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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 24.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27776#0230
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1908

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 2

Aus Egisheim bei Kolmar.

Aufnahme von Professor August Schirmer
in Stuttgart.

zwei andre, den Wiederaufbau der Burg Altena i. W. und Veränderungen
in der Umgebung des Worrnser Doms hatte der Ausschuß des Denk-
malpflegetages eine Erörterung ablehnen zu müssen geglaubt, da beide
Fragen noch nicht spruchreif seien. Die für den geplanten Anbau eines
Pfarrhauses an die Taufkapelle des Wormser Doms in Betracht kommenden
Gesichtspunkte hat Prof. R. Kautzsch-Karlsruhe in einem Aufsatz dargelegt,
der (als Sonderabdruck aus »die Rheinlande«) den Teilnehmern zugänglich
gemacht war.

Von weiteren Veröffentlichungen erwähnte der Vorsitzende die vom
Kgl. Sachs. Ministerium des Innern herausgegebene wertvolle Schrift

über die Mittel, den Stein zu erhalten, eine Schrift des Bildhauers
Th. Maßner in Hannover über die Ergänzung von Steinskulpturen,
eine Veröffentlichung des Chemikers Franz Schmidt in Weimar über die
gelungene Reinigung des durch Bubenhand beschmutzten Shakespeare-
Denkmals in Weimar, sowie Mitteilungen des Worpsweder Malers Hans
am Ende über sein feuersicheres Strohdach. Vom 1. Oktober ab erscheint
im Verlag von Carl Winter in Heidelberg eine von Dr. phil. Fritz Hirsch
in Bruchsal herausgegebene Zeitschrift für Geschichte der Architektur, die
im Gegensatz zu den Bauzeitungen nur mit der Geschichte der Archi-
tektur, im Gegensatz zu den kunsthistorischen Zeitschriften nur mit der
Architektur sich befassen soll.

Den Hauptgegenstand der Verhandlungen des ersten Sitzungstages
bildete das Thema »Baupolizei und Denkmalpflege«. An Stelle
der am Erscheinen verhinderten Berichterstatter besprach Oberbürgermeister
Struckmann-Hildesheim eingehend das neue preußische Gesetz gegen
die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden
Gegenden.

Bisher konnten nach dem allgemeinen Landrecht grobe Verun-
staltungen in geschlossenen Ortschaften durch die Baupolizei ver-
hindert werden. Die Wirksamkeit dieser Bestimmung war durch die Aus-
legung des O.V.G. sehr eingeschränkt, das nur das als grobe Verunstal-
tung erklärte, »was auch dem Laienauge als Verunstaltung erscheint«.
Demgegenüber bringt das neue Gesetz einen erheblichen Fortschritt durch
die Bestimmung: zu

Aus Egisheim bei Kolmar.

Aufnahme von Professor August Schirmer
in Stuttgart.

versagen ist die
baupolizeiliche Ge-
nehmigung, wenn
durch das Bauvor-
haben Straßen oder
Plätze der Ortschaft
oder das Ortsbild
gröblich verunstaltet
würden — also an
Stelle der Möglich-
keit die Verpflich-
tung der Baupolizei
zum Einschreiten,
und zwar in allen,
nicht bloß in ge-
schlossenen Ort-
schaften. Für die
Handhabung ist zu-
nächst eine sorgliche
Auslegung des Aus-
drucks »gröblich« zu
wünschen, in dem
der Berichterstatter
eine weiterfassende
Umgrenzungdes Be-
griffes »grob« sieht,
während die Regie-
rung in den Ausfiih-
rungsbestimmungen
gröblich als gleich-
bedeutend mit grob
auslegt.

Weitere Schutz-
vorschriften können
für besondere Ort-
schaften und Plätze
von künstlerischer
und geschichtlicher
Bedeutung durch
Ortsstatut festgelegt
werden. Dadurch
kann die Eigenart der Bauweise erhalten, können bestimmte Straßen, Plätze
und einzelne Bauwerke vor verunstaltenden und beeinträchtigenden Ver-
änderungen, auch der Umgebung, geschützt werden. Ebenso können durch
Ortsstatut für gewisse Bebauungsgelände, Landhausviertel, Prachtstraßen,
Badeorte u. s. w. erhöhte Anforderungen gestellt und landschaftlich hervor-
ragende Gegenden gegen gröbliche Verunstaltung durch Bauten geschützt
werden, indem für störende Neubauten ein andrer Bauplatz oder andre Aus-
führung vorgeschrieben wird. Auch die Anbringung von Reklameschildern,
Schaukästen, Aufschriften und Reklamebildern kann durch Ortsstatut von der
Genehmigung der Baupolizeibehörde abhängig gemacht, also versagt werden.

Die Aufstellung solcher Ortsstatute ist keineswegs leicht; es können
sogar recht unverständige Bestimmungen herauskommen, wenn nicht er-
fahrene Sachverständige dabei mitwirken.

Für die Einzelfälle der Anwendung Sachverständige zu hören, wird
unerläßlich sein, wo es sich um wichtige Bauten und Erneuerungen handelt,
aber doch nicht bei allem, was zum Ortsbilde gehört. So sei, meint
Redner, z. B. für die Bemalung einfacher Fachwerkbauten die Mitwirkung
von Sachverständigen nicht nur nicht notwendig, sondern wirke eher
schwächend und verleidend auf den guten Willen der Unternehmer.

Besonders wichtig ist, daß nach dem neuen Gesetze auch Staat und
Kirche mit ihren Bauvorhaben an die baupolizeilichen Beschränkungen ge-
bunden, daß auch die geschichtlichen und Kunstdenkmäler selbst und deren
Wiederherstellung unter Schutz gestellt sind. Bauerlaubnisse sind zu ver-
sagen, wenn deren Eigenart beeinträchtigt wird. Hier vor allem ist die
Mitwirkung von Sachverständigen nötig, da den Baupolizeibeamten meist
die erforderliche Sachkenntnis abgehen wird. Die Auswahl der Sachver-
ständigen — Kunsthistoriker, Architekten, Maler, Landschaftsgärtner u. s.w.--
ist den Gemeinden freigestellt.

Es kommt also darauf an, daß von den gegebenen Handhaben weiser
Gebrauch für die einzelne Ortschaft gemacht und für jeden einzelnen Fall
die richtige Vorkehr getroffen wird. Die Anwendung im einzelnen ist

Tür eines abgerissenen Hauses in Oudekerk a. d. Yssel;
jetzt im Reichsmuseum in Amsterdam.
 
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