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Robert, Carl [Hrsg.]; Matz, Friedrich [Hrsg.]; Andreae, Bernard [Hrsg.]; Robert, Carl [Hrsg.]
Die antiken Sarkophagreliefs (3,3): Einzelmythen: Niobiden - Triptolemos ungedeutet — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.12730#0047
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S. PHAETHON.

Auf griechischen Sarkophagen hat sich dieser Mythos
bisher noch nicht gefunden. Die römischen zerfallen in vier
Klassen. Die erste, von der nur ein vollständiges Exemplar
332 erhalten ist, enthält nur eine einzige Szene, die Bitte
des Phaethon. Die zweite, gleichfalls nur durch ein ein-
ziges Exemplar 336 vertreten, enthält eine große Mittelszene
und zwei kleinere Seitenszenen; die linke Seitenszene zeigt
die Bitte des Phaethon, die Mittelszene seinen Sturz,
die rechte Seitenszene die Botschaft des Merkur an
Phoebus. Die dritte Klasse ist bei weitem die zahlreichste
337—349. Sie zeigt als große Hauptszene den Sturz und
damit verbunden bald links bald rechts gestellt eine
kleine Seitenszene. Nach der Stellung und dem Gegen-
stand dieser Seitenszene zerfällt diese Klasse wieder in drei
Gruppen. Bei der ersten 337—341 nimmt die Seitenszene
die linke obere Ecke ein und stellt die Bitte des Phae-
thon dar; die Exemplare dieser Gruppe sind von großer
Einförmigkeit, sie zeigen fast genau dieselbe Komposition.
Die zweite und dritte Gruppe stellen die Seitenszene rechts;
bei der zweiten, von der es nur ein einziges Exemplar 342
gibt, stellt sie die Botschaft des Merkur, bei der drit-
ten 343—349 die Bitte des Phaethon dar; diese Gruppe
zeigt eine weit größere Mannigfaltigkeit als die erste. Es
wäre übrigens vielleicht korrekter gewesen die zweite
Gruppe voranzustellen, zumal das sie repräsentierende Ex-
emplar 342 der älteste erhaltene Phaethon-Sarkophag ist.
Aber die Anordnung und Herstellung der Tafeln geschah
noch im Banne des traditionellen Irrtums als ob die rechte
Szene dieses Exemplars gleichfalls die Bitte des Phaethon
vorstelle und somit nur zwei Gruppen zu unterscheiden
wären. Um eine zu große Diskrepanz zwischen Tafeln und
Text zu vermeiden, habe ich diese Reihenfolge beibehalten,
zumal auch sie gewisse Vorzüge hat und die Übersicht-
lichkeit, wie ich glaube, kaum beeinträchtigt. Die vierte
Klasse wird durch einen Säulensarkophag 350 vertreten,
dessen Vorderseite in ihrem mittleren Interkolumnium den
Sturz des Phaethon zeigt.

Ehe wir auf das einzelne eingehen, muß hervorgehoben
werden, daß für die bisher ganz unsichere und mehr oder
weniger willkürliche Benennung einer Reihe von Figuren
erst Paul Friedländer durch seine vortreffliche Ausgabe
des bisher von Archäologen kaum beachteten Johannes
von Gaza eine sichere Grundlage geboten hat. Das von

diesem beschriebene Gemälde oder wahrscheinlicher Mosaik
in den Winterthermen seiner Vaterstadt berührt sich näm-
lich in manchem so stark mit den Phaethon-Sarkophagen,
daß es, natürlich durch eine lange Reihe von Mittelglie-
dern, auf dieselben Vorbilder zurückgehen muß wie diese.
Diese Beziehungen sind auch Friedländer nicht entgangen;
nur haben ihm leider seine archäologischen Berater gerade
die wichtigsten und charakteristischen Phaethon-Sarkophage
nicht gezeigt. Auch hat er verkannt, daß es sich um
eine Kuppel handelt, wie dies A. Trendelenburg in einer
Sitzung der Berliner archäologischen Gesellschaft richtig
ausgesprochen hat, Arch. Anz. 1912 S. 47 ff. Daher konnte
dem ausgezeichneten Philologen die graphische Rekon-
struktion nicht gelingen. Aber noch mehr, die jenem Bilde
zugrunde liegenden kosmischen Vorstellungen sind nicht nur
dieselben, denen wir auch bei dem Lehrer des Johannes,
Nonnos, begegnen, sie finden sich zum Teil auch auf den
jüngeren Exemplaren der Phaethon-Sarkophage wieder,
waren also im dritten Jahrhundert in Rom ebenso bekannt,
wie im fünften Jahrhundert in Ägypten (s. P. Friedländer
Hermes XLVII 1912 S. 93 ff.). Somit müssen wir für die
Interpretation der Einzelfiguren Nonnos in demselben Um-
fang heranziehen, wie es schon Georg Knaack für die
Sagenform getan hat.

Die Darstellung der Bitte auf dem Exemplar der ersten
Klasse 332 berührt sich darin mit Ovid Met. II 23 ss\ daß als
Hofstaat des Sonnengottes die Jahreszeiten erscheinen; aber
wovon wir bei Ovid nichts finden, das ist, daß die Sonnen-
rosse von den Windgöttern angeschirrt werden. Dieses
Motiv, dem der Sarkophag seinen populären auf E. Q.Visconti
zurückgehenden Namen The Winds verdankt, pflegt man
nach dem Vorgange von Matz mit der Stelle aus dem von
Miller Melanges de tüter. grecque p. 442 veröffentlichten
Helioshymnos zu belegen: depocpoiTiljTtov dvepuuv etco^ou|xsvos
aüpaic, "HXie ^puaoxofia (vgl. Dilthey Rhein. Mus. XXVII1872
S. 405 f.), nach welcher Vorstellung aber vielmehr die Winde
selbst die Rosse des Helios sind. Dagegen findet sich eine
vollständig schlagende Analogie auf dem Gemälde von Gaza,
wo in der Tat die vier Hauptwinde die ungebärdigen Son-
nenrosse heranführen: äi dvaaeipdCovte? df/jvopas apasva; Prc-
ttou;, s. Johannes I 2306°. Die Vorstellung ist aber weit
älter, sie findet sich bereits auf den Deckenbildern eines

Saales der Domus aurea (Nr. 34 auf dem Plane im Arch.

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