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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 24.1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.27776#0282
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Architektonische Rundschau

2. Beilage zu Heft 8.1908

Alleinige Inseratenannahme bei Rudolf Mosse, Annoncen-Expedition für sämtliche
Zeitungen Deutschlands und des Auslandes, Stuttgart, Berlin, Breslau, Dresden,
Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Köln, Leipzig, Magdeburg, München,
: Nürnberg, Prag, Strassburg, Wien, Zürich :...=±::

Insertionspreis 25 Pf. für die
D viergespaltene Petitzeile □

Villa „Wiirttemberger Hof“ in. Nürnberg.

Nürnberger Skizzen □ Vermeintliche Unzierden.

Von Theodor Eyrich f.

Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte ein etwas ideal veran-
lagter Architekt eine solche Scheu vor gewissen, doch bei einem Hause
notwendigen Dingen, daß er diese Stiefkinder der Architektur wenn möglich

beim Entwerfen ignorierte. Aber wenn er auch,
k wie der verfolgte Strauß, seinen

Kopf in den Sand gesteckt hätte,
es hätte ihm ebensowenig gehol-
fen, wie dem langhalsigen Vogel.

Nun hat sich in dieser Be-
ziehung in den letzten Jahren
/ zwar viel gebessert, aber noch

XjZt)1 blieb so mancher wunde Punkt,

drer und es lohnt sich deshalb viel-

„ , , . leicht einmal daran zu erinnern,

f Hausdrache in , ,

/ Mainbernheim. selbst wenn dadurch grausamer-

weise bei manchen frühere
Schmerzen erneuen würden. Zu den mißlichsten Sachen
gehörten fiir mich immer die Regenabfallrohre. Im
Entwurf ließ man sie einfach weg; dann kam aber eines
schönen Tages, wenn der Bau so weit vorgeschritten
war, eiligen Schrittes ein Spenglerlehrling und bat im
Namen seines Meisters den Architekten schleunigst
auf den Bauplatz zu kommen. Mit der Bemerkung,
daß der grimmigste Hausdrache einem langweiligen
Regenrohr noch vorzuziehen wäre, wurde dann Anfang
und Ende des unglücklichen Rohres an Ort und Stelle
bestimmt.

Jetzt bin ich froh, wenn ich an einer Fassade ein
Abfallrohr mit einem schönen Rinnenkessel anbringen
kann. Bei einem sonst einfachen Hause können zwei
solche Dinger die ganze Fassade herausreißen. Ja, bei
einem meiner letzten Bauten ist es mir vorgekommen,
daß der Bauherr sich nach dem Preise der schon am
Hause angebrachten reichen kupfernen Rinnenkessel
erkundigte und anstatt, wie ich fürchtete, über die Höhe

desselben zu erschrecken, noch mehr

— wenn möglich — davon am Hause
haben wollte. Er meinte nicht mit
Unrecht, das Ding gebe dem Hause so
etwas „Schloßartiges“.

Daß der Wasserspeier — meistens
ein Drache — eine Zierde des Gebäu-
des ist, hatten natürlich etwas malerisch
fühlende Architekten, auch Laien, me
verkannt. Eine desto größere Wut gegen
dieselben hatten die philiströsen Haus-
besitzer. Wenn ich auch für neue,
blinde Wasserspeier nicht eingenommen
bin, so hätte man doch die alten — soweit sie schön oder originell waren

— trotz der in die Kanalisierung mündenden Dachrinnen zur Zierde des
Hauses wohl belassen können. Wieviel höchst Reizvolles wanderte aber
zum alten Eisen, wenn es auch meistens als
Kupfer anzusprechen war.

Viel Kummer machte einem eine Zeitlang
jedes Beschläg, besonders die unvermeidlichen
Türangeln. Sie wurden — freilich nicht nach
Angabe des Architekten — wie die Türen ange-
strichen, um sie weniger auffällig zu machen.

Jetzt hat man die größte Freude
daran, wenn man einmal schönes
und reiches Beschläge an einer Türe
anbringen kann; wenigstens an der
Haustüre sollte man es nicht unter-
lassen, schöne Schlosserarbeit zu
zeigen.

Aber der Tüncher von altem
Schrot und Korn überstreicht noch
heute an einer Haustüre Klinke und
Knopf und die daneben befindlichen
Anläuter, sollten sie auch von Mes-
sing sein, mit derselben Farbe
wie das Holz. Er verschont
auch das zierlichste eiserne
Oberlichtgitter nicht; wenn
möglich bringt er Maserierung
darauf an.

Äußere Läden au Villen
suchte man ebenfalls mög-
lichst unsichtbar zu machen,
indem man ihnen die Farbe
der Mauern gab. Nun be-
malt man dieselben gern mit
leuchtenden Farben, mit den Schornstein.

Wappenfarben des Besitzers,

wenn er ein Wappen hat oder haben will, und das Haus
ist durch dies billigeVergnügen »geadelt«, nicht verunziert.

Selbst die Öfen waren eine Zeitlang der Schrecken
der Architekten, freilich nur deshalb, weil sie meist
recht unschön waren. Doch auch heute noch überkommt

Schornsteine.

Hausdrache in der Kaiserstraße
zu Nürnberg.



Altes Schlößchen, jetzt Gärtneranwesen bei Nürnberg.

Aufnahme von F. Walther in Nürnberg.
 
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