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Die Berliner Großmarkthalle.

Der Krieg, welcher eine Sammlung der ganzen deutschen Volkskraft zum Wirken
in einer Richtung notwendig gemacht hat, läßt uns die ungeheuere Lebenskraft des Volkes,
wenn sie auch im Wirtschaftsleben schon vorher mächtig zum Ausdruck gekommen ist,
in bisher nicht dagewesener Klarheit erkennen. Daß aber unser gesamtes Wirtschafts-
leben sich in der kürzesten Zeit den ungeheueren Anforderungen des Krieges anpassen
konnte, war nur deshalb möglich, weil schon vorher alles nach einer Sammlung hindrängte,
Auf allen Wirtschaftsgebieten entstanden große Gesellschaften, die viele Betriebe ver-
einigten. Nicht nur die Arbeiter, sondern auch die Arbeitgeber organisierten sich fast aus-
nahmslos. Für den Handel wurden einheitliche Tarife beschlossen und durchgekämpft
ebenso wie für die Landwirtschaft, In staatlichen und städtischen Verwaltungen vollzog
sich die Zusammenlegung großer Wirtschaftszweige. Die höchste Ausnutzung der Kräfte
und deren Nutzbarmachung für alle Schichten der Bevölkerung wurde durch Zentralisation
überall angestrebt. Die großen Finanzinstitute, in denen sich die Hauptfäden dieser Samm-
lung treffen, schließen ihrerseits wieder Schutz- und Trutzbündnisse.

Einen besonders bildhaften Ausdruck aller dieser Bestrebungen stellt die Entwicklung
unserer Baukunst dar. Die großen staatlichen und städtischen Verwaltungsgebäude, die
Gebäude für Versicherungs- und Handelsgesellschaften, die großen Kaufpaläste und Bank-
bauten sind ebenso der Ausdruck dieser unaufhaltsam fortschreitenden Entwicklung zur
Zusammenfassung, wie die großen Bahnhofsbauten, die Ausstellungsgebäude und Markthallen.

In demselben Verhältnis wie die Verkehrsmittel, Eisenbahnen, elektrische Hoch- und
Untergrundbahnen, elektrische Straßenbahnen und Autoverkehrsmittel anwachsen, ver-
schwinden auf allen Wirtschaftsgebieten die kleineren Einzelanlagen.

Auch der Wettbewerb für die Berliner Großmarkthalle ist aus dieser Entwicklung
hervorgegangen. So sieht man die in den einzelnen Vierteln der Großstadt liegenden
Markthallen mehr und mehr verschwinden. Erreicht man doch, bequem in der Schnell-
bahn sitzend, unter Umständen eine Großmarkthalle schneller, wie die Halle eines Viertels,
der man zu Fuß auch bei schlechtem Wetter zustreben muß. Nur bei einer zentralen
Großanlage lassen sich die Vorteile der direkten Zufuhr zu Wasser und mit der Eisen-
bahn voll erreichen, und in vorteilhaftesterWeise nur die einmalige Verwaltung für Zölle,
Eisenbahnen, polizeiliche Untersuchung, Post und Banken anlegen. Ist man sich sonach
über die Bedeutung der Aufgabe, welche der Magistrat Berlin den fünf zum Wettbewerb
aufgeforderten Architekten gestellt hat, klar geworden, so hat man zugleich einen guten
Maßstab für die Beurteilung der geforderten Lösung an der Hand.

Diesem Sinne entsprechend hat Hermann Jansen für seine mit dem ersten Preise
gekrönte Arbeit das Kennwort „Zentral-Platz“ gewählt. In richtiger Auswertung der
konsequenten Gedankenarbeit, die jedem künstlerischen Schaffen vorhergehen muß, wird

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