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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0031

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1.4. WEITERE FRÜHE LÖWENJAGDSARKOPHAGE

Vorzeichen des nahenden Todes, das Kaiser Hadrian nach dem Bericht der Historia Augusta105 zuteil wird.
Item somniavit a leone se oppressum esse. Dabei ist nicht entscheidend, ob Hadrian wirklich träumte, er sei
von einem Löwen überwältigt worden. Wichtig ist, daß auch in der Spätantike der Löwe ohne weiteres
als Bild des Todes verstanden werden konnte.

Die Ersetzung des Ebers durch den Löwen auf den monumentalen Grabdenkmälern des 3.Jahrhunderts
n.Chr. ist also nicht ein Eindringen echt realistischer Züge in die mythologische Sarkophagkunst, so daß
man mit G. Rodenwaldt bei dem vom Löwen Niedergeworfenen von einem barbarischen Jagdhüter aus
»der Landschaft an den Grenzen des Imperiums, in der die Jagd stattfindet« lt)6, sprechen könnte. Auch
wenn man später vielleicht nicht mehr an den zu Tode verwundeten Adonis dachte, von dem diese Figur
abgeleitet ist, so bleibt doch soviel klar, daß es sich nicht um ein unmittelbar realistisches Detail handelt.
Diese Jagd findet realiter überhaupt nicht statt, sie ist ein Bild der Gewalt des Todes, die durch Virtus
überwunden wird. In der Gegenüberstellung des vom Löwen Getöteten und des über den Löwen Triumphie-
renden wird die Unerbittlichkeit des irdischen Todes und die Hoffnung auf einen Sieg über den Tod eindrucks-
voll vorgetragen.

Die motivgeschichtliche Ableitung läßt offenbar werden, daß der Inhalt der entmvthisierten Löwenjagdbilder
nur scheinbar realistisch, in Wahrheit aber symbolisch ist. Diese scheinbare Diskrepanz zwischen realistischem
Jagdgeschehen und symbolischem Inhalt führt nun zu der großartigen Entwicklung einer neuen, monumenta-
len Bildform und eines ihr adäquaten Stils, die man in den großen Löwenjagdsarkophagen seit gallienischer
Zeit sich vollenden sieht.

1.4. WEITERE FRÜHE LÖWENJ AGDSARKOPH AGE

Der Beginn dieser Entwicklung, der sich in den drei bisher betrachteten Sarkophagen so klar abzeichnet,
gewinnt an Farbigkeit und historischer Dimension, wenn man auch diejenigen Sarkophage und Sarkophagfrag-
mente mit Jagddarstellungen aus der gleichen Zeit, d.h. aus den zwanziger und dreißiger Jahren des 3. Jahrhun-
derts heranzieht, die nicht unmittelbar in diese Entwicklung einzuordnen sind, entweder weil ihr fragmenta-
rischer Zustand eine solche Einordnung nicht zuläßt oder weil sie einen anderen Bildtypus vertreten.
Es wurde zu zeigen versucht, daß der Sarkophag im Louvre (Kat. 65, Taf. 1,3) das älteste im ganzen erhaltene
Sarkophagrelief mit der kanonischen zweiszenigen Löwenjagd darstellt. Die Frage ist, ob er deshalb der
erste überhaupt sein muß und demnach den Archetypus selbst darstellen könnte. Das ist ganz unwahrscheinlich,
denn es gibt einige Fragmente, die zu Sarkophagen des gleichen Typus gehören könnten und allem Anschein
nach früher entstanden sind als der Sarkophag im Louvre (Kat. 65, Taf. 1,3; 4; 5).

1.4.1. Der Sarkophag im Belvedere des Vatikan

An erster Stelle zu nennen ist hier ein im rechten und im unteren Teil ergänztes Sarkophagrelief im Belvedere
des Vatikan (Kat. 213, Taf. 7,3), das, soweit der antike Bestand reicht, die gleiche Figurenfolge zeigt, nämlich
von links nach rechts Pferdeführer mit Vogelkopfhelm, Sarkophaginhaber im Aufbruch, hier nach den erhalte-
nen Resten mit Panzer und Paludamentum ergänzt, Hintergrundsfigur eines Begleiters, der ihn intensiv
anschaut, nach rechts eilende Virtus, Jagdherr zu Pferde und Treiber zu Pferd, von dem nur noch ein
Stück des wehenden Mantels erhalten ist. Alles Übrige ist ergänzt. Es ist also nicht einmal sicher, ob
ein Löwe das Jagdtier bei diesem Sarkophag war. Unter dem Pferd des Jagdherrn sieht man vor seinem

HA, Hadrianus 26,10. Den Hinweis auf diese wichtige Literatur-
stelle verdanke ich C. Reinsberg. J. Straub teilt mir freundlicherwei-
se die einzige wissenschaftliche Äußerung dazu mit: B. Mouchovä,
Omina mortis in der Historia Augusta, Bonner Historia-Augusta-
Colloquium 1968/69 (1970) Antiquitas, Reihe 4, Bd. 7, 115: »Be-
merkenswert ist das Motiv eines Löwen, von welchem der Kaiser
niedergeworfen wurde. Die unheilvolle Bedeutung dieses Vorzei-
chens tritt besonders klar hervor, wenn man einige auf den Kontor-
niaten vorkommende Szenen vor Augen hat. A. Alföldi, Die Kon-
torniaten (1945) 117 Nr. 120. Vgl. Nr. 117-1 19, führt unter den
das sieghafte Kaisertum und den sieghaften Kaiser verherrlichenden

Kontorniaten folgenden Typus an: >Kaiser mit erhobener Rechten
reitet über einen Löwen hinweg.< Die Symbolik des Traumes Ha-
drians wird aufgrund des Vergleichs mit diesem Typus von Kon-
torniaten offensichtlich.«

Ich möchte demgegenüber lieber den Anregungen von J. Straub
folgen, der empfiehlt, den Löwen nicht nur als ammal renale (HA,
Hadrianus 5,6) zu sehen, das vor allem dem jagdfreudigen Hadrian
angemessen ist (vgl. HA, Hadrianus 2,1 und 26,3), sondern, wenig-
stens nebenbei, daran zu denken, daß in der Arena Gladiatoren
und Christen von Löwen getötet wurden.
Rodenwaldt (1936) 84.

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