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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 28.1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.27777#0028
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ssrchitektonische Rundschau

Seite 18

ebnet hat. Wie Hoffmann die Hufgabe aufgefaßt hat, tagt
er selbst in der eingehenden Erläuterung seines Entwurfes:
„Die Werke der hernorragendsten Kulturperiode uor
einer sie störenden Umgebung zu bewahren und einen
anklingenden, ruhigen Ton in die neuen Teile der Stadt
weiterzuführen, dabei aber auch den Beorderungen,
welche die Verkehrsentwicklung und die praktischen Be-
dürfnisse unterer Zeit an eine große Stadt stellen, gerecht
zu werden, war mein Bemühen bei der Bearbeitung der
mir geteilten Hufgabe, le nach der bereits norhandenen
Bebauungsweise der nerschiedenen Stadtteile mußten die
neuen Pläne bearbeitet werden, ln den mit neueren Ge-
bäuden oersehenen Gegenden wurden Änderungen nur in
dringenden sällen in Vorschlag gebracht, während die
wenig oder gar nicht bebauten Stadtteile in etwas freierer
Weise behandelt werden konnten.“
Von den bezeichnenden Teilen seines Entwurfs dürfen
wir einige mit den entsprechenden Teilen des alten Stadt-
planes hier wiedergeben. Sie zeigen uns, wie unwichtig
Hoffmann überall die Verkehrsanforderungen und danach
Straßenführung undStraßenbreiten erwogen, wie er Strafen
und Plätze uor allem räumlich zu gestalten und die ganze
große Stadt zu einem einheitlichen, doch immer ab-
wechslungsreichen, uielseitigen Kunstwerke zu machen
strebt. Überall drängen sich uns lehrreiche Vergleiche
auf mit unteren Städten und dem hier in den leßten
Jahren Geplanten. Wir können hier leider nur einige
Beispiele herausheben.
Da ist zunächst der Teil der neuen Stadt mit dem
Zentralbahnhofe (an Stelle der Peloponnesstation) und
dem Eintrachtsplaße (Tafel 68,1). Wohl keiner, der Hthen
gesehen hat, dürfte je die Enttäuschung oergessen, welche
die Hnkunft auf einem der kleinen Bahnhöfe zunächst
seinen hochgespannten Erwartungen bereitete. Huch der
neue Hauptbahnhof ist nicht als Prunkbau gedacht, nicht
als Hauptstück, auf das hin sich non der Stadt her die
Eindrücke steigern, wie in den Entwürfen für so manche
unterer großen Bahnhofsneubauten, sondern als Ausgangs-
punkt für den Ankommenden. „Eine klare, praktische
Raumdisposition, die den Reisenden den kürzeren Weg
nach jeder Richtung leicht erkennen läßt, ist an dieser
Stelle die beste Kunst. Zur Betrachtung oon Schmuck-
stücken hat er da kaum Zeit; sie sind ihm hier nur
störend.“ Aber sobald er auf den breiten Plaf3 hinaus-
tritt, oon dem neun Strasen nach allen Richtungen in
die Stadt hineinführen, sall er fühlen, daß er sich in
Athen, dem Hauptort antiker Kunst und Kultur, befindet.
Seitlich des Bahnhofes sind Gebäude mit Vermaltungs-
räumen, für Güteruerkehr usw. uorgesehen, gegenüber
Gebäude für Geschäfte, Bureaus, Hotels und Wohnungen,
alle in gleicher Höhe und auf gleich einfacher architek-
tonischer Grundlage. Um den halbrunden Plaßteil troß
der breiten ITlittelöffnung nicht zerrissen erscheinen zu
lassen, tollen die Einmündungen der beiden schmäleren
Strasen überbaut werden. Vor den Gebäuden Sehen
Säulen mit antiken Figuren oderllachbildungen oon solchen,
als Gegenwirkung zu den abfallenden Einien der Dreiecks-
giebel, wie als Überleitung zu der breiten, baumbepflanzten
und für feierliche Einzüge geeigneten Hauptstraße. Deren
mitte bildet ein breiter Promenadenweg, daneben zwei
schmale Wege, der eine für Reiter, der andere für Rad-
fahrer, auch sie an der Außenseite mit Bäumen bepflanzt,

