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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 28.1912

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6. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27777#0033
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ssrchitekfoniiche Rundschau

1912

Verbindungsweg als öoldregengang ausgebildet oder ein
geräumiges Wasserbecken „naiü“ in graues Gemäuer gefaxt,
darüber roter Wein und Gfeu ranken. Oder etwa „nur
schattige Cinden“ als Rrkadengang rings um eine launige
Wiese ooll bunten Volkslebens; nur Voreingenommenheit
und Rsthetenkißel können uns bestimmen, etwa die
Blumen auf dieser Wiese nicht auch „schön“ und „edleren
Rbsichten dienend“ zu finden lediglich, roeil mir
gleichzeitig spielende Kinder dabei sähen! Genug an Bei-
spielen, um darzutun, daß die Zwecke in ihrer höheren
Ruswirkung eben oan Erfindung, uom „Seelischen“ durch-
drungen lind.
Und was übrigens dasjenige ITlafj oan direkter Ratur-
berührung angeht, was der einzelne durch seinen Garten
haben will und muß, so ist auch das innerhalb des
architektonischen Gartens wohl gewährleistet. Denn auch
der wächst ja non zartester Jugend heran zur üppigen
Vollkraft der Jahre. Ruch in ihm knospet und blüht es.
Ruch er birgt des srühlings süße Heiterkeit, wie des
Herbstes flammende särben. Rur alles oiel intensioer,
dünkt mich, oiel stärker im Gindruck auf seinen Besißer —
das beglückende Bewufjtsein des eigenen Schaffens daran
und Grfindens. Dieser „Rrme“ weifj auch, daß ihm für
den Genufj einer zweifelhaften Candschaft ein sicherer
Grsaß geworden ist, ein Gut, das ihn oermögend macht,
am Keimen eines Samenkornes die Schöpfung der
Welt nachzuerleben! Was braucht er da die müh-
selig nachkanstruierten Schauer einer oerblichenen Garten-
ramantik!“
Hiermit kommen wir auch auf das wichtige Gebiet
der mithilfe des Haien bei der Gestaltung des Gartens.
Dieser wird nur dann dem Besißer Befriedigung gewähren,
wenn er alle seine Wünsche erfüllt: der eine will nur
einen Ziergarten haben, oielleicht noch einen Ballspiel-
rasen oder einen Tennisplaß, ein anderer wünscht ihn sa
eingerichtet, daß er in erster Hinie seiner ausgedehnten
Geselligkeit dienen kann; auch für sragen der Bepflanzung
hat er größtes Interesse. Sind diese oerschiedenen sragen
geklärt, dann erst ist es möglich, an die Plangestaltung
heranzutreten; die dann oan selbst einigende, durchaus
erwünschte lllitarbeit des Haien wird oan wesentlichem
Ginflusse auf die gute Weiterbildung unterer Garten-
kunst sein.
Wer die Veröffentlichungen der neueren Zeit über
Hausgärten oersolgt hat, wird bemerkt haben, dafj jede
nicht direkt praktischer Benußung dienende architektonische
Belebung derselben möglichst oermieden wird. Der im Bilde
auf Seite III wiedergegebene Garten oan Professor Bruno
Ulöhring geht schon reichlich weit in der Verwendung archi-
tektonischer ITlatioe. Immerhin aber wird dieser Garten in
üppigem Blumenflor oon schöner räumlicher Wirkung sein.
Unangenehm aber mufj es berühren, wenn oon einigen
sonst sehr tüchtigen Gartenarchitekten auf die Rusbildung
der oon ihnen oorgesehenen architektonischen Schmuckteile
zu wenig Gewicht gelegt wird, wenn die sormengebung
dieser Holzlauben, Gartenhäuschen, steinernen Balustraden
oder Gartenmöbel deutlich oerrät, daß hier eine ungeübte
Hand den Bleistift geführt hat. Da zeigt sich wieder,
wie sehr es sich rächt, wenn der Gartenarchitekt unab-
hängig oom Rrchitekten arbeiten will. Ruch die oon einer
bedeutenden Gartenbaufirma in ihrem Prospekt empfohlene
Russchmückung des Gartens mit sandsteinfarbenen Zement-

