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Zusammenfassung

Zusammenfassung

Die Spandauer Zitadelle, entstanden in den Jahren 1559 - 1583, ist eine Festung, die auf dem
sogenannten bastionären System beruht, das seit dem späten 15. Jh. in Norditalien entwickelt
wurde und sich im Laufe des 16. Jhs. im übrigen Europa zu verbreiten beginnt. Spandau ge-
hört zu den frühesten Beispielen solcher Festungen im deutschen Raum und besitzt durch sei-
ne gute Erhaltung besonderen historischen und baugeschichtlichen Wert.

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht der sogenannte "Lynarplan", eine aus dem 16. Jh. stam
mende Entwurfszeichnung der Zitadelle, die in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in
Berlin aufbewahrt wird (Sign. Kart. X 33851). Im ersten Teil dieser Arbeit wird dieser Plan
eingehend interpretiert, mit dem bestehenden Bau und anderen Plänen verglichen und dabei
die vorhandenen Schriftquellen mit einbezogen. Dabei geht es nicht nur darum, zu überprüfen,
ob der Plan tatsächlich von dem italienischen Festungsbauspezialisten Rochus Guerini Graf zu
Lynar ( 1525-96) entworfen ist bzw. aus welchem Jahr er stammt, sondern zugleich auch darum,
die Funktionen zu analysieren, die der Bau nach dem Plan haben sollte. Wichtigste Ergebnisse
dieser Untersuchung sind die folgenden:

- der Plan ist tatsächlich von Lynar entworfen, stammt aber nicht erst aus dem Jahre "1593",
wie auf seiner Rückseite vermerkt wurde, sondern schon aus dem Jahre 1578, als Lynar die
Weiterführung der Zitadelle übernahm.

- Ursprünglich, d.h.im Jahre 1559, ist die Festung aber von dem gleichfalls aus Italien stammen-
den Francesco Chiaramella de Gandino entworfen worden. Nach seinem nicht erhaltenen Plan,
der die Dimensionen der ausgeführten Festung bereits absteckte, führte er bis 1578 bereits
den Südteil der Zitadelle mit heute noch gut erhaltenen Bauten aus: die Bastion "König" ab
1559, den Torbau vor 1563.

- Von Lynar stammen im wesentlichen die beiden Nordbastionen, deren ungewöhnliche Konzep-
tion ihm, entgegen älteren Theorien, mit hoher Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden kann

- Der Plan belegt ferner, daß an der Westseite der Festung ein Schloßbau für den Kurfürsten
von Brandenburg vorgesehen war, der aber ebenso wie eine "Kaserne" im Norden nie ausge-
führt wurde.

Im zweiten Hauptteil der Arbeit sollen zunächst Vergleiche mit anderen gleichzeitigen Bauten
deutlich machen, daß die Zitadelle zwar einerseits dem neuesten Stand der Militärtechnologie
entsprach, daß sich aber andererseits in der Erhaltung der älteren Burg und ihrer geplanten
Ergänzung durch einen Schloßflügel die Tradition der mittelalterlichen Adelsburg noch erkennen
läßt. Es wird versucht, den gesellschaftlichen Entwicklungsstand von Brandenburg im 16. Jahr-
hundert sichtbar zu machen, der die Entstehung eines so riesenhaften, zugleich hochmodernen
und traditionsgebundenen Baues bedingt hat.

In zwei Anhängen werden die wesentlichen Schriftquellen zur Entstehung der Zitadelle und die
aussagekräftigsten Pläne vor allem des 17. Jhs. zusammengestellt und knapp kommentiert.

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