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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 28.1912

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6. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27777#0032
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ssrchitekfonische Rundschau

Seite 22

der Planoerfertiger geroiß mit großer ITlühe hier einge-
zeichnet hat. Ulan nennt dies zroar nur eine „Signatur“;
das Schlimme ist aber, daß diese Signatur zur Ausführung
kommt, roenn sich niemand findet, der das Unglück oer-
hütet. Bei solcher Teilnahmslosigkeit der Behörden ist es
gar kein Wunder, roenn der Stadtgärtner, alter Über-
lieferung folgend, den ganzen Apparat für das künst-
liche Gebilde des landschaftlichen Gartens entfaltet. Diese
Plaßanlagen mit ihren kunstooll oerschlängelten Wegen,
mit den überreichlichen Gebüschgruppen, die jede Raurn-
roirkung zerstören, mit den Derschnörkelten Teppichblumen-
beeten sind meist nur eine Freude der Gärtner, die hier
ihre Geschicklichkeit in der Unterhaltung oon Gartenanlagen
zeigen können, allenfalls noch für einige müßige oder
gebrechliche Heute. sür die große Blasse unseres Volkes
aber, die durch Sport und Spiel Grholung slicht, sind sie
unbrauchbar; unsere lugend oollends roagt sie schon gar
nicht zu betreten, um nicht mit den Hütern dieser Herrlich-
keit in Konflikt zu kommen. Die sälle, daß Stadtoer-
roaltungen sich entschließen, die Ausführung öffentlicher
Park- und Gartenanlagen in roirklich sachoerständige Hände
zu legen, sind noch so seiten, daß das Vargehen der kleinen
Stadt Stade besondere Anerkennung oerdient. Diese hat,
roie früher schon (Heft 7, 1911) kurz mitgeteilt rourde,
beschlossen, die das altertümliche Städtchen umgebenden,
zum großen Teil noch gut erhaltenen grünen sestungs-
roälle und Bastionen aus der Schroedenzeit mit ihrem
herrlichen alten Baumbestande und den breiten Wasser-
gräben daoor zu erhalten und zu einer sortlaufenden
Promenade umzuroandeln. Die Ausführung dieses roeit-
blickenden Gntschlusses zur Erhaltung ihrer roesentlichlten
städtebaulichen und landschaftlichen Schönheit, die späteren
Geschlechtern reichste srüchte tragen roird, ist nach den
aus Seite VI roiedergegebenen Gntroürfen oon Professor
G. Högg in Dresden und Gartenarchitekt Chr. Roselius
in Bremen bereits im oollen Gange, Hier haben roir
einen oollgültigen Beroeis für den Vorzug gemeinsamer
Arbeit eines Künstlers und eines Gartenbauarchitekten.
Auch den Vorgärten, deren Wirkung oft das Straßen-
bild beherrscht, tollten Bauherren, Architekten und oor
allen Dingen die Stadtoerroaltungen größere Beachtung
schenken. ln einem 4-5 m tiefen Vorgarten - häufig
ist er nur 2—3 m tief — lassen sich keine Anlagen ent-
wickeln, die höheren Ansprüchen an gesellschaftliche Be-
nußung und persönlichen Ciebhabereien genügen können.
So lieht man oft nur sinnloses Strauchwerk und langes
Gras. Die stark fundamentierten und zroischen schroeren
Steinpfeilern eingelassenen Gisengitter roirken als Schuß
solcher Dürftigkeiten einigermaßen lächerlich. Ulan darf
diese obrigkeitlich oorgeschriebene monumentale Ginfriedi-
gung unterer Vorgärten ruhig einen städtebaulichen Unfug
nennen. Wenn man bedenkt, daß ein schlicht beranktes
Holzstaket oder nur eine grüne Hecke, die beide im
Straßenbilde Diel ruhiger roirken, denselben Zweck er-
füllen, so kann man nur den Verlust an Kapital bedauern.
Die Bauordnungen haben hier oiel auf dem Geroissen.
Gine Abänderung derselben, die oiele Sfadtgemeinden jeßt
für ihre Außenoiertel oornehmen, würde zu schmale Vor-
gärten am betten streichen und als Grünstreifen ausbilden.
Auf diese Weise würden die nußlosen Vorgärten roenigstens
für das Straßenbild nußbar gemacht. Wenn dann außer-
dem die Ausbildung dieser Grünstreifen nicht der Willkür

