Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 29.1913

DOI Artikel:
Voepel, Otto: Die neuen Königlichen Hoftheater in Stuttgart
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27734#0019
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
niax Eittmann, JTlünchcn

Kgl. Hoffheater in Stuttgart, Hauptanticht des Großen Hautes

Die neuen Königlichen Hoffheater in Stuttgart

Hierzu Tafel 20—25

In der Baugefchichte des deutfchen Theaters bedeutet die gleich-
zeitige Errichtung der beiden Kgl. Hoftheater in Stuttgart eine
nach mehr als einer Hinficht geroichtige lleuerung.

Die Entffehungsgekhichfe dietes Reubaues ilt kurz folgende:
Rachdem am 20. Januar 1902 das auf den Grundmauern des alten
Euffhaufes erbaute alte Hoffheater abgebrannt mar, rourde zunächff
auf einem geeigneten Grundttück ein Inferimstheater nach den Plänen
oon Eifenlohr &Weigle errichtet, und zroar in der erftaunlich
kurzen frift uom April bis 12. Oktober 1902. Damit coar Zeit zur
Klärung der fchroierigen Plafjfrage und zur Aufftellung des Programms
für den endgültigen neubau geroonnen. fürdiefen rourde aufTittmanns
Anregung non uornhereindieZufammenffellung eines grofjen und eines
kleinen Haufes in Ausfichf genommen. liftmann erhielt bereits im
Auguff 1902, alfo noch oor Vollendung des Interimstheaters, den Auf-
trag, „Vorprojekte eines Doppelhaufes mit 1400 bezro. 800 Siljplätjen“
aufzuftellen, um die „an ein folches Haus zu [feilenden Anforderungen
klären“ und einen „uorläufigen Koftennorankhlag“ aufftellen zu
können. Diefes Projekt rourde im februar 1903 eingereichf. Da
die Beroilligung der Geldmittel Schmierigkeiten uerurfachfe, rourde
im darauffolgenden Jahre oon littmann ein Projekt zu einem
Kompromiljhaufe mit 1600 Siljplätjen eingereichf. Jndeffen fielen
die Vorzüge eines Doppelfheafers fo fchroer ins Gereicht, dafj man
immer roieder zu diefer erften Jdee zurückkehrfe. So bearbeitete
Eittmann im September 1904 abermals ein Projekt für das Grafje
Haus und das fpäter anzubauende Kleine Haus. Inzroifchen
fauchten oon anderer Seite neue Projekte auf, die Beachtung oer-
dienten; die frage der Geldbefchaffung kam nur allmählich in
flufj, und oor allen Dingen oerzögerfe die Sorge um die benach-
barten Stuttgarter Bahnhofsanlagen die Entkheidung der Platjfrage
roefentlich. Auf Grund der inzroifchen geroonnenen Unterlagen
rourde endlich im frühjahr 1908 ein Wettberoerb unter roürttember-
gifchen Architekten ausgefchrieben, aufjer denen noch als imTheafer-
bauroefen befonders erfahrene Architekten Dülfer-Dresden, Eifen-
lohr &Weigle-Stuffgarf, Eiftmann-Rlünchen, Rlorifj-Köln und Schmitj-
Berlin befonders eingeladen wurden. Am 20. Oktober 1908 fiel
die Entkheidung: Eittmann erhielt den erften, IJJorif] den zroeiten,
Schmohl & Sfaehelin in Stuttgart den dritten Preis. Eittmann er-
hielt den Auftrag zur weiteren Ausarbeitung der Pläne.

Das Grofje Haus kriftallifierf fich um das Profzenium; deshalb
rourde zunächff der Raumbedarf für das Orcheffer ermittelt. Er

betrug 136 qm für die grofje Befetjung mit 106 lllufikern und
116 qm für die gewöhnliche Befetjung mit 76 lllufikern. Das
Orcheffer rourde oerfenkf angelegt, mit einem fog. Wagnerfchirm
und außerdem mit einem — im Prinzregententheater erffmals an-
gewandten — horizontalen Schalldeckel oerfehen, der, oor- und
rückroärts oerkhiebbar, die Aufgabe hat, in geroiffen fällen die
Tonmaffen des Orchefters zu „decken“. Durch horizontal oerkhieb-
bare, unter dem Parkett befindliche grofje Tafeln kann der Orcheffer-
raum oollftändig überdeckt und gleichzeitig Platj zur Aufftellung
weiterer Sitjgelegenheifen geroonnen werden, fo dafj bei Aufführung
großer Dramen der leere Raum des Orchefters roegfällf und nichts
mehr an ein Opernhaus erinnert.

Rach dem Vorgänge des JTlünchner Künftlertheaters, das im
Sommer 1908 durch Aufftellung der „Türme“ (das find feitlich
oerfchiebbare Einbauten zur Veränderung des Bühnenrahmens) eine
Reihe neuer Ringlichkeiten gefchaffen hatte, rourde ein oeränder-
licher innerer Profzeniumsrahmen aufgeftellf, der für das gröfjte
Bühnenbild eine Breite oon 12 m und eine Höhe oon 8,50 m, für
das kleinfte eine Breite oon 8 m und eine Höhe oon 5 m aufroeiff.

Von dem Profzenium aus ffeigt nun das Parkett im Verhältnis
oon 1:6,4 (=15,6%) an; es ift oöllig als Amphitheater durch-
gebildef, hat nur feitliche Ausgänge und lediglich rückroärts eine
kleine Eoge für Regiffeure. Der I. Rang zeigt in der Rütte die
grolje Königliche Galaloge, an die fich hinter 2 Sperrfitjreihen links
und rechts je 7 Eogen anreihen. Als Erfafj für Profzeniumslogen
liegen oor dem Profzenium rechts die Eogen für die RJajeffäfen,
diefen gegenüber Eogen für die Königlichen Prinzen und den Inten-
danten. Der II. Rang hat nur Sperrfitjreihen; oon ihnen find oorne
2 offene Eogen für die Rlitglieder der Königlichen Theater ab-
gefrennf. Der III. Rang erfcheinf lediglich als eine amphifheafralikhe
fortfefjung des II. Ranges und ift rechts und links flankiert oon
2 gekhloffenen Eogen für die Rlitglieder oon Chor und Ballett einer-
feits, für die Offizianten und Diener des Hofes andererfeits.

Im ganzen fafjf das Haus 1452 Sitjplätje, die fich in folgender
Weife oerfeilen: Parkett 729, I. Rang 126, Hoflogen 56, II. Rang 230
(einfchl. Künftlerlogen) und III. Rang 311 Siije.

Die Zugänge für die zu fufj Kommenden liegen im Portikus
an der Seefeite, mährend der Wagenoerkehr zur Vermeidung oon
Kreuzungen an die füdliche Seite — Schlofjgartenffralje — gelegt
ift. Die oier an die Aufjenfront gelegten Treppen für den II. und

flrchitektonilche Rundfchau 1015
 
Annotationen