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Andreae, Bernard [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (1,2): Die Sarkophage mit Darstellungen aus dem Menschenleben: Die römischen Jagdsarkophage — Berlin, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.14580#0120

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6.1

DIE KOMPOSITION DER TREIBJAGDSARKOPHAGE

6.1. DIE KOMPOSITION DER TREIB JAGDSARKOPHAGE

Bei dieser Variationsfreude ist es notwendig, zunächst die Gemeinsamkeiten der einzelnen Sarkophage heraus-
zustellen. Sieht man von einigen wenigen unausgeprägten Sonderformen wie dem Reiter über dem niederge-
brochenen Eber auf dem Sarkophag in Ferentillo (Kat. 30, Taf. 93,4) und dem heraldisch aufgerichteten
Löwen über dem vornüber niederstürzenden Pferd auf dem Sarkophag in Schloß Sanssouci bei Potsdam
(Kat. 73, Taf. 94,2.3) ab, so findet man auf den Sarkophagen nicht mehr als 7 deutlich ausgeformte Gruppen-
schemata oder Einzelfiguren, die in den Frontreliefs nicht völlig willkürlich, sondern nach einer durchaus
noch zu durchschauenden Gesetzmäßigkeit zu einer Gesamtkomposition kombiniert werden konnten. Im
Einzelnen sind es in der Reihenfolge von links nach rechts, in der sie am häufigsten auf den Sarkophagen
begegnen, folgende in sich weitgehend abgeschlossene und deshalb auch an verschiedene Stellen versetzbare
Kompositionselemente:

1. Bärenjagd, in der die Tiere von Jägern zu Pferde nach rechts in ein zwischen Baum und Strunk aufgespanntes
Netz getrieben werden. Die deutlichste Form bieten übereinstimmend ein Sarkophag in der Villa Doria
(Kat. 185, Taf. 95,1) und ein Fragment ehemals Rom, Pal. Lancelotti (Kat. 124, Taf. 107,2). Hier werden
drei Bären von zwei berittenen Jägern, neben denen ein Hund einherläuft, in das Netz getrieben. Ein
Tier im Vordergrund setzt mit weiten Sprüngen nach rechts geradewegs in das Netz hinein. Die beiden
Bären im Hintergrund haben vor dem Hindernis kehrtgemacht und wenden sich gegen die heransprengenden
Jäger zurück. Obwohl anstelle des auf diesen beiden Sarkophagen im Vordergrund nach rechts getriebenen
Bären in allen anderen Fällen ein Eber bald nach rechts, bald nach links bewegt erscheint, sind die sich
zurückwendenden Tiere im Hintergrund auch auf den Sarkophagen in Avignon I (Kat. 5, Taf. 92,1), II
(Kat. 6, Taf. 92,2), Deols (Kat. 27, Taf. 93,1) und in Cahors (Kat. 22, Taf. 93,2) Bären; auf dem Sarkophag
in Ferentillo (Kat. 30,Taf. 93,4) begegnet an dieser Stelle hingegen ein einzelner Eber.

2. Eberjagd, in der ein Jäger zu Fuß einem von rechts herankommenden Keiler die Saufeder in den Hals
stößt: bei den Sarkophagen in Avignon I (Kat. 5, Taf. 92,1), II (Kat. 6, Taf. 92,2), Deols (Kat. 27, Taf. 93,1),
Cahors (Kat. 22, Taf. 93,2), Osimo (Kat. 59, Taf. 94,1), Arles C (Kat. 3, Taf. 94,4), Museo Capitolino (Kat. 105,
Taf. 107,7), Arles P. (Kat. 4, Taf. 95,3), Konservatorenpalast (Kat. 112, Taf. 95,4). Bei den Sarkophagen
in Pisa (Kat. 71, Taf. 92,6), Ferentillo (Kat. 30, Taf. 93,4), Schloß Sanssouci bei Potsdam (Kat. 73, Taf. 94,2.3)
und Rom, Domitilla-Katakombe (Kat. 85, Taf. 95,2) ist der Jäger beritten.

3. Hirschjagd, in der der Jagdherr mit triumphal ausgebreiteter Hand über einen am Boden niedergestreckten
Hirsch hinwegsprengt. (Über die Verteilung dieses und der folgenden Gruppenschemata vgl. den Kreuzplan.)

4. Löwenjagd mit dem von den älteren Sarkophagen bekannten Figurenrepertoire.

5. Treiben eines Hirschrudels in ein Netz, das wie bei der Bärentreibjagd zwischen einem Baum im Hintergrund
rechts und einem Strunk im Vordergrund links aufgespannt ist.

6. Jäger, der einen Hirsch am Geweih gepackt hat, ihm das linke Knie auf die Kruppe stemmt und ihn
niederzwingt.

7. Ein Reiter, der eine Kapuze, den Cucullus, über den Kopf gezogen hat und in eigentümlich unbeteiligter
Weise am Rande der Darstellung aus dem Bild herauszureiten scheint.

Ein Kreuzplan macht die Auswahl und Verteilung dieser Gruppen in den hier erfaßten Sarkophagreliefs
auf einen Blick überschaubar (S. 113).

Bei der Auswertung des Kreuzplanes ergibt sich, daß nur ein einziger Sarkophag, nämlich derjenige in
der Villa Doria (Kat. 185, Taf. 95,1), der weder besonders früh noch sehr qualitätvoll ist, eine in sich logische,
ohne jeden inneren Widerspruch verständliche, einfache Szenenabfolge aufweist:

Hier ist im linken Drittel eine Jagd auf Bären und in den beiden rechten eine Hirschjagd dargestellt. Die
Bären, es sind drei an der Zahl, werden in ein Netz getrieben, das in der beschriebenen Weise hinten
an einem Baum und vorn an einem Strunk befestigt ist und deshalb mit seiner schräg ansteigenden oberen
Linie eine Dreiecksform bildet.

Die Mitte des Jagdgeschehens nimmt ein Reiter ein, der nicht nur durch seinen Platz, sondern auch durch
die triumphale Geste des ausgestreckten Armes als Jagdherr bezeichnet ist. Er hat einen Hirsch mit einem
Speerwurf niedergestreckt und sprengt nun, von der Meute begleitet, über das mit heraushängender Zunge
verendende Wild hinweg nach rechts, wo andere Reiter ein Rudel Hirsche im fliegenden Galopp verfolgen
 
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