1912

der fiausbesißer überlassen bliebe, sondern nach einheit-
lichen Grundsäßen erfolgte, sa würde ein unbedingter
Grfolg zu uerzeichnen sein. Die Hausbesißer hätten dann
nach den Vorteil, daß die immer oerdrießliche Aus-
gabe für die Ginfriedigung dadurch roesentlich oerbilligt
würde, da nur der Raum zroischen den Häusern abzu-
schließen wäre.
Auch für die Gestaltung des Hausgartens gilt derselbe
Grundsaß der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit,
der für die Gestaltung des Hauses maßgebend geworden
ist. Wenn der Hausgarten für den Besißer ein Auf-
enthaltsraum sein sall, roenn sich in ihm ein Teil des
Familien- und Gesellschaftslebens abspielen sall, so muß
ein inniger Zusammenhang zroischen Haus und Garten
angestrebt roerden. Zunächst muß man mit der roeit-
oerbreiteten Vorstellung brechen, jedes Haus biete sich
dem Auge des Beschauers besser dar, roenn es auf einer
roenn auch nur geringen Anschüttung stehe. Die be-
herzigensroerten Worte oon lichtroark, „Park- und Garten-
studien“, mögen hier wiederholt roerden:
„Selbst roo roir in der Stadt ebene Straßen haben,
roird für das Ginzelhaus im Garten ein flacher Hügel
aufgeschüttet, dessen geneigte slächen, auch roenn sie als
solche dem Auge kaum wahrnehmbar sind, dem Zu-
sammenhang oon Haus und Boden alle Aufrichtigkeit
und Ghrlichkeit rauben. Wer an diese aus dem Cot ge-
ratene Anlage gewöhnt ist und zum ersten JTlale ein
altes Haus lieht, das auf einer roirklich roagerechten
Gbene lieht, den überkommt ein Gefühl, als ob er
ITlusik hörte.“
Ohne oiel Treppenstufen überwinden zu müsl'en, roill
ich den Garten oom Wohnhause betreten können. Wenn
man den Garten als eine Grroeiterung des Hauses auf-
faßt, so liegt es nahe, das architektonische Prinzip des
Hausbaues auf den Garten zu übertragen, der Gesarnt-
anlage eine regelmäßige, auf das Haus eingerichtete
Grundanlage zu geben, eine Raumwirkung durch ge-
schickte Anpflanzung oon Hecken und Baumreihen an-
zustreben und den geschaffenen sreiluftraum durch
Rhythmus und särbe zu unterstüßen. Dem Gärtner steht
eine solche sülle oon farbigen Bäumen, Blütensträuchern,
Stauden und Blumen zur Verfügung, daß es ihm ein
Kleines sein muß, stets neue sarbenzusammenstellungen
zu finden. Grünes Gras haben roir in unteren Gärten
genug; soll der Besißer wieder sreude am Garten haben,
so ist nichts geeigneter, diese sreude dauernd zu erhalten
und zu oertiefen, als die reiche Verwendung der so lange
mißachteten Blume. Der Vorrourf der Fachleute, daß der
so gestaltete regelmäßige Garten keiner Ausbildung fähig
sei, daß er zu einer Verflachung im Gartenbau führen
müsse, roird am betten durch die Worte eines sachmannes,
Ceberecht ITljgges, widerlegt, der sich in einem Aufsaße über
Garten-llaturalismus (Die Gartenkunst, XII, 11) folgender-
maßen ausläßt: „Wir haben auch innerhalb des rein
sachlich-architektonischen Gartenbildes Gestaltungsmöglich-
keiten in Überfülle, die, mehr als nüchterner Zroeckausdruck,
in ITlaterialroahl, Ginzelausbildung und Ordnung des Ge-
tarnten sich einer Idee, einem Seelischen unterteilen. Gtroa,
roenn roir uns inmitten der oerschiedenen Spielpläße eines
öffentlichen Gartens einen farbenprächtigen, oertieft ge-
legenen Blumengarten denken, der das Volk belehren und
ihm Herz und Auge erfreuen soll. Gtroa einen nüchternen
 
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