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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 28.1912

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8. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27777#0041
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1912

ssrchifekfonische Rundlchau

Seife 31

geradeaus, auf einmal zu überblicken, der Plaß mit dem
Theater (S), die Place Royal (V) mit ITlonument und
Senatsgebäude (X) im Hintergrund. ?ür diesen Plaß, der
nicht ganz mit dem heutigen Gutenbergplatj zusammen-
fällt, ist als Blickpunkt die sront des ITlünsters (a) genußt.
Rieht die menge der schönen Gebäude, heißt es 1748 im
ITlercure de srance, bilden eine schöne Stadt, sondern
eine geroisse Harmonie und ein glückliches Gegeneinander-
stimmen der einzelnen Bauten.
Ulan hat den Plänen dieser Zeit Spielerei mit Plan-
figuren üorgemorfen. ITlan könnte ebensogut tagen, die
doch so roohllautenden Wohnräume des 18. Jahrhunderts
störten, da sie sich im Grundriß oft als gefällige Plan-
figuren darstellen. Das Bestimmende jedoch ist die Kraft,
die das Planbild beim Hufbau ins Räumliche überseßt,
und es ließe sich mahl kein Beispiel nennen, mo dies
nicht durchaus gelungen märe. Daß aber in besonderer
Weise aus eine oorteilhafte slächenteilung des Plaßes ge-
achtet rourde, dafür gibt es aufjer Rennes eine ganze
Reihe non Beispielen. Ihre heut durchgängige Zerstörung
zeigt, roie unterer Zeit die Empfindung dafür nollkommen
geschrounden ist. So ist es auf dem Domplaß uon Hieß
geschehen, der in erstaun-
licher llnbesonnenheit um
seine Wirkung gebracht
rourde,*) sa in Tyon, roo
die Place Bellecour heut nur
nach eine staubige släche
ist, um die am Rand herum
sefjchen uon kleinen Beeten
sich aneinander reihen. Der
Entrourf zu dem Platj stammt
uon Robert de Eotte 1728,
der ihn mit einheitlichen
sassaden fassen roollte, je-
doch rourden nur die Schmal-
seiten sa ausgebaut. (Rbb. 12.
llach einem Plan kurz uor
1775.) Durch eine geschlos-
sene Baumpflanzung schnei-
det de Eotte eine schiefe Ecke roeg und schaltet
ältlich eine breite Strase, die Place de la Charite, aus.
Bus der übrigen Plaßfläche hebt er mit Balustraden einen
Innenraum heraus, damit die große luftige Plaßroeite
beroahrend und doch dem Rüge faßbarere slächen-
größen schaffend. Die mitte nimmt ein Reitermonu-
ment Cudroigs XIV. ein, die sestlichen ssbschnitte sind in
schlichten Rasenflächen mit flachen sontänen aufgeteilt.
Ein kräftigeres mittel zur Verkleinerung und Befestigung
der Plaf3fläche uermandte man am heutigen Konkordien-
plas3 in Paris (Rbb. 7. Rngelegt 1753—63). 4,5 m tiefe
und 24 m breite Gräben, auf deren Sohle Raten grünt,
gefaxt uon kräftigen Balustraden, grenzen eine innere
släche ab und geben dem Platj Halt in einer Umge-
bung, die sich der Gelöstheit freier Candschaft nähert.
Ulan schüttete die Gräben später (1854) zu und ließ
nur die inneren Balustraden bestehen, die gegen die
große släche nicht mehr aufkommen können und triim-
merhaft roirken.
*) Vergl. C. Gurlitt, „Das Sreilegen und Umbauen alter Kirchen“. 52. Slug-
tchrift des Dürerbundes und „Deutsche Stadtbaukunst in der Vergangenheit“
Dom Verfatser. srankfurt a. 111. 1011.

Die Stadt Dantes gibt für srankreich das erste Bei-
spiel einer Plaßbildung, die, nur für ruhiges Vermeilen be-
rechnet, Square und Spielplalj zugleich ist, mit der Gaurs
de la Republique (Rbb. 10. lJach dem Stadtplan iion Demoget
& Cechat, 1877). Ulan fühlt sich an Rnlagen roie die Place
des Vosges in Paris aus dem Rnfang des 17. Jahrhunderts
erinnert. Der Unterschied ist: dort bildete man einen ganz
umschlossenen, in sich ruhenden Raum, roeil man ihn nicht
in einen größeren Zusammenhang einzuspannen nerstand,
hier gibt man ihn, roeil man ihn für sich abgeschlossen
halten roill — ein Durchgangsuerkehr ist schon des starken
Gefälles roegen nach Wetten für Wagen nicht möglich
und seßt ihn doch in architektonischen Zusammenhang mit
dem nahen Verkehrsplai3 (Rbb. 8), für den er eine lockende
Perspektine abgibt (Rbb. 16). Diese Place Graslin rourde
uon niathurien Crucy 1785 erbaut, 1789 uon dem gleichen
Architekten derEours (früher
Place Eambronne) oollendet,
die unbedeutende Bepflan-
zung aber erst 1812 ange-
legt. Die abgerundete Place
Graslin oor dem Theater,
die in ihrer sorm roie auch
die schon um 1700 uon
niansarl angelegte halb-
runde Place d’armes üor
dem Hotel deVille uon Dijon
und die Place de l’Odeon
(1782) uon Paris (Rbb. 14)
am betten den damaligen
geringen Verkehr dies
HJoment darf bei der Be-
urteilung jener Pläne nicht
uergessen roerden — auf-
zunehmen schien, zeigt, roie
selbst unter einfachen Ver-
hältnissen die Geschlossen-
heit der Situation durch
Bindung uon Hauptbau und
nebenbauten erreicht roird,
ohne dal) der Eindruck eines Zroangs aufkommt, Hier
ist es das Rttikagesims, das in gleicher Höhe über das
Theater und die Platjroandungen hinroegzieht (Rbb. 8)
und noch für die Häuter des zroeiten Plaljes die Dach-
simslinie abgibt (Rbb. 16). Es ist der Ring, der alles
oereint, ohne zu fesseln, da aus dem beroegten Grundriß
Reichtum der Silhouette geroonnen ist. Eins aber kann
hier mit allem llachdruck ausgesprachen roerden: dafj es
eine kleinbürgerliche Binsenroahrheit ist, die geschlossene
Raumroirkung eines Platjes nur durch Versteckung oder
Überbauung der Straßenmündungen zu erreichen glaubt
und den „Turbinenplaß“ als stadtbaukünstlerische Er-
findung feiert. Sind die raumbildenden Funktionen eines
Plaßes nur stark genug, und es bedarf dazu roahrlich
geringer mittel, so ist eine tiefe Straßenperspektioe nur
eine Bereicherung. Die hier auslaufende gerade Rue
Racine ist über 300 m lang und roirkt selbst in der oon uns
geroählten Rnsicht nicht als das gefürchtete Coch. Solche
Strahlenstraßen nicht etroa Verkehrssternpläße der
heutigen französischen Stadtbaukunst nußen die Erschei-
nung der IJJonumentalbauten aus, gegen die sie geführt
sind. Die Place de l’Odeon (Rbb. 14) zeigt fünf solcher


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3. Rennes, Platjanlage, 1826.
 
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