Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0015
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
P. NIOBIDEN.

Auf griechischen Sarkophagen hat sich dieser Mythos
bis jetzt nicht gefunden; die erhaltenen römischen zer-
fallen in zwei scharf geschiedene Klassen. Bei der ersten
(312—314) nehmen die rächenden Gottheiten, Apollo und
Diana, bei der zweiten (315—320) die Eltern, Amphion und
Niobe, die Ecken ein; bei dem einzigen Exemplar dieser
Klasse, dessen Deckel erhalten ist 315, sind an diesem Apollo
und Diana in kleineren Dimensionen angebracht; vgl. III 178
Venus und Amor am Deckel eines Hippolytus-Sarkophags
sowie die Bemerkungen zu dem Giganten-Sarkophag III 9,4
S. 113.

Figuren und Motive der ersten Klasse sind sehr ver-
schiedenen Vorbildern entnommen. Die Götter erinnern
zwar nicht in ihrer Erscheinung, aber durch ihre Stellung
an den Ecken an das Relief in Villa Albani (Stark Niobe
Taf. III 3, Ber. der Sächs. Ges. 1877 Taf. 5, 2). Die Haltung
der im Schoß der Niobe zusammenbrechenden jüngsten
Tochter kehrt sehr ähnlich, jedoch im Gegensinne, auf dem
zu derselben Gruppe von Bildwerken gehörigen Petersburger
Relief wieder (Stark a. a. O. Taf. III 1, Sächs. Ber. a. a. O.
Taf. 5, 1). Endlich erinnert die Gewandung des Pädagogen
an die derselben Figur auf dem Londoner Diskus, der
gleichfalls in dieselbe Reihe gehört. Die ganze Gruppe
dieser Reliefs, die unzweifelhaft auf dasselbe Original zu-
rückgehen, findet man am vollständigsten bei Sieveking
und Buschor Münch. Jahrb. 1912, zweiter Halbb. 138 A. 82
aufgezählt, aber die kunsthistorische Einordnung dieses
Originals ist umstritten. Einer Vermutung, die man in den
sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
vielfach in archäologischen Lehrvorträgen und Gesprächen
hören konnte, haben zuerst F. Dümmler Arch. Jahrb. II 1887
S. 172 (Kl. Sehr. III 325 f.) und Furtwängler Meisterwerke 68
öffentlich Ausdruck gegeben, und ihnen haben sich mit einiger
Reserve Sauer in Roschers Mythologischem Lexikon III 405,
rückhaltloser Amelung in seinem Führer durch die Antiken
von Florenz 116, am entschiedensten Sieveking und Buschor
a. a. O. 138 ff. angeschlossen. Danach würden wir in den
Reliefs, die Pheidias an den Seitenriegeln seines Zeusthrones
angebracht hatte, das Vorbild zu erkennen haben. Allein
schon das Bühnenkostüm des Pädagogen, den allerdings
Sauer, die erotische Gruppe des seinen verwundeten Bruder
stützenden Mädchens, die wiederum Sieveking und Buschor
ausscheiden wollen, das starke Pathos, die aufgeregten Be-

wegungen, die wild flatternden Gewänder, die zu dem Kunst-
charakter der Amazonenschlacht auf dem Parthenosschild
den denkbar stärksten Kontrast bilden, beweisen die Un-
haltbarkeit dieser Hypothese. Den Stilcharakter jener Reliefs
des Pheidias kann uns am besten die Rückseite des Kraters
aus Orvieto [Mon. d. Inst. XI 40, Furtwängler-Reichhold
Vasenmalerei II S. 251 Abb. 89) veranschaulichen. Näher
liegt es, da einerseits sämtliche Exemplare der Gruppe in
Rom gefunden sind, andrerseits Nachbildungen der Motive
auf griechischen und hellenistischen Bildwerken sich nicht
nachweisen lassen, das Original in Rom zu suchen, und so
scheint der Gedanke erwägenswert, ob nicht das Elfenbein-
relief der einen Flügeltür des Palatinischen Apollotempels,
die maerebatfunera Tantalidos (Propert. II 31, 14), das Vor-
bild war (Hermes XXXVI 1901 S. 386, Pagenstecher Die
calenische Reliefkeramik, VIII. Erg.-Heft des Archaeol.
Jahrb. 143). Aber auch bei diesem Werk herrscht keine
Einigkeit darüber, ob es in Rom gefertigt oder von
Augustus aus dem Osten, etwa aus Pergamon, entführt war,
wofür man namentlich das Sujet des andern Türflügels,
die deiectos Parnassi vertue Gallos, geltend macht (Brunn
Künstlergesch. I 444, Pagenstecher a. a. O. 143).

Während also die jüngste Tochter auf diese Reliefkom-
position zurückgeht, ist die mit ihr gruppierte Niobe eine
Umbildung der Florentiner Statue1). Ebenso scheinen die
Figuren des Pädagogen und des von ihm beschützten
Knaben frei der Florentiner Gruppe nachgebildet zu sein,
wobei jedoch die Gewandung des ersteren, wie gesagt, von
dem palatinischen Relief beeinflußt ist. In ähnlicher Weise
könnte auch der nur auf 312 b erscheinende in die Hüfte
getroffene Niobide aus dem Knienden der Florentiner
Gruppe (Amelung a. a. O. 178) umgebildet sein, der auch
auf den eben besprochenen Reliefs ziemlich genau kopiert
ist; indessen gleicht er noch mehr der einen Figur auf dem
Orvietaner Krater, nur daß diese in Rückenansicht ge-
zeichnet und daher nach der andern Seite gekehrt ist;
vgl. auch die Vasenscherbe aus Populonia Not. d. seavi
1908 /. 227 ßg. 35.

Die Gruppe der Amme mit dem sterbenden Mädchen
geht auf dasselbe Original zurück wie das pompejanische

*) Vgl. auch die Niobe auf dem tarentinischen Krater bei Stark
a. a. O. Taf. IL

94
 
Annotationen