der Selbständigkeit ohne stilistische Künstelei der Gesamtein-
druck eines Straßenbildes mit alten Häusern gewahrt werden
kann, ist das von den Architekten Louis Jeppesen und Karl
Thonning 1899 -1901 erbauteHaus derKopenhagenerStudenten-

Villa Bernina in Arildsleje
bei Kullen. Nordseite.

Architekt: K. Varming
in Kopenhagen.

Schaft. Es
steht an
der platz-
artigen
Erweite-
rung vor
der Frau-
enkirche
neben

dem alt- .jxtfHc-ren.

ehrwürdi-
gen einstöckigen Bischofshof (von dem auf unsrem Bilde rechts
noch der Flügel zu sehen ist) und vermittelt auch in seinem
ruhigen grauen Putzton sehr gut zwischen diesem und dem

großen modernen Nachbarhause links.

❖ *

Nach allen den Proben tüchtigen selbständigen Schaffens
und eingehenden Verständnisses der Kopenhagener Architekten
für die örtliche Überlieferung und die Bauweise Kopenhagens
ist es um so schmerzlicher zu sehen, welche unverantwortliche
Verwüstung und Verödung im innersten Kerne der alten Stadt
in der neuesten Zeit eingerissen ist. Wenn auch die für den
Fachmann noch in ihrem Verfall höchst anziehenden alten
Straßen mit der Fülle köstlicher Einzelheiten gegenüber dem
unaufhaltsamen Wandel der Zeiten nicht zu retten sind, so
daß gegenwärtig ganze Quartiere der Spitzhacke zum Opfer

fallen, so soll-

te doch eine
Stadt wie Ko-
penhagen sich
aufs äußerste
gegen eine
Verunstaltung
wehren, wie
sie dort ver-
übt wird. An
der Stelle der
schmalen Gas-
sen mit ihren
meistganzein-
fachen, aber
charaktervol-
len und male-
rischen Häu-
sern entstehen
dortwohlüber
Bedürfnis
breite, schnur-
gerade und

Villa Bernina in Arildsleje bei Kullen.
Südseite.

Architekt: K. Varming in Kopenhagen.
 
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