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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0046

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2. DIE MONUMENTALEN LÖWENJAGDSARKOPHAGE
UND IHRE VOLLENDUNG IN DER GALLIENISCHEN KUNST

MIT BEILAGE A-D

Gegenüber den vier im letzten Kapitel behandelten Sarkophagen mit ihrer großen Variationsbreite, die
neben dem kanonischen Löwenjagdsarkophag Borghese im Louvre (Kat. 65, Taf. 1,3) entstanden, wirken
die an diesen anschließenden monumentalen Löwenjagdsarkophage erstaunlich einheitlich. Allerdings teilt
die Entwicklung sich alsbald in zwei Stränge. Der zweiszenige Sarkophagtypus stellt die geradlinige, im
Motivschatz nur wenig, aber sehr konsequent veränderte Fortsetzung der einmal gefundenen Bildkomposition
dar und soll deshalb zuerst behandelt werden. Der andere, einszenige Typus spaltet sich aus Gründen,
die schon kurz gestreift wurden179, aber noch ausführlicher zu untersuchen sind, vom Hauptstrang ab und
macht eine nicht weniger konsequente, über mehr als eine Generation hin zu verfolgende Entwicklung
durch, die im Anschluß an die Behandlung des zweiszenigen Typus betrachtet werden soll180.

2.1. DIE ZWEISZENIGEN LÖWENJAGDSARKOPHAGE

Es kommt nun darauf an, die Möglichkeit zu nutzen, welche die Nebeneinanderstellung der vier bedeutendsten,
weitgehend vollständigen Sarkophage des zweiszenigen Typus auf einer Doppeltafel (Taf. 12.13) bietet. Denn
letzten Endes kann man das, was in der Kunstentwicklung der Sarkophage um die Mitte des 3. Jahrhunderts
bis in die Zeit der Alleinherrschaft Galliens vor sich gegangen ist und was in diesen vier Sarkophagen
ebenso wie in den fünf auf Tafel 22 und 23 zusammengestellten Sarkophagen dokumentiert ist, nur durch
die Betrachtung der Denkmäler selbst, das heißt durch Anschauung erfahren. Worte können diesen Vorgang
nicht erfassen, sondern nur eine Anleitung zum Sehen sein.

2.1.1. Der Sarkophag Rospigliosi-Pallavicini

Im Sarkophag Rospigliosi (Kat. 131, Taf. 12,1 ; 14,1.2; 19,1.2) hat der Bildhauer eine ihn offenbar irritierende
Einzelheit des kanonischen Typus der Löwenjagdsarkophage zu korrigieren versucht, wie ihn der Sarkophag
Borghese im Louvre (Kat. 65, Taf. 1,3) repräsentiert. Durch die Fortlassung des Torbogens, der auf den
mythologischen Sarkophagen die beiden Szenen des Aufbruchs und der Jagd trennt, war die nach rechts
eilende Virtus unmittelbar zwischen die beiden Hypostasen des Grabinhabers als >Jäger im Aufbruch < und
als > Löwenjäger zu Pferde< geraten, und es war nicht mehr klar, ob sie etwa nur zu der einen Hypostase
gehörte. Der Bildhauer stellte Virtus deshalb frontal zwischen die beiden Erscheinungsformen des mit dem
gleichen Porträt ausgestatteten Sarkophaginhabers. Dabei bediente er sich eines älteren Typus, nämlich der
Diana der Meleagersarkophage, zum Beispiel des in der gleichen Werkstatt entstandenen Meleagersarkophags
in Pisa181. Dieser Typus kann selbst auf eine längere Motivgeschichte zurückblicken. Die frontal gestellte
und heftig bewegte Virtus, wie der Sarkophag Rospigliosi (Kat. 131, Taf. 12,1) sie bietet, vermittelt zwischen
dem nach links ausschreitenden Grabinhaber im Aufbruch und dem nach rechts reitenden Jagdherrn.
Diese Figurenanordnung, die sich auch noch nicht als die endgültige Lösung des Problems erweisen sollte,
welches durch das Zusammenrücken der Aufbruchs- und der Jagdszene entstanden war, kam dem auf lebhafte,
starke Bewegung ausgerichteten Temperament des Schöpfers dieses gewaltigen Sarkophags entgegen. Alle
Figuren sind von dieser Bewegtheit erfaßt; auch das Pferd, das dem Jagdherrn durch den in der Nachfolge

179 s. Kap. 1.4.3. 181 Koch, ASR XII 6 Nr. 27 Taf. 10.

180 s. Kap. 2.2.

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