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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0015

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VORWORT

Eines der großen Bildungserlebnisse, die Rom in verschwenderischer und verborgener Fülle bereithält,
wird dem aufmerksamen Betrachter zuteil, wenn er das Treppenhaus des Palazzo Mattei betritt und auf
jedem Absatz vor einem der mächtigen in die Wand eingelassenen und mit Stuckrahmen eingefaßten Sarkophag-
reliefs stehen bleibt. Gerhart Rodenwaldt1 hat erneut auf dieses schon in den Monumenta Mattheiana2
hervorgehobene Anschauungserlebnis hingewiesen und es zum Ausgangspunkt seiner Untersuchung der
Kunst des 3.Jahrhunderts n.Chr. gemacht. Er glaubte, hier den Schlüssel zur Kunst dieses für den Übergang
von der klassischen Antike zum Mittelalter entscheidenden Jahrhunderts gefunden zu haben.
Dieser Prozeß, der die Welt von Grund auf verändern sollte, hat nirgendwo anschaulicher seine Spuren
hinterlassen als in den Reliefs der römischen Sarkophage. Diese Kunst im Angesicht des Todes war es,
in der die Gedanken, die das Zeitalter beherrschten, offenbar werden mußten. Die Nachfahren haben dies
nicht völlig in Vergessenheit geraten lassen. Wenn sie auch die anderen großen Zeugnisse einer immer
erneuten Beschäftigung der Kunst mit dem Ewigen nicht vollends vergehen ließen, so haben die Menschen
bei den römischen Reliefsarkophagen ein übriges getan. Wie bei kaum einer anderen antiken Kunstgattung
haben sie sich des Ausdrucks der Verewigung versichert, den die Sarkophage vermitteln, und durch alle
Jahrhunderte hin haben sie sich an dieser oder jener Stelle einen altbekannten oder neugefundenen Sarkophag
zu eigen gemacht und mit Ehrfurcht gehütet.3

Einen besonderen Platz nahmen dabei die Löwenjagdsarkophage ein, von denen mehr Exemplare als dies
bei anderen stadtrömischen Gattungen der Fall ist, zu Grablegen von Heiligen und bedeutenden Persönlichkei-
ten gemacht wurden und auf diese Weise der Zerstörung entgingen. Besonders erwähnt seien die Sarkophage
in Reims, Deols, Beziers, Gerona, Ferentillo, Osimo und S. Elpidio, die in Krypten oder Presbyterien
aufgestellt wurden. In Pisa befinden sich unter den im Campo Santo Monumentale wiederverwendeten Sarko-
phagen auch zwei mit Jagddarstellungen. Kaiser Friedrich IL von Hohenstaufen ließ seine Gattin Konstanze
von Aragon in einem Löwenjagdsarkophag bestatten, der in der Kathedrale von Palermo Aufstellung fand
und bei dieser Gelegenheit überarbeitet wurde. Die Bedeutung, die man im Mittelalter den Löwenjagdsarko-
phagen beimaß, geht besonders eindrucksvoll aus dem Beschluß des Rates der Stadt Viterbo hervor, die
schöne und standhafte Galiana, die 1138 ihr Leben für die Stadt geopfert hatte, in einem antiken Löwenjagdsar-
kophag zu bestatten, der vor der Front der Kirche S. Angelo am zentralen Platz der Stadt aufgestellt
wurde. Ein Beispiel für die Wertschätzung gerade der Löwenjagdsarkophage ist auch ihre Anbringung
an herausragender Stelle in den Fassaden römischer Paläste.

In einem gewissen Gegensatz zu der Bedeutung, die man besonders den Löwenjagdsarkophagen in Mittelalter
und Renaissance beimaß, steht ihre Behandlung in der wissenschaftlichen Literatur. Das liegt offenbar nicht
nur daran, daß das Material, dessen Publikation im Corpus der antiken Sarkophagreliefs sich Gerhart Roden-
waldt vorbehalten hatte, zunächst blockiert war. G. Rodenwaldt schied 1945 aus dem Leben, ohne sein
Werk vollendet zu haben. Wie weit seine Vorarbeiten gediehen waren, konnte bisher nicht genau festgestellt
werden, da es nicht möglich war, den in der Bibliothek des Pergamonmuseums in Ost-Berlin deponierten
Teil des Nachlaßes Rodenwaldts einzusehen. Allerdings ist Rodenwaldt nach seinen grundlegenden Aufsätzen
über das Thema der Jagdsarkophage von 1921/22, 1928, 1935/36, 1936 in einer seiner letzten, postum
veröffentlichten Schriften 1944 noch einmal darauf zurückgekommen, so daß man annehmen darf, den For-

1 Rodenwaldt (1936).

2 Venuti-Amaduzzi III (1778) y6f. - Vgl. L. Guerrini, Sculture del
Palazzo Mattei, StudMisc 20 (1971/72) yf.

I I

3 J. Ragusa, The Reuse and Public Exhibition of Roman Sarcophagi
during the Middle Ages and the Early Renaissance (1951)-
 
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