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Bohn, Richard
Die Propylaeen der Akropolis zu Athen — Berlin u.a., 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.675#0044
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war auf dem südlichen Bau ein ähnliches Obergeschoss, werden natürlich
einst viel höher gewesen sein; auch auf- ihre Bedachung dürfen wir
schliessen, denn wir erkennen in ihnen die auf den Zeichnungen der
Kapuziner den Eingang flankierenden Türme mit den Helmen wieder.
Zwischen Ostmauer und Stufen liegt in dem nördlichen Teil ein tiefes
Schöpfloch, sein unterer Teil, wol in den Fels gearbeitet, scheint antik
zu sein; die obere Aufmauerung hat gemischtes Material.

Alles dieses nun, die Ostmauer mit der Mitteltür, der Treppen-
einbruch , der gewölbte Raum daneben — dessen östliches Widerlager
jetzt verschwunden — die Einrichtung im Nordgemach und sein Ober-
o-eschoss, alles dieses hängt so vielfach untereinander zusammen, bedingt
eins das andere, dass wir eine nahezu gleichzeitige Entstehung annehmen
müssen und zwar nachdem die älteren turmartigen Vorsprünge teilweise
zerstört waren. Es ist ein Werk des Mittelalters [vg|^I, pag. 6 ]■
Nachdem die Türken von der Burg Besitz ergriffen, verschwindet diese
ganze Anlage unter einer zum Teil auf, zum Teil vor der Westfront
ruhenden gewaltigen geböschten Mauer aus verschiedenstem Material mit
reichlichem Mörtel konstruiert, welche tief hinab, bis auf den Fels fundiert
wurde. Sie formiert an der südlichen Ecke einen grossen Pfeiler und
biegt dann unter stumpfem Winkel auf den Nikepyrgos zu, auch hier
zum Teil auf mittelalterlichen Befestigungen ruhend. Durch eine kleine
oft restaurierte Tür unmittelbar am Pyrgos durchschreitet man jetzt wie
damals dieselbe. Oben läuft ein Weg mit einer von Schiessscharten
durchbrochenen Brustwehr entlang; Treppenanlagen führten an der Innen-
seite hinauf. Nördlich biegt die türkische Mauer gleichfalls nach Ost
um und stösst gegen die erwähnten Strebepfeiler.

Ich füge hier noch das kleine Plateau unterhalb der Pinakothek
hinzu. Seine südliche Begrenzung ist schon bestimmt. Östlich tritt der
Fels zu Tage, der in seiner Oberfläche zur Aufnahme der fächerförmigen
Substruktionen der Nordhalle vorbereitet ist. Westlich wird es durch
eine grosse Mauer gestützt, die antiken Ursprungs, oftmals erneuert und
vor einigen Jahren einer gründlichen Reparatur unterworfen worden ist.
Nur im Innern zeigen die unregelmässig verlaufenden antiken Plinthen
ihre Bestimmung als Futtermauer. Von der Nordmauer, die mit der
vorigen eine besonders vorspringende Ecke formiert, sind die oberen
Teile modern, darunter sitzt Mittelalterliches, das unterste besteht jedoch
aus antiken Plinthen; sie haben dieselbe Technik, wie die noch vorhan-
denen ursprünglichen Porosquadern des Pinakothekunterbaues; auf der
Unter- und den beiden Schmalseiten hat jeder Block einen vertieften
Saum. Sie schliessen unmittelbar an dem zum Teil hierfür vorgearbeiteten
Fels an; dass die Mauer auch ursprünglich viel höher war, beweist eine
Felsbettung oberhalb. Wo aber Porös und überhängender Fels aneinander
stossen, ist eine Öffnung, nicht durch besondere Umrahmung gebildet,
sondern einfach durch Fortlassung einiger Steine. Hier führt von der
unterhalb liegenden Klepsydra der alte Weg herauf; noch heute ist
derselbe mit seinen in den Fels gehauenen Stufen benutzbar; innerhalb
der Mauer biegt er nach West um, bis er auf der Höhe des Plateaus
mündet. Über diesem älteren Loch, nur etwas höher hinauf, ist die
Mauer noch einmal aber in späterer Zeit durchbrochen; die Tür hat
Marmorpfosten, welche byzantinisches Ornament und im Sturz das Kreuz
tragen. Es ist dieselbe, welche Verneda in seinem Burgplan nennt, aber
als zugemauert'. Sie diente also im Mittelalter zur direkten Verbindung
mit der Quelle und der Kapelle darüber, wurde von den Türken ge-
schlossen, von den Griechen aber wieder geöffnet, als sie die Bastion
gründeten, welche die Klepsydra einschliessen sollte.

Es liegt nicht in dem Plan dieser Arbeit, auf die Gestaltung und
die Geschichte der Burgquelle näher einzugehen, ich verweise in der
Beziehung auf die von E. Burnouf angestellten Untersuchungen2.

So weit der Tatbestand; ich will versuchen, inwiefern sich aus
diesen Anhaltspunkten die Gestaltung des Aufgangs in den verschiedenen
Epochen entwickeln lässt.

