Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 28.1912

DOI Heft:
8. Heft
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27777#0040
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seife 30

ssrchitektonische Riindschau

1912

punkt für die ansteigende Rue de Bourbon. Die Gliede-
rung der Platjtoandungen geht auf Gabriel zurück, langsam
oollendete sich im Eauf der Jahre zroanglos das Projekt,
und die Westseite ist erst uor einigen Jahrzehnten überein-
stimmend ausgebaut. Die Hütte nahm einst ein nJonument
Eudroigs XIV. ein; roie alle Königsdenkmäler rourde es
mährend der Reuolution zerstört. Heute bettet ein flaches
Fontänenbecken seinen Spiegel mit sehr schöner Wirkung
in die Pla^fläche ein. Die Rnlage zeigt Sinn für farbige
Qualitäten, die die besondere Bauform betonen und die
man im Stadtbau mahl non den sogenannten „malerischen
Wirkungen“ unterscheiden sall. Das Palais ist ernst und
kühl, unten blaugrauer Granit, oben graugelblicher Kalk-
stein, die Wandungen sind lebendig und heiter mit grau-
braunem Rrkadengeschosj, leuchtend gelblich getünchten
Obergeschassen, die Verbindung des Palais und der Häuter
durch gleiche Husdeckung mit blauem Schiefer gegeben.
Die Rue de Brilhac oerbindet den Palaisplatj mit dem
anderen Plat} (Rbb. 4), der
durch die Hauptoerkehrsstrafje
durchschnitten roird. IJJan
brachte diese natürliche Tei-
lung auch in seiner Rassung
zum Rusdruck, legte oor dem
Hotel de Ville Gabriels (1734)
einen besonderen Vorpla^ an
und ihm gegenüber einen
Grünplas3, damit die Teil-
flächen dem Durchgangsoer-
kehr entziehend. Heute ist
daoon toenig oorhanden. Ruf
dem Grünplasj steht das neue
Theater (punktiert), und da es
mit seinem halbkreisförmigen
lllittelrisalit als Gegenform
des Hotel de Ville erscheint
und man hier ein früher
zusammenhängendes Stück
auseinandergerissen glaubt,
das jefjt roieder einander zu-
strebt, nimmt damit die räumliche Plaijroirkung stark ab.
Die Wirkung dieser Plä^e ist bedeutend trotj aller in
Frankreich heut leider allzu häufigen Vermahrlosung jener
alten Rnlagen. Und doch hatten sie einen IJJangel, der
menige Jahrzehnte später bereits als Fehler gerügt rourde.
Es blieben zroei einzelne Stücke, die keine Verbindung
miteinander eingingen, Diese Gebundenheit oerschiedener
Plätze zu einer rhythmischen Folge, in der das Rächste
sich immer auf das Vorhergehende bezog, sich aus ihm
entcoickelte und es zugleich fortsetjte oder abschlofj, roird
Ziel der grofjen, prachtrauschenden Stadtbaukunst schon
um die Hütte des Jahrhunderts. Ihre höchste Ceistung
sind die unter Stanislaus Eesczinski oon Here de Corny
angelegten drei Plä^e in llancy, die ein gütiges Geschick
fast unoersehrt erhalten hat (Rbb. 6). Patte beschreibt
sie in seinem Werk „UJonumens eriges en France ä la
gloire de louis XV, Paris 1765“, das für den französi-
schen llJonumentalplat3 das bedeutendste Quellenroerk ist
und dem Rbb. 6 und 7 entnommen sind. In der Gruppierung
der Räume roird das Rüge geführt und nimmt darum
leicht und freudig die räumlichen Beziehungen roahr. Die
Beroegung des rechteckigen Hauptplai^es sammelt sich im


2. Rennes, Stadfplan (Stich oon 1782).

Rnsteigen der Kontur der Platjtoandungen Dom arkaden-
gefafjten Rusgang gegen das Hotel de Ville an der Rück-
toand, es zum herrschenden Bau erhebend, gleichzeitig
flutet sie roieder zurück gegen die Carriere, da der Rus-
gang zu dieser durch ein Triumphtor heroorgehoben ist.
Das roirksame Relief des Tores auf der einen Seite des
langgestreckten Planes und des Palais du Gouoernement
auf der anderen Seite hält ihn in rounderoollem Gleich-
geroicht, die Rundung des Ooalpla^es oor dem Palais
roirkt als beruhigendes, ausklingendes Finale. Und roieder
zurück roendet sich der Blick gegen die Triumphpforte,
unter der das Königsmonument erscheint, mährend über
ihm eine reiche Dachattika und die Türme der Primitial-
kirche emporsteigen. Das Verbinden des einzelnen zu
einem schönen Gesamteindruck, das die Theorie fordert:
„Eier des embellissements particuliers, aoec art, ä un
embellissement total,“ — hier ist es erreicht.
Dieser Wunsch bestimmt auch den neuen Bebauungs-
plan, den J. F. Blondei im
Ruftrag der Stadt Strafjburg
ausarbeitete und der nach
oerschiedenen Verhandlungen
und Rbänderungen 1768
oon Cudroig XV. genehmigt
rourde. ln seinem Cours
d’architecture, Bd. 4, be-
schreibt er ihn ausführlich
und gibt einen Teil daoon
als Tafel 51 (Rbb. 1, Teil-
ausschnitt) roieder. Wir sehen
hier oon dem Verkehrstech-
nischen ab, daoon, dafj mitten
durch die Stadt oom West-
zum Osttor eine breite, gute
Durchgangsstrafje geschaffen
und durch Eängs- und Radial-
straljen dem Derroachsenen
Stadtkörper Euft gemacht
roerden tollte. Doch sall
die Bemerkung nicht unter-
drückt roerden, dafj oiele Ideen, auf deren lJeuheit mir
so sfolz sind, in dieser Zeit oorroeg genommen sind, daf)
selbst die Rusfallstrafjen, die mit größter Berechtigung
im Wettbewerb Grolj-Berlin gefordert rourden, bereits
1755 oon Eaugier empfohlen rourden mit dem Zusafj,
noch auf roeite Entfernung hin müßten sie besondere
Breite aufroeisen. Und das Blondelsche Projekt zeigt
auch, roie irrig die in der neueren Stadtbauliteratur
oerbreitete Rnsicht ist, mit den Pariser Diagonaldurch-
brüchen aus der Zeit lJapoleons III. habe sich eine
neue Erkenntnis der Stadtbaukunst Bahn gebrochen.
Der Rrchitekt des 19. Jahrhunderts, Hausmann, fand
hier seine Vorbilder, die er ganz und gar nicht reifer
durchgestaltete, sondern schematisch und gefühllos durch-
führte das ist heut auch Rnsicht heroorragender Pariser
Rrchitekten. Ruf einen besonderen Vorzug seines Ent-
wurfs macht aber Blondei selbst mit Stolz aufmerksam:
dafj es ihm gelungen sei, in der beengten Festungsstadt
ohne Raumoerschroendung eine Folge schöner Rrchitek-
turbilder zu schaffen, und zwar im Hauptoerkehrs-
zuge. Rechter Hand öffnet sich die grolje Place d’armes
(11), dann links der Blick gegen eine Kirche (m), und
 
Annotationen