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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 24.1908

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9. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27776#0076
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1908

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 9

tung der Maschinensteine
bieten, wird sich am ehe-
sten Klarheit darüber ge-
winnen lassen, was sich
auf diesen Wegen erreichen
läßt und was als erstrebens-
wert gelten kann.

Vorherschicken möchte
ich dabei einige allgemeine
Bemerkungen. Das Stre-
ben, die Fläche der Ver-
blendsteine rauh zu machen,
ist aus der Erkenntnis her-
vorgegangen, daß die älteren Arbeitsarten künstlerisch an-
sprechendere Ergebnisse erzielten, als die Maschinentechnik
heutiger Zeit. Man hat sich infolgedessen vielfach zum Ziele
gesetzt, die bekannteste dieser Techniken, die des Handstrichs,
in ihrem Eindruck nachzuahmen. Dieses Streben wird nicht
als glücklich und erfolgversprechend angesehen werden können,
denn gerade Besonderheiten, die aus einer bestimmten Arbeits-
weise entstanden sind, lassen sich, ohne in Unnatur zu ver-
fallen, mit andrem Arbeitsverfahren kaum nachahmen. Der
künstlerische Vorzug des Handstrichsteines gegenüber dem
Maschinenverblender beruht wesentlich darauf, daß bei jenem
sich viel mehr Gelegenheit zu zufälligen Abänderungen des
Arbeitsvorganges ergibt. Diese Zufälligkeiten geben dem Hand-
strichstein mit dem Ein-
druck des Unbeabsichtig-
ten, Natürlichen, seinen
eigentümlichen Reiz.

Die gleichen Zufällig-
keiten im Maschinenbe-
triebe hervorzurufen, ist
ganz unmöglich. Nicht
dem Handstrichstein
gleichartiger, sondern
gleichwertiger Ein-
druck sollte daher das
Ziel der Maschinen-
steinbearbeitung bil-
den. Will man nicht
mit nachträglicher Bearbeitung des fertigen Steines in Künste-
leien verfallen, so wird man entweder auf die Wirkung solcher
Zufälligkeiten verzichten und mit einer gleichmäßigeren Rauhung
ganzer Flächen rechnen müssen, oder aber man wird suchen
müssen, ganz neue, der Maschinenarbeit angepaßte Gelegen-
heiten zu schaffen, durch die eigenartige Zufallswirkungen zu
stände kommen können. Wir werden sehen, daß beide Wege
beschritten worden sind.

An den Eingang unsrer Einzelbesprechung sei der altbe-
währte brave Handstrichstein gesetzt (Nr. 1 unsrer Fig. 1) teils
zum Vergleich mit den weiter vorzuführenden Erzeugnissen,
teils, weil er den Ausgangspunkt unsrer ganzen Bestrebungen
gebildet hat. Um seinem Eindruck nahe zu kommen, hat man,
meines Wissens zuerst bei den Wiederherstellungsarbeiten der
Marienburg, versucht, die glatten Steinflächen durch Tupfen
mit Strohwischen aufzurauhen. Der Erfolg dieser ersten Ver-
suche kann nur mäßig befriedigend genannt werden, da die
Flächen nur weichlich ausfielen, neben verbleibenden glatten

Teilen eine gewisse Un-
sauberkeit zeigten, die be-
sonders an Formsteinen
unangenehm auffällt. Diese
Arbeitsweise ist daher jetzt
wohl allgemein verlassen
und hat nur noch geschicht-
liche Bedeutung.

Dem Grundgedanken
nach nahe steht ihr die
Herstellung der Steine 12
(Fig. 4), wie sie neuerdings
von der Holzmannschen

(3)

Ziegelei zu Sauen bei
Fürstenwalde geliefert
worden sind. Die Steine
sind, nachdem sie die
Maschine verlassen ha-
ben, in nassem Zustande
mit Sand bestreut und
dann mit Drahtbürsten
freihändig überarbeitet
worden. Im einzelnen
Stein fallen die hier-
bei entstandenen feinen
Streifungen unvorteil-
haft ins Auge, es muß
aber hervorgehoben wer-
den, daß diese Erinnerung an den naß-schlüpfrigen Zustand
des Steines bei dem Zusammenwirken ganzer Flächen wesent-

10

ii

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lieh zu Gunsten eines körnig-rauhen Eindruckes zurücktritt.

In andrer Weise ist ein solcher körniger Eindruck bei
den Steinen 10 (Fig 4) von C. G. Matthes & Sohn in Rathenow
dadurch erstrebt, daß auf die glatte Steinfläche ein dünnflüssiger,
mit körnigen Tonteilchen gemischter Tonbrei (sogen. »Schlicker«)
mit dem Pinsel aufgetragen ist. Unsre Abbildung zeigt, daß
sich verschiedene Grade der Rauhigkeit auf diese Art erzielen
lassen. Im übrigen ist die erreichte Körnung infolge des
flüssigen Bindemittels von ziemlich weicher Art und steht
darin den letztbesprochenen Steinen nach, ganz abgesehen von
den nicht unbegründeten Bedenken, die man gegen die Dauer-
haftigkeit solcher Überzüge hegen wird. — Ebenfalls am fertig
von der Maschine geformten Stein ist die gerauhte Fläche 8
(Fig. 3) von Haedrich in Eilenburg hergestellt. Die Behand-
lungsweise geht zurück auf eine vor einigen Jahren vorüber-
gehend mehrfach angebotene Steinsorte, die auf »Handstrich-
maschinen« hergestelit in ihren Sichtfächen mit fest einge-
schlagenem gleichmäßig gesiebtem Kiessande dicht bedeckt
waren. [Der Stein 4 (Fig. 2) von Postpischil in Mittelbielau
steht besonders an seiner linken Hälfte dieser älteren Art nahe.]
Dem Übelstande, daß dabei die Tonfläche des eigentlichen
Steines fast ganz versteckt wurde, hat man hier dadurch zu
begegnen versucht, daß man feineren Sand von nicht zu gleich-
mäßiger Körnung lockerer, vermutlich durch Einwirkung des
Sandstrahlgebläses auf den nassen Stein aufgebracht hat. Der
Stein erhält so eine leicht gerauhte Oberfläche von stumpfer
matter Farbe; er ist u. a. an dem Wohnhaus Lampe in Leipzig
von Emanuel von Seidl verwendet worden.

Ganz andres Aussehen ergibt die Einwirkung des Sand-
strahlgebläses auf den lufttrockenen Stein, wofür die Steine 13
(Fig. 5) von Postpischil in Mittelbielau als Beleg dienen. Sie
geben zwei verschiedene Stufen der Rauhigkeit wieder, wie
sie durch verschiedene Körnung des verwendeten Sandes zu
erzielen sind. Die daneben dargestellte Fliese, auf welcher
durch teilweise Abdeckung eine Ritterfigur aus der gerauhten
Fläche ausgespart ist, besitzt an sich vielleicht nur zweifel-
haften Wert, möge
aber hier den Unter-
schied zwischen der
naßgeformten ur-
sprünglichen Fläche
und dem Korn der
gerauhten Teile ver-
anschaulichen. Be-
merkt sei, daß die

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