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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0600

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578 VASA NQN SACRA. DRITTER ABSCHNITT. DAS ALTARGLÖCKCHEN

2. Arten. An Arten des Altarglöckchens hat man zwei zu unterscheiden, näm-
lich Handglöckchen und Wandglocken. Die ersteren bestanden und bestehen
entweder in einer einzelnen, mit einem Handgriff oder Halter versehenen, bald
kleineren, bald größeren Glocke — von drei silbernen Altarglöckchen dieser
Art, von denen wir im Inventar des Herzogs Jean von Berry von i^oi hören,
wog eine 2 Mark, i Unze (=ca. 475 g), die zweite 3 Mark, i Unze ( = 08.700 g),
die dritte 2 Mark (= ca. kko g), (4) doch handelt es sich bei ihnen um Aus-
nahmen, in der Regel war das Gewicht der Glöckchen erheblich geringer —
oder in zwei, drei oder mehreren in einem mit Handhabe versehenen Gehäuse
oder Gestell vereinigten Glöckchen. Handglöckchen der ersten Form waren
zu aller Zeit das Gewöhnlichste.

Von Altarglöckchen in Gestalt von Handglöckchen der zweiten Form, Zimbel
(cymbalum), Klinsel genannt, hören wir schon in einem Inventar von St-Martin
zu Montpezat von ii36, in dem eine capsa, in qua sunt n parvae campanellae
metalli pro pulsandum ad elevationem Domini Jhesu Christi, quando missa
celebratur, aufgeführt wird, da diese capsa mit ihren elf Glöckchen kaum
anders als eine Zimbel verstanden werden kann. (5) Sie sind also nicht eine
Erfindung des 16. Jahrhunderts. Häufig dürften sie freilich im Mittelalter
nicht gewesen sein, da ihrer sonst in den spätmittelalterlichen Quellen, zumal
den Inventaren, nie Erwähnung geschieht.

Eine größere Verbreitung erlangten Altarglöckchen in Zimbelform seit dem
letzten Viertel des 16., zumal aber im späten 17. und im 18. Jahrhundert.
iÖ79 ist von ihnen die Rede in einem Inventar der Pfarrkirche zu Grottkau und
der Pfarrkirche zu Ottmachau in Schlesien (6) — item 3 gehäuse mit glöcklein
heißt es in jenem, ein Zimbel Thürmlein, darin zween Zimbeln in diesem —,
i5go in einem Inventar der Pfarrkirche zu Schweidnitz, (7) 1591 in dem Or-
natus ecclesiasticus des Regensburger Generalvikars Myller. (8) Abgebildet
sind einige im späten 16. Jahrhundert entstandene Beispiele solcher Zimbeln,
die sich ehedem in der St. Michaelskirche zu München befanden, in dem nur
wenig jüngeren Schatzbuch der Kirche. (9) Es waren deren zwei verschiedene
vorhanden. Das erste in drei, das zweite in vier Exemplaren. Das Gehäuse, in
dem sich die Glöckchen befanden, bestand in einem reich mit durchbrochenen
Ornamenten verzierten, oben offenen und mit einer Handhabe ausgestatteten,
unten mit einem Fuß versehenen bauchigen Kessel (Tafel 116).

Von der Verbreitung, deren sich die Altarglöckchen in Zimbelform im späten 17. und
im 18. Jahrhundert in Deutschland erfreuten, legen die vielen Beispiele Zeugnis ab, die sich
aus diesen dort erhalten haben. So drei in der Altertümer Sammlung des Priester seminars
/u Freising (Tafel n5), zwei im Germanischen Museum zu Nürnberg, vierzehn im Baye-
rischen Nationalmuseum (Tafel jiö), eines im Düsseldorfer Kunstgewerbemuseum. An-
dere befinden sich im Schnütgenmuseum zu Köln, Jn St-Antoine und St-Pholien zu
Lüttich (Tafel n5), im Hospital zu Aerschot und in dem Beginenhof zu Brüssel, welch
letztere bekunden, daß auch außerhalb Deutschland solche Altarglöckchen in Gebrauch
waren. Zwei cymbala erwähnt neben 3 campaxmlae ein Inventar der St. Nikolauskirche zu

(4) GmFFHEv II, 101. (5) Bullet, areheol. de la Soc. archeol. de Tara-et-Garonne V
(1877) 183. (6) Jungsitz I, 76, 83. (7) Anzeiger, N.F.XXI (1874) 221. (8) C. 52; S. 98.
(ß) Vgl. auch Guus, Tfl.XII, XV.
 
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