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Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0184

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IV. Zur Genese der >Hesperidenbilder< (1875—1880)

von der Verbundenheit und Liebe zwischen Mann und Frau jedoch abgewendet
hat. Auch der Wunsch nach einer neuerlichen Verbindung mit Hildebrands wird
nicht mehr thematisiert. Dagegen wird auf dieser Zeichnung pädagogischer Eros<
mit der erotischen Liebe zwischen Mann und Frau kontrastiert.
Das nur scheinbar als semantisch indifferentes >Existenzbild< konzipierte Gol-
dene Zeitalter Z131 (Abb. 65) hat sehr persönliche Wurzeln. Eine Transformation
der zunächst autobiographisch motivierten Figurenkonstellationen in die Thema-
tik der »Menschenalter«135 vollzieht sich erst in den letzten Entwurfszeichnun-
gen.136 Wie etwa die Lebensalter, das Hesperidentriptychon und das Goldene Zeit-
alter II, so war auch dieses Gemälde nicht von vornherein als Darstellung der
>Lebensalter< bzw. des >Goldenen Zeitalters* intendiert. Vielmehr hat Marees in
allen diesen Bildfindungen autobiographische Motive erst allmählich in diese >all-
gemeinen* Themen überführt.13.

IV.5. Fazit und Ausblick
Die >Hesperidenbilder< haben — wie schon die frühen >giorgionesken Bekenntnisse <
und die Zeichnungen aus der Zeit des Bruches mit Hildebrand — ihren Ursprung in
der Bewältigung der Beziehungskonstellationen der eigenen Vita. Als Ausgangs-
punkt des Entwurfsprozesses der Gemälde erwies sich wiederum das Anliegen, für
autobiographische, sehr persönliche Gehalte, die mit den kanonischen Mitteln des
klassischen Historienbildes nicht darstellbar waren, einen — nun eigenständigen —
bildlichen Ausdruck zu entwickeln. Marees hat, um ein Wort Hegels aufzugreifen,
wie kaum ein anderer Künstler des 19. Jahrhunderts »seinen Inhalt an ihm sel-
ber«,138 in seiner eigenen, persönlichen Lebenserfahrung gefunden.
134 Diese Auffassung vertritt Ruhmer in München 1987a, S. 270: »Bei den beiden Versionen
des >Goldenen Zeitalters< als imaginärer Menschheitsperiode vollkommener Harmonie be-
schränkte sich Marees wiederum darauf, zeitlos nackte Gestalten, zu Gruppen geordnet,
reliefhaft neben- und hintereinander zu staffeln und zwar, wie auch sonst meist, in drei sicht-
bar gegeneinander abgegrenzten Schichten, wobei eine vierte, letzte Schicht die kulissenhaft
behandelte Landschaft bildet. Zwischen den Gestalten innerhalb der einzelnen Gruppen sind
diesmal sichtbarer auch seelische Beziehungen hergestellt, doch bestehen sie nur hier, nicht
zwischen den Gruppen im Ganzen. Da Marees bei mehrfigurigen Kompositionen psycholo-
gische Momente weitgehend zurückzudrängen pflegte, kam es ihm auch in diesem Falle vor
allem auf die formale Lösung der Bildaufgabe an, deren Expressivität in nichts Greifbarerem
besteht als in einer allgemeinen Stimmung von erhabener Stille und reiner Harmonie.« Reine
Harmonie ist für mich jedoch weder im Gesichtsausdruck des Alten, in den fragenden Gesten
des Knaben und des hinteren Mannes noch etwa im Gesichtsausdruck der Frau des Mittel-
grundes und ihrer Beziehungslosigkeit zu den beiden in ihrer Nähe dargestellten Kindern zu
erkennen. Auch Schiff 1972, S. 93, sieht eine Darstellung »reiner Existenz«: »Marees’s Gol-
den Age is true to the letter of the famous description: its very essence is the absence of war-
fare, strife and labor. None of his figures is enganged in any identifiable activity, except per-
haps for the central group of the aged man and the boy. But this old man does not instruct, he
is toying with the child who, in his turn, maintains a gentle independence. All these figures
manifest so much freedom in their relationships with one another that one might alsmost say

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