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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0022

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1.1. DER VENATORSARKOPHAG LEPRI-GALLO

datierten Sarkophags in seiner stilistischen Umgebung zu erklären. Wirklich greifbar sind diese Vorbilder
nicht. Vielmehr läßt sich die Entwicklung der Motivgeschichte, die zur Gestaltung des Sarkophags (Kat. 126,
Taf. 23,2) führte, auf den Denkmälern selbst Schritt für Schritt verfolgen, wie dies zuerst beim Symposion
über die antiken Sarkophagreliefs in Marburg im Jahre 197033 zu begründen und 1973 in einer Übersichtstafel34
darzustellen versucht wurde.

1.1. DER VENATORSARKOPHAG LEPRI-GALLO IN ROM

Eine Schlüsselstellung in dieser Entwicklung nimmt der sogenannte Venatorsarkophag (Kat. 164, Taf. 1,1)
im ehemaligen Palazzo Lepri-Gallo, jetzt im Hof des Hauses Via della Croce 78 A, Rom, ein35. Er soll
deshalb am Anfang der Untersuchung stehen, obwohl er nicht ein Jagdsarkophag im engeren Sinn ist,
sondern in ASR III 2, 218 Nr. 179 unter den Hippolytossarkophagen behandelt wurde, beziehungsweise
in ASR XII wieder erscheinen wird.

Der Sarkophag stellt insofern ein Unikum dar, als er mitten in die typische Figurenfolge eines mythologischen
Hippolytossarkophags einen nicht nur durch das Porträt, sondern auch durch die charakteristische Berufsklei-
dung eines Venators als bestimmte, reale Persönlichkeit gekennzeichneten Mann stellt. Wie bei den übrigen
Hippolytossarkophagen ist das Frontrelief durch die Andeutung eines Torbogens in die Eberjagdszene rechts
und in einen linken Bildabschnitt unterteilt. Auf den eigentlichen Hippolytossarkophagen36 begegnet hier,
in der linken Bildhälfte, regelmäßig die Doppelszene, die links Phaedra in ihrem Liebesschmerz auf dem
Throne zeigt und rechts von ihr die Amme, welche Hippolytos den Liebesbrief überbringt. Durch diese
Szenenfolge ist der Sinn des Sarkophagschmucks prägnant zum Ausdruck gebracht: Der von Virtus begleitete
Held zieht als furchtloser Jäger den ungerecht erlittenen Tod den Verlockungen unrechtmäßiger Liebe und
der Schande eines Verrates an seinem Vater vor. Dieser Sinn, der ganz allgemein das Ideal heroischen
Lebens vor den Betrachter hinstellt, unterscheidet sich um einige Nuancen von dem der beiden anderen
mythologischen Eberjagden des Adonis3' und des Meleager38, aber auch hier ist die Verbindung von Jagd,
Liebe und Tod für die Beliebtheit des Themas entscheidend. Gleichwohl scheint die bestimmte Nuance,
die den Hippolytosmythos auszeichnet, nicht das Gefallen des Venators gefunden zu haben, der sich auf
dem Sarkophag (Kat. 164, Taf. 1,1) verewigen lassen wollte. Jedenfalls hat er den Sinn der linken Szene
nicht nur durch die Einführung seiner in realistischer Berufskleidung auftretenden, mit einem Porträtkopf
ausgestatteten Person verändert, er hat vielmehr die sonst übliche vielfigurige Doppelszene durch eine Gruppe
von drei Personen ersetzen lassen. Am linken Rand erscheint Diana in kurzem Jagdgewand, mit Stiefeln
und einem Köcher auf dem Rücken. Sie wird von einem Hund begleitet. Zu ihren Füßen liegt als Jagdbeute
eine Löwin. Mit der Linken stützt sie sich auf ihren Jagdspeer, die Rechte legt sie dem vor ihr stehenden
Mann zum Abschied auf die Brust. Wie A. Kalkmann39 erkannt hat, trägt der Mann die unverkennbare
Tracht eines römischen Circusmatadors, eines sogenannten Venators40: Kurze Ärmeltunica mit einem fünfmal
um den Leib gewickelten Gürtel und Gamaschen, die durch schräg gesetzte, in einer Spitze über dem
Schienbein zusammenlaufende Kerbschnitte angedeutet sind. Diese Figur sollte von Anfang an als Venator
dargestellt werden und wurde nicht aus einer ursprünglich unbekleideten Figur nachträglich durch oberfläch-
liche Meißelhiebe in einen mit eng anliegendem Gewand bekleideten Tierhetzer der Arena umgewandelt,
wie man vielleicht wegen des durch das Gewand hindurchgebohrten Bauchnabels annehmen könnte. Daß
die Darstellung des Venators zur originären Planung gehört, erweist die Wiedergabe des Tuches in der
herabhängenden Rechten des Mannes, das aus dem ursprünglichen Marmorblock herausgehauen und nicht
etwa später angestückt ist. Es handelt sich um das sagumAX, ein der Muleta spanischer Stierkämpfer unserer Zeit

Andreae (1971).

Andreae (1973) Abb. 580-594.

Robert, ASR III 2, 218 Nr. 179. - Pelikan (1965) 104. - Reschke
(1966) 36zf. 365. 391 Nr. 31 Abb. 43. 45. - Andreae (1971) 120.
- Andreae (1973) 313. 488 Abb. 584. - Lawrence (1976) 176. -
Jung (1978) 343fr. Abb. 9-11.
Robert, ASR III 2 Nr. 164-173.
s. Anm. 21.

s. Anm. 23.

A. Kalkmann, Über Darstellungen der Hippolytossage, AZ 41,
1883, 77ff.

Daremberg-Saglio V (191 2) 709-711 s.v. venator (G. Lafaye). -
RE IX (1916) 558-604 (Orth) s.v. Jagd. - Der kleine Pauly V
(1975) 11 63 f. s.v. Venatio 2. (W.H. Gross). - Vgl. u. Anm. 340.
Plinius N.H. 8, 54.

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