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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0114

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4.4. WEITERE SARKOPHAGE TETRARCHISCHER ZEIT

4.4. WEITERE SARKOPHAGE UND SARKOPHAGFRAGMENTE TETRARCHISCHER ZEIT

Mit den sechs oder sieben Sarkophagen 520 aus der Werkstatt des Kinderlöwenjagdsarkophages San Callisto
kann man die Stilentwicklung im letzten Viertel des 3.Jahrhunderts, das heißt von der Zeit der letzten
Senatskaiser über die frühen Herrschafts jähre Diokletians bis in die Tetrarchie hinein nachvollziehen und
die vorerst unaufhaltsame Verrohung der Form verfolgen, der erst die neue Kulturpolitik Konstantins d.
Gr. Einhalt gebietet521.

In diese Zeit der Stilverrohung scheinen auch einige Jagdsarkophage zu gehören, die hier angeschlossen
werden sollen, weil sie gewisse allgemeine oder auch bestimmte Einzelzüge mit den Sarkophagen der zuvor
betrachteten Werkstatt gemeinsam haben, ohne daß man sie eindeutig dieser Werkstatt selbst zuweisen
könnte.

Ihre stilistische Zusammengehörigkeit geht aus folgenden gemeinsamen Einzelheiten hervor. Die Sarkophage
sind alle etwa gleich groß, rund zwei Meter lang und zwischen 0.56 und 0.58 m hoch. Sie verbinden die
Löwenjagd in den beiden rechten Dritteln mit einer weiteren Jagdszene, die jeweils variiert wird, im linken
Drittel. Das dürfte auch beim Sarkophag in Hever Castle (Kat. 35, Taf. 81,2-3) der Fall gewesen sein,
dessen linkes Randstück in einer Breite von 13,6 cm ergänzt ist. An der ganzen Länge des Sarkophags
fehlen 0,70 bis 0,80 m, das heißt etwa ein Drittel, das mit einer eigenen Jagdszene ausgefüllt war. Bevorzugt
wird die Eberjagd, aber auf dem Sarkophag in der Via Condotti (Kat. 162, Taf. 80,1) wird links noch
eine zweite Jagd auf Löwen dargestellt. Dieser Sarkophag ist auch durch andere Eigenheiten stärker von
den drei anderen abgesetzt. Es ist der einzige dieser ganzen Gruppe, auf dem der Löwenjäger einen Panzer
trägt. In der Handwerkstechnik weicht er durch stärkere Benutzung des Bohrers bei den Löwenmähnen
ab, die auf den drei anderen Exemplaren nur mit dem Meißel bearbeitet sind. Die Gewandfalten wirken
etwas lockerer als bei den anderen Stücken. Sie scheinen im Wind zu wehen. Das dürften die Gründe
sein, weshalb A. Vaccaro Melucco522 eine Datierung dieses Sarkophages in das Jahrzehnt 270-280 vorgeschla-
gen hat. Sie hat aber schon darauf hingewiesen, daß die Einwirkung des Wassers, dem der als Brunnentrog
aufgestellte Sarkophag seit langer Zeit ausgesetzt ist, die tiefen Furchen des Reliefs akzentuiert, die Unbe-
stimmtheit der Oberfläche übertreibt und den Charakter der Formauflösung noch dramatischer erscheinen
läßt, als dies durch die angewandte Technik beabsichtigt war. In der Tat kann man hinter dieser durch
die Verwitterung bedingten Formauflösung noch die Erstarrtheit der tetrarchischen Formgestaltung erkennen
und viele Züge des charakteristischen pointillistischen Stils entdecken, wenn auch auf ziemlich niedrigem
Qualitätsniveau: Die Kopfform des Jägers mit Schild am linken Rande, die einzelnen Bohrtupfer in den
für diese Sarkophaggruppe typischen Bäumen, die tiefliegenden Augen der Löwen sind Züge, die eine
frühere Datierung als an der Wende des 3. zum 4.Jahrhundert n.Chr. ausschließen. Dazu gehört auch
eine Einzelheit, die sich erst in tetrarchischer Zeit aus Ansätzen in nachgallienischer Zeit323 entwickelt,
nämlich das tief über den Leib des Löwen greifende Vorderbein eines Pferdes, das bei diesem Sarkophag
besonders ungeschlacht geraten ist.

Die drei auf Taf. 80-81 zusammengestellten Sarkophage schließen sich auch durch einen verwandten runden
Kopftypus zusammen, der eine Ähnlichkeit mit den Kopftypen der Werkstatt des Kinderlöwensarkophags
in San Callisto (Kat. 101, Taf. 74,3) nicht verleugnet, vor allem, wenn man die an Kegelköpfe erinnernden
Formen bei den Kindern des Sigma-Mahles auf dem Sarkophag in San Sebastiano II (Kat. 150, Taf. 77,1)
zum Vergleich heranzieht.

Wenn diese Sarkophage weder in der Komposition noch im Stil Eigenheiten bieten, auf die es sich lohnen
würde näher einzugehen, so zeigen sie doch ein so weites Spektrum an handwerklicher Eigenart, daß sie
stellvertretend für eine noch größere Zahl von Sarkophagen, geradezu für eine Art Dutzendware stehen
können.

Von solchen Sarkophagen, die im wesentlichen statistischen Wert besitzen und im Grunde keiner näheren

520 1. Kindermusensarkophag, Vatikan (Wegner, ASR V 3 Nr. 139). MarbWPr 1979, 47fr. habe ich Gründe für eine Zuweisung des

- 2. Meleagersarkophag, Würzburg (Koch, ASR XII 6 Nr. 72). Sarkophages in San Sebastiano I (Kat. 149 Taf. 52,2) an die gleiche

-3. Siriofragment, Privatbes. (Kat. 74 Taf. 74,1).-4. Sarkophag der Werkstatt zusammengetragen.

Bera, Rom, San Sebastianoll (Kat. 150 Taf. 74,2).- ;. Kinderlöwen- 521 Kap. 4.1.4.

jagdsarkophag, Rom, S. Callisto (Kat. 101 Taf. 74,3). - 6. Deckel, 522 Vaccaro Melucco (1963/64) 27.

Rom, Museo Pretestato (Kat. 88 Taf. 75,1). Vgl. Kap. 4.3. - In 523 Vgl. den Sarkophag in Ince Blundell Hall (Kat. 40 Taf. 52,1).

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