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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,2): Einzelmythen: Hippolytos - Meleagros — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.12013#0088
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N. MARSYAS.

Von den verhältnissmässig zahlreichen Sarkophagen
mit Marsyas - Darstellungen sondern sich zunächst als
erste, älteste und schönste Classe die Sarkophage mit
Guirlanden ab (196. 197), in deren Kreissegmenten ent-
weder die Erfindung der Flöte und die Bestrafung
des Marsyas oder die letztere allein dargestellt ist,
wahrscheinlich nach einer malerischen Vorlage. Für die
zweite Classe (198. 199) ist characteristisch, dass den
beiden, auf ihr verbundenen Scenen, Wettkampf und
Strafe des Marsyas, statuarische Gruppen zu Grunde
liegen (s. Hadaczek Mittheilungen des Römischen archaeo-
logischen Instituts XVII 1902 S. 173 ff.). Die dritte
Classe, die den Verlauf des Mythus in drei Scenen vor-
führt, ist die zahlreichste (200—208); sie gliedert sich aber
nach dem Sujet der Mittelscene wieder in zwei Unterab-
theilungen. In der ersten nur durch ein einziges Exemplar
200 vertretenen Gruppe ist in der Mitte der Urteils-
spruch der Musen dargestellt, während links die Er-
findung der Flöte vorhergeht und rechts die Be-
strafung des Marsyas folgt, wobei Olympus umsonst
für das Leben seines Meisters bittet. Die zweite Gruppe
201—208 führt in der Mitte den Wettkampf in einer
figurenreichen Scene vor, woran sich wieder links als erste
Scene in der Regel die Erfindung der Flöte und rechts
als dritte die Bestrafung des Marsyas schliessen. Singu-
lär ist 201, wo als linke Nebenscene die Bitte des Olym-
pus, also ein auf die Mittelscene folgender Act, verwandt
ist. Als vierte Classe habe ich die einscenigen Sarko-
phage 209 und 2091 zusammengefasst, von denen der eine
mitten in der Scene des Wettkampfs ein Porträt-Medaillon
zeigt, während auf dem zweiten der Moment nach dem
Wettkampf und die Bitte des Olympus dargestellt ist.
Endlich wird der Wettkampf und die Bestrafung des Mar-
syas auch gerne auf den Schmalseiten von Musen-Sarko-
phagen angebracht, so dass es sich empfahl, diese Dar-
stellungen als fünfte Classe anzuschliessen.

Ueberblickt man unabhängig von dieser Classificirung
die dargestellten Scenen, so finden sich deren im Wesent-
lichen fünf: 1) die Erfindung der Flöten (196. 200. 202.
203. 205. 207. 208); 2) der Wettkampf (198. 199. 201—205.
207—211); 3) der Urtheilsspruch (200); 4) die Bitte des
Olympus (201. 2091, vgl. 200); 5) die Bestrafung des Mar-
syas, die nur auf 209. 20g1 fehlt.

Die erste dieser Scenen, die Erfindung der Flöten,

vergegenwärtigt stets den Augenblick, wo Minerva ihr ver-
zerrtes Spiegelbild im Wasser erblickt. Wirklich dar-
gestellt ist dieses aber nur 196, während es sonst der
Phantasie des Beschauers überlassen bleibt, sich die
Spiegelung in dem Wasserschwall zu denken, der bald
der Urne eines gelagerten Flussgotts 200. 205. 208 bald
der einer Ouellnymphe 202("?). 207 entströmt. Auf 203
ist nur diese Quellnymphe ohne Urne und Wasser dar-
gestellt. Auf 202. 205 erscheinen Flussgott und Nymphe
neben einander. Schwerlich ist man berechtigt ihnen in-
dividuelle Namen wie Maeander (Propert. III 30, 17) oder
Aulokrene (Plinius not. hist. V 29, 106) beizulegen. Der
das Spiel der Göttin neugierig belauschende Marsyas ist
auf 20o(?). 203. 205. 208 dargestellt; statt seiner erscheint
auf 196 die grosse Göttermutter, die das Flötenspiel
in ihren Cult aufnehmen wird. Nach demselben Typus
ist der Mythus auf den Medaillen des phrygischen Apameia
von Commodus bis Gordian III dargestellt (Imhoof-Blumer
Wiener numismatische Zeitschrift XVI 1884 S. 288f.); vgl.
auch das Bild aus den Traiansthermen bei Winckelmann
Momtmenti inediti nr. 18 (nach einer Zeichnung von
S. Bartoli).

Der bei der ersten Classe fehlende Wettkampf er-
scheint bei den übrigen in einem doppelten Typus. Bei
der zweiten Classe 198. 199 ist er, wie bereits bemerkt,
einer statuarischen Gruppe nachgebildet, in der zwischen
den Concurrenten eine sitzende Muse als Richterin den
Mittelpunkt bildete. Charakteristisch ist, dass hier Apollo
stehend dargestellt ist; die ihn krönende Victoria, die
beim Wettkampf auch 204 und 209, dagegen 200. 201.
2091 nach dem Wettkampf erscheint, der Fluss- und der
Berggott, die auch hier nicht mit mythologischen Namen
belastet werden dürfen, und endlich die gewiss gleichfalls
nach einem statuarischen Vorbild copirte Minerva sind
zweifellos Zuthaten der Sarkophag-Arbeiter. Ganz anders
und viel reicher gestaltet erscheint die Scene in der
dritten Classe. Hier sitzt Apollo auf einem Felsen; die
Leier ruht entweder auf seinem Knie 201. 202. 207. 208
oder auf seinem Dreifuss 203—205; bald scheint er em-
pört aufspringen zu wollen 201. 203. 204, bald sitzt er in
feierlicher Haltung da 202. 208, oder er berührt mit dem
Plectrum die Saiten 205. 207. Häufig sitzt neben ihm sein
Greif 202. 203. 205. 207. Zweimal erscheint über oder
neben ihm die ihn krönende Victoria 204. 209. Marsyas
 
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