Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Blum, Gerd
Hans von Marées: autobiographische Malerei zwischen Mythos und Moderne — München, Berlin, 2005

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14541#0275

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VI.5. Fazil: Autobiographie und Abstraktion

tische Privatikonographie vermittelt. Da die drei letztlich auf die dramatis perso-
nae von San Francesco zurückgehenden Hesperidenfiguren in einen szenischen
Zusammenhang und zugleich in eine formal ausbalancierte Kompositionsstruktur
integriert sind, kann von einer utopischen, sublimierten Versöhnung des Konflik-
tes mit Irene und Adolf Hildebrand gesprochen werden. Die »Nymphen der Sehn-
suchtslandschaft«188 189 190 sind ein erträumtes Sujet ohne den Widerstreit von Realität
und Utopie, der die Lebensalter kennzeichnete.
VI.5. Fazit: Autobiographie und Abstraktion
VI.5.1. Die Verallgemeinerung des Autobiographischen als Movens
privater Ikonographie und formaler Abstraktion
Nahezu alle Gemälde, die seit dem ersten römischen Aufenthalt des Malers in den
Jahren 1868 bis 1887 entstanden, besitzen ihren thematischen Ursprung in der
eigenen Vita. Diese Bildfindungen und die ihnen zugrunde liegenden zeichneri-
schen Entwürfe übersetzen Beziehungen des Malers zu den Personen seines eng-
sten Umfeldes sowie deren Beziehungen untereinander in Konstellationen von
zunächst porträthaften Figuren. Zumeist beleuchten sie dabei das Verhältnis von
Marees zu Irene Koppel und seinem Freund und Schüler Adolf Hildebrand. Der
Bruch mit Hildebrand und seiner späteren Frau sowie der unerfüllte Wunsch nach
Versöhnung erwiesen sich als Ausgangsthemen der Mehrzahl der »Hesperidenbil-
der<. Während Marees einige der Bilder, die vor den Fresken in Neapel und den
Lebensaltern entstanden sind, als private Botschaften an jene Personen richtete,
die in ihnen noch unverschlüsselt als Protagonisten auftreten, adressierte er seine
seit 1879 entstehenden >Hesperidenbilder< an Öffentlichkeit und Kunstmarkt
(V.I.). Der Maler verabschiedet sich seit den Drei Männern und den Lebensaltern
von der für das giorgioneske Frühwerk charakteristischen verrätselnden Verbild-
lichung autobiographischer Themen durch die Variation von Gemälden alter Meis-
ter. Hier hatte er besonders auf Bilder der venezianischen Renaissance zurück-
gegriffen, die seiner Zeit als »gemalte Bekenntnisse ihrer Urheber galten. Außer-
dem hatte er Werke Edouard Manets und Adolf von Hildebrands variiert, in denen
er ebenfalls eine autobiographische Thematik wahrgenommen zu haben scheint.
In den >Hesperidenbildern< bemühte er sich dagegen, wie schon im Orangen-
hain der Fresken, um eine intersubjektiv verständliche und universal gültige Ver-
anschaulichung seiner »Erfahrungen und Gesinnungen«191 in einer »sich selbst
188 Rintelen 1927 (1909), S. 120ff., das Zitat S. 140.
189 Ebd.
190 An Fiedler, 21. April 1879; Meier-Graefe 1909-1910, Bd. III, S. 186.
191 An Fiedler, 3. Juli 1873: Meier-Graefe 1909-1910, Bd. 111. S. 72.

271
 
Annotationen