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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0106

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III. Bilder aus der Zeit des Bruches mit Hildebrand (1874 —1875)

III.2. Die Zeichnungen
Die überwiegende Mehrzahl der Zeichnungen aus der Mitte der siebziger Jahre be-
schäftigt sich mit dem Konflikt und dem schließlichen Zerwürfnis mit Adolf Hilde-
brand und Irene Koppel.61 Die Blätter erweisen sich zumeist als offene oder nur
wenig verschlüsselte Bearbeitung dieser für Marees offenbar traumatischen Ereig-
nisse. Sie konzentrieren sich häufig auf eine weibliche und zwei männliche Figu-
ren, die öfter die Gesichtszüge insbesondere der männlichen dramatis personae
tragen. In der Überführung von autobiographischen Beziehungen in Konstellatio-
nen von Figuren greifen sie auf Motive der >giorgionesken Bekenntnisse* zurück.
III.2.1. Die >Adam-Zeichnungen*
Das bekannte Blatt Die Frau zwischen den beiden Männern in München (Abb. 21)
bildet mit vier weiteren Zeichnungen eine offenbar auch zeitlich eng zusammen-
hängende Gruppe (Abb. 22, 23, 24, 25).62 Diese Blätter unterscheiden sich durch
gemeinsame stilistische und motivische Merkmale von anderen, zur Zeit der Aus-
einandersetzung und des Bruches mit Hildebrand entstandenen Zeichnungen
vergleichbarer Thematik. Die fünf Blätter, die ein ähnliches Hochformat zeigen,
weisen eine zumeist reliefartige Anordnung ihrer Figuren auf, die vor einem für
Marees ungewöhnlich hohen Horizont nahezu die gesamte Höhe des Bildfeldes ein-
61 Die Forschung ist der Auffassung, dass nur einige wenige Zeichnungen von Marees die eigene
Biographie zum Gegenstand haben, insbesondere das bekannte Blatt Die Frau zwischen den
beiden Männern (MG 317, Abb. 21; vgl. erstmals Meier-Graefe 1909-1910, Bd. I, S. 299).
Gisela Scheffler schreibt über die Zeichnungen: »Diese Figurenkomposition steht insofern iso-
liert innerhalb des Münchner Bestandes und — einschließlich der unmittelbar zugehörigen
Werke — im Schaffen Marees’überhaupt, als hier ein autobiographischer Aspekt in der
sonst so objektiven Welt des Künstlers Niederschlag gefunden hat.« (München
1987b, S. 35; Hervorhebung von G.B.). Autobiographische Themen sind ansonsten lediglich in
zwei Vorzeichnungen des Wuppertaler Gemäldes Drei Männer (Domm 1989, S. 511.) und in
den Cheiron und Ac/iiZZ-Zeichnungen (MG 785-799; vgl. Meier-Graefe 1909-1910, Bd. II,
S. 502) erkannt worden. Dass die offensichtlichen autobiographischen Bezüge dieser Blätter
nicht gesehen worden sind, hängt nicht nur mit der verbreiteten Einschätzung von Marees als
einem Maler der »reinen Form* zusammen, sondern auch mit den auf den Bruch mit Irene
Koppel und Hildebrand bezogenen, verharmlosenden Ausführungen Meier-Graefes. Vgl. etwa
Meier-Graefe 1909— 1910, Bd. I, S. 235: »Was Marees mit Florenz verlor, war nicht allein Hil-
debrand. Dem nachzuhängen, hätte einem Menschen seiner Art nicht gut gestanden. Hilde-
brand ist nie in seinem Herzen ersetzt worden, das dürfen wir annehmen; kein Verlust an
Menschen hat ihn empfindlicher betroffen. Das ist sicher. Aber jede Einbuße solcher Art
mußte, wenn nicht besondere Umstände dazutraten, der Selbstschätzung eines Marees zum
Gewinn werden. Nicht er verlor, sondern Hildebrand. Man zuckte die Achseln und ging
weiter« (Hervorhebung von G.B.).
62 MG 231 (Dresden), MG 232 (Budapest), MG 324 (Hamburg) und MG 350 (Verbleib unbe-
kannt; ehemals Born, Franz Pallenberg). Meier-Graefe hat die rechts skizzierte Figur in
Abb. 25 übergangen, obwohl sie auf der Abbildung seines Werkkataloges deutlich zu sehen ist,
und nennt die Zeichnung »Mann, Frau und Kind« (Meier-Graefe 1909-1910, Bd. II, Nr. 350).

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