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Brandi, Karl [Bearb.]
Quellen und Forschungen zur Geschichte der Abtei Reichenau (Band 1): Die Reichenauer Urkundenfälschungen: mit 17 Tafeln in Lichtdruck — Heidelberg, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.14855#0053

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Text der Fälschungen.

2. Text der Fälschungen.

I. Einen ganz gleichartigen Karakter haben zunächst die unechten Besitzübertragungen:
Nr. 25 Karl III. über Besitzungen am Comersee.

» 27 » » » Jonen und Kempraten im Zürichgau.

» 37 Arnolf » [Erchingen] und Thundorf.

» 39 » » [Eschingen,] Suntheim, Aufen.

[» 4~> » » einen Hof in Gachnang für Anno.]

In Anordnung und Inhalt der Formeln erscheinen alle diese Fälschungen echten Kaiserurkunden
nachgebildet; nur haben sich regelmäßig bei der Wiedergabe durch den Fälscher Zusätze und
Veränderungen eingeschlichen, welche sich nicht nur deutlich als kanzleiwidrig erweisen, sondern
allgemein die spätere Zeit verraten.

Für die sachliche Kritik sind wir vornehmlich auf eine Uberlieferung der Chronik des Gallus
Oheim angewiesen; dieselbe bewahrt nämlich ein altes Reichenauer Besitzverzeichnis*); die er-
schöpfende Beurteilung desselben, sowie die notwendige Emendation muß einer späteren Ausgabe
dieser Chronik vorbehalten bleiben; immerhin aber läßt sich trotz vielfacher Verderbnisse mit
Sicherheit feststellen, daß die Eintragungen verschiedenen Zeiten entstammen. — Der erste Teil ist
chronologisch geordnet und enthält, wenn man allein den Namen folgt2), Schenkungen von Karl
Martell, Karl d. Gr., Graf Gerold, Ludwig, Karlmann, Karl III., Ludwig, Herzog Burckbart, Herzog
Berchtolt, Otto, Otto —. Die vermerkten Übertragungen sind durchaus unbedenklich [über Ulm s. u.]
und es ist zu betonen, daß alle um ihrer selbst willen in Fälschungen vorkommenden Schenkungen
hier gänzlich fehlen; so ist unter Karl d. Gr. keine Rede von der Vergabung der Villa Rörnang,
die in den späteren Fälschungen eine so große Rolle spielt; ebensowenig ist unter Karl III. Jonen
und Kempraten genannt und statt der Angabe der Fälschung Nr. 25 findet sich zu Karlmann
allein Grabedona am Comersee, nicht [S]androbium, Castanado und Turclela aufgeführt. Zu diesem
einheitlichen Teil darf man somit alles Vertrauen haben; bedenklich ist aber die weitere Fortsetzung.
Otto (II.) folgt zunächst Arnolf, offenbar nachgetragen; zu ihm sind nun aber schon die
Orte Suntheim und Uffheim (Aufen) verzeichnet, um derentwillen Nr. 39 angefertigt ist; — dann
werden die Schenkungen Bischof Eginos, Herzog Bertolds [«f 973»], des Nottingus', Ottos (III.),
Guntharts, Ravins und Selbos aufgeführt, denen erst am Schluß nochmals «Karollus Kung» und
zwar mit «Jonen und Centumpratten» [Nr. 27] angeflickt ist; als letzter erscheint darauf Herzog
Conrat von Zeringen mit dem «vierten Teil der Villa Öhningen» vom Jahre 1139 [vergl. Nr. 81].
— Die bezeichnende Trennung der Schenkungen Karls III, so daß am richtigen Platz neben «Kadil-
burc» die echten Übertragungen von Zurtzach (Nr. 26) und Erchingen (Nr. 33) stehen, ganz
am Ende des Verzeichnisses aber erst die beiden Orte Jonen und Kempraten der Fälschung 27,
ist zu auffallend, als daß man neben den andern Gründen, hierdurch nicht das Alter des ersten
Teils für verbürgt erachten dürfte. — Auf Grund dieses Verzeichnisses lassen sich aber die genannten
Fälschungen auch materiell beurteilen. —

') P- 18; auch abgedruckt bei Leichtlen, Die Zähringer, p. 03.

) Die Reihenfolge ist zu deutlich, als daß man es nicht als Verderbnis ansehen dürfte, wenn Oheim an
erster Stelle «Ludwig puer» und hinter Karl III. «Ludwig der milt» bietet.


 
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