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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0101

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die entgegen dem Vorschlag von Gullini445 seit der Identifizierung durch H. Kahler446 zu Recht als Sockel
des Arcus Novus aus dem Jahre 294 n.Chr. gelten447. Aufschlußreich ist der Vergleich zwischen dem Kopf
des langlockigen Dioskuren (Taf. 69,1) am linken Rand und dem des Dioskuren vom rechten Bobolisockel
(Taf. 69,2). Die unter dem eiförmigen Pilos hervorquellende Haarmasse ist durch große Bohrschnecken
weniger aufgelockert als vielmehr mit einem starren, zu Spiralen aufgerollten Liniengefüge überzogen, wobei
die Bohrpunkte in den Lockenenden als dunkle Tupfer unregelmäßig über die Masse verteilt sind. Die
Manier ist nächstverwandt, und diese Verwandtschaft bestätigt sich auch, wenn man die vollkommen ovale
Kopfform und die Augenbildung mit dem durch eine Rille gegen die Fläche der Stirn vertieften Orbitalmuskel
vergleicht. Unmittelbar vergleichbar sind auch die eigentümlicherweise behelmten Köpfe der Jäger (Taf. 69,3)
mit dem Kopf des ebenfalls einen Helm tragenden Soldaten in der Gefangenenvorführung des anderen
Sockels (Taf. 69,4). Nicht nur die Form des Helmschmucks, der in zwei kurzen, wippenden Büscheln nach
vorn und hinten auseinanderfällt,auch der durch Spitzung angegebene Bart ist sehr ähnlich. An der Gleichzei-
tigkeit der beiden Werke ist nicht zu zweifeln.

Damit ist ein wichtiger chronologischer Fixpunkt gewonnen, der eine Datierung der beiden anderen Sarko-
phage mit ähnlicher Komposition (Kat. 32, Taf. 55,2 und Kat. 19, Taf. 55,3) zuläßt. Sie erweisen sich in
ihrer Stilstufe als später und gestatten, die fortschreitende Stilentwicklung in tetrarchischer und frühkonstanti-
nischer Zeit zu verfolgen.

Allerdings scheint das Porträt des Jagdherrn auf dem Sarkophag in Pisa (Kat. 69, Taf. 68,1), dessen Entstehung
im letzten Jahrzehnt des 3.Jahrhunderts nach dem Vorausgehenden gesichert ist, erst etwa 20 bis 30 Jahre
später ausgearbeitet worden zu sein als das Frontrelief. Die lange Gesichtsform mit den hohen Wangenknochen,
die doch in das Oval eingebunden sind, die übergroßen Augen, das füllige in die Stirn gekämmte Haar,
die hoch ansitzenden Ohren sind Charakteristika des jugendlichen Konstantinsporträts448. Da man die Reste
der Bosse, aus der das Porträt gehauen wurde, noch deutlich erkennen kann, bietet die Annahme einer
späteren Ausarbeitung kein besonderes Problem. Der trotz der verriebenen Oberfläche deutliche Stilunter-
schied zwischen den Köpfen der übrigen Figuren und dem Porträtkopf spricht ebenfalls für dessen spätere
Ausarbeitung. Die Köpfe der Jäger und der Dioskuren sind pausbäckig und rund, ihre Augen sind schmal,
die Ohren sitzen tiefer als die Linie der Augen. Dieser Unterschied im Bau der Köpfe bestätigt noch
einmal die vorkonstantinische Datierung des Sarkophages in Pisa (Kat. 69, Taf. 55,1).

4.2.2. Der Sarkophag in Gerona

Bei einem Vergleich des motivisch nah verwandten Sarkophags in Gerona (Kat. 32, Taf. 55,2; 70; 71) mit
dem in Pisa (Kat. 69, Taf. 5 5,1) kann man an die Beobachtung des Stilunterschiedes zwischen dem Porträtkopf
und den übrigen Köpfen des Pisaner Sarkophages anknüpfen. Denn der gleiche Unterschied besteht auch
zu allen Köpfen des Sarkophages in Gerona: Jagdherr, Jäger und Virtus haben nicht mehr den pausbäckigen,
runden Kopftypus tetrarchischer Zeit, sondern den langovalen mit den hohen Wangenknochen, den weit
geöffneten Augen und den auf der Linie der Augen hoch ansitzenden Ohren wie das konstantinische Porträt
des Pisaner Sarkophages. Während bei diesem aber der Unterschied zwischen den Sarkophagfiguren und
dem Porträt auf eine spätere Ausarbeitung des letzteren hinweist, wirkt bei dem Sarkophag in Gerona
der Kopftypus aller Figuren einschließlich des in seiner Porträthaftigkeit nur durch die Bartform hervorgehobe-
nen Jagdherrn gleich. Das heißt, daß man den Sarkophag in Gerona als ganzes etwa zwei Jahrzehnte
später datieren muß als den Pisaner.

In der Tat kann man zwischen den beiden Sarkophagen eine ähnliche Stilentwicklung feststellen wie zwischen
dem tetrarchischen Sarkophag in Spoleto (Kat. 208, Taf. 54,2) und dem .konstantinischen in S. Elpidio
(Kat. 204, Taf. 54,3).

Auch motivgeschichtlich ist eine Weiterentwicklung festzustellen. Die klare Komposition des Pisaner Sarkopha-
ges ist auf dem im Verhältnis niedrigeren und längergestreckten Sarkophag in Gerona (Kat. 32, Taf. 55,2)
durch die Fortlassung der rahmenden Dioskuren und durch die Einfügung neuer oder aus anderen Kompositio-

5 Gullini (i960) 37-5 5. 447 Vgl. zuletzt H.P. Laubscher, Arcus Novus und Arcus Claudii,

446 H. Kahler, Zwei Sockel eines Triumphbogens im Boboligarten Zwei Triumphbögen an der Via Lata in Rom, NachrAkGött 3,

zu Florenz, 96 BWPr (1936). (1976) 70. ioiff.

448 Vgl. Anm. 428.

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