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gußplastiken halte ich für sehr gefährlich. Sollte sich die
Jndustrie dieses sabrikationszweiges annehmen, so haben
wir im Gartenbau bald dieselben Surrogate, die wir beim
Hausbau glücklich los sind. Gine Plastik sall im Garten
wirken wie ein Juwel; ich will mich an ihr erfreuen wie
an einem guten Gemälde oder einer schönen Radierung;
das Vortäuschen fremden FRaterials aber wird immer ein
Rrgernis sein.
Gin treffliches Beispiel eines gut ausgenußten Klein-
gartens stellt der Gntwurf für den Garten eines schmalen
Handhausgrundstückes in Hamburg oon der Firma Jacob
Ochs dar (Tafel 81). Das kleine Vorgärtchen hat genügende
Tiefe, dafj die lllöglichkeit der Benußbarkeit gewährleistet
ist, der Hintergarten ist in innigem Zusammenhange mit
dem Wohnhause angelegt, someit dies bei der älteren
Hausanlage dem Gartenarchitekten möglich war. Dicht
an der hochgelegenen TerralTe, oan welcher der Blick
auf das Rlsterbecken schweift, ist ein Gesellschaftsplatj
angeordnet, der wieder um einige Stufen über dem rück-
wärtig gelegenen Teil des Gartens liegt. Dieser Gesellschafts-
platj, in dessen Hütte eine Brunnenanlage angeordnet ist,
ist als ITlittelpunkt der ganzen Rnlage zu denken; hier
spielt sich ein grafjer Teil des Familienlebens ab. Hohe
Hecken umsäumen den Hintergarten und halten so un-
berufene Zuschauer ab.
Ruch das Rrbeitergärtchen oon Harry ITlaaß kann
als IJJuster einer oorbildlichen Rnlage kleinster Gärten
gelten. Der dicht hinter dem Hause gelegene Wirtschafts-
hof mit Sitjgelegenheit, anstofjender Bleiche und Hühner-
haus wird der werktägliche Rufenthalt der Gltern und
Kinder sein; das Gemüsegärtchen, durch Hecken abgetrennt,
schließt sich an, und ganz am Gnde des Grundstückes ist
ein kleines Blumengärtchen mit einladenden Sißpläßen
angeordnet.
Ruch für größere Parkanlagen ist das Vorbild des
englischen Gartens durchaus entbehrlich. Heberecht slügge,
der künstlerische Heiter der Hamburger Gartenbaufirma
Jacob Ochs, hat dies in seinem Gntwurfe für einen Schloß-
park in lüecklenburg glänzend bewiesen (Tafel 82 und
Seite III). Gs wird interessant sein, den Ideen llügges hier
zu folgen:
„Gin Grandseigneur und Hebenskünstler will seinen welt-
männischen Gepflogenheiten, seinen erträglichen Pflichten
und oielfachen Hiebhabereien auch in einem großen Park
Genüge getan sehen. Rlle die mannigfachen alten, oer-
besserten und neu erfundenen Ginrichtungen sallen, wie
sein Heben auch, Grweiterung zur Repräsentation hin und
wenn möglich rhythmische Steigerung zur lllonumentalität
aufweisen. Rehmen wir an, dafj es der tragende Gedanke
war, die innere und äußere Verantwortung des Reichtums
und der gesteigerten Hebensweise zum Vorbild plastisch
auszuwirken, den ethischen Willen eines beoorzugten
ITlenschen oorzüglich zu realisieren an einem Garten.
So entstanden die Terrassen, Höfe, Kanäle, so der Garten
und die Gartenhäuschen für den gesellschaftlichen Verkehr
des Besiljers. Gs entstanden die Raten und Plätje, Hich-
tungen und Haine, Kegel- und Schießbahnen, Bäder, Huft-
und Sonnenbäder, für die Pflege des Körpers, zur Kurz-
weil und zum Wettspiel. Giner besonderen Reigung des
Besitjers, dem Boot- und Rngelsport und der Fischzucht,
wurde besondere Rücksicht zuteil. Und es entstanden
schließlich die mannigfachen Blumen-, Roten-, Färb- und
 
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