Über die Konstruktion des mittleren Durchgangs ist oben gesprochen
worden; die Höhe des westlichen Austritts konnte nur ungefähr, als der

1 Porta serrata con muro in una Corte a canto lasudetta batterica commincia la citta.
* La ville et l'acropole d'Athenes aux diverses epoques par Emile Burnouf.
Paris 1877.

untersten Stufe des Hexastyls entsprechend, festgestellt werden; hieraus
und aus der Art der Fundamentierung folgt zunächst, dass der Weg
höher lag als der Fels, dass dieser also in alter Zeit nicht sichtbar war.
Vielmehr giebt uns der Unterschied des Materials in den beiden den
Aufgang begleitenden Unterbauten der Seitenflügel ungefähr die Neigung.
Dass sich in perikleischer Zeit an die unterste Hexastylstufe aber niemals
eine Treppe angeschlossen hat, oder auch nur geplant war, ist durch
die Unmöglichkeit einer organischen Verbindung derselben erwiesen, ganz
abgesehen von dem, dem griechischen Geiste vollständig fremden und
unschönen Gedanken einer solchen Monstretreppe, die vom Hexastyl bis
zum Untertor hinabreichte. Wie nun aber der mnesikleische Aufgang
beschaffen gewesen, dafür fehlt aus den schon anfangs hervorgehobenen
Gründen fast jeder Anhalt. Nur das eine ist sicher, dass quer über den
Burghang in etwas schräger Richtung eine Mauer lief, die entweder in
der Mitte einen Knick machte, oder aus zwei parallelen circa 5,00 m von-
einander entfernten Teilen bestand; den Beweis für ihr Vorhandensein
haben wir oben geführt. Es giebt uns dieses einen Ausgangspunkt.
Die starke Neigung des Abhangs macht den Gedanken eines direkten
axial ansteigenden Weges höchst unwahrscheinlich. Gerade die grosse
breite Fläche zwischen den Wangen bot genügenden Platz zu einer Krüm-
mung und dadurch bewirkten Verminderung der Steigung. So ging der
Weg vom Nikepyrgos kommend längs der unteren Stützmauer aufwärts,
bog dann um und führte in entgegengesetzter Richtung zwischen beiden
Mauern oder durch den formierten Knick empor, um mit einer letzten
Wendung, wo das Treppchen zur Nikethymele sich abzweigte, auf den
mittleren Durchgang zu münden. Der Raum zwischen Weg und Wange
mag mit einfach terrassierten Absätzen ausgefüllt gewesen sein. Bei
dieser generellen Annahme müssen wir stehen bleiben, da auch die sorg-
fältigste Untersuchung der ganzen Umgebung keinen Anhalt für irgend
eine Detailbestimmung dieser Lösung gab '.

Hoch wird diese Querschranke nie gewesen sein; es waren eben
nur Stützmauern, deren ungefähre Höhe beiderseitige Anschlussmarken
geben. Es mag ferner noch als wahrscheinlich hervorgehoben werden,
dass der Abstand der Mauer von der Nordwestecke des Nikepyrgos durch
fallende Terrassen ausgeglichen war, die sich durch die verschiedene
Materialbehandlung am Pyrgos kennzeichnen, und die sich von dort aus
fächerförmig bis zum Knick der Mauer einzogen, ein ähnliches Prinzip,
wie unterhalb der Pinakothek; so wurde der allmälige Übergang zwischen
den divergierenden Richtungen hergestellt.

Der Weg senkte sich also längs dieser Mauer dann an den beiden
Nischen vorüber, lag aber natürlich höher, als das jetzige Niveau ist,
wie wir schon oben hervorgehoben haben. Seine fernere Verfolgung
gehört nicht hierher, da diese die Propyläen selbst nicht weiter berührt;
nur das eine sei noch erwähnt, dass unmittelbar südlich vom Pyrgos
sowol der Fels vertikal abgearbeitet, als auch der Boden geglättet ist;
dieses kann nur die Bettung für ein grösseres Gebäude gewesen sein.
Dürfen wir hier, wie schon vermutet worden, das Heiligtum der Demeter
Chloe ansetzen, so kann, wie wir aus verschiedenen Notizen wissen, der
Weg nicht weit von demselben vorübergegangen sein. Nicht unfern
muss auch die spätere Toranlage des Sept. Marcellinus gelegen haben
[vgl. I, pag. 6 ]. Doch dürfen wir nicht an die Beibehaltung nur einer
Richtung denken; sicher hat sich der Weg bald gespalten, einer entlang
am Südabhang, der andere auf die Pnyx zu, der dritte am Areopag
vorüber zur Unterstadt.

1 Die Stellen aus der Lysistrate des Aristophanes, und zwar das Ende des ersten
Aktes, die Scene zwischen den Weibern und dem Chor der Alten und später dem Pro-
bulos, sowie namentlich im zweiten Akt die Scene zwischen Myrrhine und Kinesias sind
mehrfach zur Deutung der Frage nach dem Propyläenaufgang herangezogen worden.
Direkt ist jedoch wenig daraus zu ersehen. Offenbar spielt sich das ganze vor der
Fünftorwand ab, also entweder an dem westlichen Hexastyl, oder was ich für viel
wahrscheinlicher halte, an jener vorerwähnten Stützmauer, eben da, wo der Weg die
Biegung macht. So lässt sich die ganze Situation, sowol das Handgemenge, wie auch
das Begiessen des offenbar tiefer stehenden Chores der Alten und des Probulos von
der Mauer aus erklären. Als Kinesias kommt, erfährt man, dass der Weg am Heilig-
tum der Demeter vorüberführt; diese Stelle kann aber nur vom Nikepyrgos aus, nicht
etwa von der Fünftorwand her gesehen werden. Die Scene zwischen ihm und Myrrhine
lässt sich dann gleichfalls an die Stützmauer verlegen, traf doch auch hier gerade der
von der Klepsydra heraufkommende Felspfad mit dem Hauptwege zusammen. Kurz, es
liegt in dieser ganzen Stelle nichts, was der von mir versuchten Gestaltung des Auf-
gangs widerspräche.

JS
 
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