1912

dann beiderseits breitere Fahrbahnen für Wagen und
Automobile und schließlich baumbeschattete Trottoire.
Auf den jeßt mit einer großen Pflanzenanlage oer-
sehenen Eintrachtsplaß (Tafel 67) münden acht Strafen,
zum Teil oon außergewöhnlicher Breite und Eänge, mit
zahlreichen Straßenbahnlinien, und zwar die Hauptstraßen
nicht auf den islittelpunkt. Deshalb ist in die Richtung
der Hauptstraßen ein hoher Obelisk gestellt, umgeben oon
einer oon allen Seiten zugänglichen Säulenhalle, die
eine gute Übersicht über den Verkehr ermöglicht und
den auf die Straßenbahn Wartenden sicheren und schat-
tigen Aufenthalt mit Bänken gewährt, zugleich auch dem
Plaße Geschlossenheit oerleiht. Zwei Eöwen auf hohen
Pastamenten gleichen die durch die seitliche Stellung des
Obelisken bedingte ungleiche Plaßwirkung aus. ln den
Hallen dürften Bütten oon durch Stiftungen um das Stadt-
wohl oerdienten Athenern aufgestellt werden, die hier
am oerkehrsreichsten Plaß und doch abseits oom eigent-
lichen Verkehr gut zur Wirkung kommen.
Der gesellschaftliche ITlittelpunkt ist der Sy ntag ma-
(Verfassungs-) Plaß oor dem Kgl. Schlasse am Ostende der
Hermesstraße, an dem auch die oornehmsten Hotels liegen
(Taf. 68,2[alterplan]: b,c). Die seitlichen Straßen steigen oon E
nach B stark an, während der Plaß selbst in der Tiefe oon E
liegt. Hier soll die auf Tafel 67 dargestellte Terrassenanlage
mit einem oon niedrigen Säulenhallen umgebenen und mit
gleichhohen Bäumen gleichmäßig bepflanzten Konzertplaße
entstehen. Zwischen den offenen Säulenhallen sind oon
beiden Seifen zugängliche Verkaufsläden und Gafes ge-
dacht. Ein imposanter Abschluß für die lange Hermes-
straße und ein wirkungsooller Auftakt für das sehr einfach
gestaltete Schloß.
Ein weiterer bedeutungsooller Plan für die neue Groß-
stadt ist die Anlage einer breiten Korsostraße, die oon der
Unioersität (Tafel 68,2:h) an den antiken Bauresten oorüber
zum Aufgang der Akropolis führen soll. Wollte man sie
axial zur Unioersität in gerader Einie oon dieser bis zur
Hermesstraße durchführen, so würde ein durchaus zer-
rissenes Straßen-
bild entstehen
(Fig. 1). Das wird
durch die oorge-
schlagene leichte
Krümmung oermieden, ebenso die zu starke Steigung,
welche sich nach dem alten Plane weiterhin nach der
Akropolis zu ergeben würde.
Ähnliche, bei den Straßendurchbrüchen in unteren Alt-
städten leider nur zu oft zustande gekommene, kaum je
wieder gutzumachende Ungeheuerlichkeiten der Straßen-
durchschneidungen finden sich bei aufmerksamer Ver-
gleichung d?r alten und neuen Straßenführungen in großer


sig. 2 a und 2 b.

Anzahl, natürlich fallen sie bei der jeßt nur teilweisen
oder offenen Bebauung noch kaum in die Augen. So
läßt Fig. 2 die unruhige Wirkung der auf Tafel 68,1
 
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