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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 29.1913

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Behrendt, Walter Curt: Neuere Baukunst in Schlesien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27734#0062
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W. Wagner, Stadt- Goethepauillon

baurat in Glogau in Glogau

einer JTlitteilung des Katalogs „dem Stil derZeit des norigen Jahr-
hunderts angepafjt find“ und der fa als Gmpiregarten der letzte in
der Reihe der hiftorifchen Gärten fein fällte, roirkt mit feinem Pallas-
flthene-Brunnen, deffen fchöne figürliche und ornamentale Plaftik
oon dem Bildhauer Robert Bednorz gefchaffen ift, fchon ganz modern.

Von den neueren Gärten der umfangreichen Gartenbauausftellung
feien die fchönen Rofen- und Dahliengärfen, die helfen- und Stauden-
gärfen und der gefchickf angelegte, unter ITUtroirkung eines japani-
fchen Gärtners gefchaffene Japangarfen menigffens ermähnt.

Jn den Rahmen der Gartenbauausftellung ift eine kleine, forg-
fältig oorbereitefe friedhofausftellung einbezogen morden, die eben-
falls mehr durch ihre hifforifche Abteilung als durch die hier uer-
einigten modernen Ceiftungen zu intereffieren nermag. für die
neuzeitliche Abteilung hat der Architekt frilg Behrendt einen (roenig
befriedigenden) architektonifchen Rahmen gefchaffen: hinter einem
figurenbekrönten Torgebäude ziehen fich zu beiden Seiten eines
langgezogenen Rafenplatges die Gräberfelder, gerahmt non hohen
Taxushecken, hin. flach der Tiefe mird die Anlage durch ein kuppel-
bedecktes Ausffellungshaus abgefchloffen, in dem Photographien,
Pläne und lllodelle uorbildlicher alter und neuer friedhofsanlagen
unfergebrachf find. Den miffelpunkt der gefchichtlichen Abteilung
bildet eine alte oberfchlefifche Schrofholzkirche aus Kandrzin, die
mit prioater, ftaatlicher und ftädfifcher Beihilfe oon ihrem urfprüng-
lichen Standort, roo fie durch den Bau einer Gifenbahnlinie in ihrem
Beffande bedroht mar, auf das Ausftellungsgelände oerpflanzt
morden ift. Sie ift im Innern fehr gefchickt in der derben und
bunten Art dörflicher Dekorafionskunff durch Schüler der königlichen
Akademie für Kunff und Kunftgemerbe unter Ceitung des ITlalers
Pautfch ausgemalf morden. Gin kleiner, mit fchönen alten Grab-
fteinen und hölzernen und fchmiedeeifernen Kreuzen beftandener
Totengarten lehnt fich an die fchmucke Holzkirche an.

* *

Der bedeutende Gindruck, den die Breslauer Jahrhundertaus-
ftellung dem Befucher hinterläfjt, mird nicht zulefjt der oorzüglichen
Wirkung der architektonifchen Gefamtanlage und der hohen künff-

lerifchen Qualität der Ausftellungsbaufen oerdankf. Und es ift kein
Zroeifel, dafj die Eeiftungsfähigkeit, melche die Breslauer Archifekfen-
fchaft durch ihre tatkräftige ITUtroirkung an der Jahrhundertfeier ihrer
Stadt beroiefen haben, den Ruf diefer Kiinftlerfchar auch über die pro-
oinziellen Grenzen hinausfragen mird und dafj fie auf folche Weife oon
dem fchönen Grfolg diefes Sommers einen dauernden £ohn mird
daoontragen können.

Auch fonff beginnt fich in Schlehen ein junger, hoffnungsooller
Aachrouchs zu regen. Gs zeigt fich, dafj die ehrbaren Werkftatf-
tradifionen des Baugeroerbes neu begriffen und in erfolgreicher Weife
roieder roirkfam gemacht merden. Jn den Arbeiten der jungen
Architekten fieht man einen geläuterten Sinn für das Wefen der
architektonifchen form fich bekunden, und man ftellt mit Genugtuung
feff, dafj die Baukunft hier roieder eine allgemeingülfige Konoention,
eine Art Kanon felbffoerftäncilicher Proportionen gefunden hat, deren
Befit3 eine Zeit, auch roenn fie arm an eigentlich fchöpferifchen Be-
gabungen ift, zu feinen rhythmifchen und oft fehr klangoollen
Teiffungen befähigen kann, roie das häufig angeführte Beifpiel der
Gpoche um 1800 lehrt.

Diefe neue Baugefinnung tritt deutlich und mH erfreulicher
Ginheitlichkeit an den Arbeiten zutage, die als Proben moderner
fchlefifcher Architektur in der Deutfch-nationalen Architekturabteilung
zu fehen find, die in die befonderen Deranftaltungen der Grofjen
Berliner Kunftausffellung diefes Sommers einbezogen morden ift.
Die Architekten Gffenberger und Schmidthenner find hier mit einer
Reihe ausgezeichneter Kleinroohnungshäufer oertreten, die eine
tüchtige Handroerkergefinnung, einen redlichen Willen für Qualitäts-
leiffung und die Rillen Wirkungen eines ficher gefchulten Proportions-
gefühls deutlich erkennen Iahen. Auch der Rame des Glogauer Stadt-
baurats W. Wagner, uon dem auf Tafel 164—170 Arbeiten gezeigt
roerden, ift in diefem Zufammenhang zu nennen. Rlan fpürt allent-
halben, es find nicht geringe Kräfte, die die fchlefifche Architektenfchaft
in dem Kampf um die Gefundung unterer Baukultur einzufetzen hat.

W. Wagner, Stadtbaurat in Glogau Grabmal

flrchitcktonitche Rundlchau 1915
Seite 52
 
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