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https://doi.org/10.11588/diglit.3478#0170
2. Abschnitt. gruiMch zu verachten, weil er es aus der Nähe kenne;
der wahre Grund war, daß man ihn von Rom aus nicht
mehr honoriren konnte und wollte 0* Venedig, das ihn
beherdergte, beschwieg er weislich. Der Rest seines Ver-
hältnisses zu den Großen ist lauter Bettelei und gemeine
Erpressung.
Seine Publici- Bei Aretino findet sich der erste ganz große Mißbrauch
stik und sein hbr Publieität zu solchen Zwecken. Die Streitschriften,
welche hundert Jahre vorher Poggio und seine Gegner ge-
wechselt hatten, sind in der Absicht und im Ton eben so
infam, allein sie sind nicht auf die Presse, sondern auf eine
Art von halber und geheimer Publieität berechnet; Aretino
macht sein Geschäft aus der ganzeu und unbedingten; er
/ ist in gewissem Betracht einer der Urväter der Journalistik.
j Periodisch läßt er ftine Briefe u. a. Artikel zusammen-
drucken, nachdem sie schon vorher in weitern Kreisen eursirt
haben mochten^).
Verglichen wit Voltaire hat Aretino den Vortheil, daß
er sich nicht mit Principien beläd^, weder mit Aufklärung
noch mit Philanthropie und sonstiger Tugend, noch auch
wit Wissenschaft; sein ganzes Gepäck ist das bekannte Motto:
„Veritus" oäiuin xurit. Deßhalb gab es auch für ihn
keine falschen Stellungen, wie z. B. für Voltaire, der seine
Pucelle schmählich verläugnen und Anderes lebenslang ver-
stecken mußte; Aretino gab zu allem seinen Namen, und
noch spät rühmt er sich offen seiner berüchtizten Ragiona-
i) An den Hcrzog von Ferrara, 1. Januar 1536: Jhr werdet nun
von Rom nach Neapel reisen, rlerenmäo 1n vlsta avvllitn nel
wiirar 1e miserie xontiüeÄli eon 1a oontemxlatioiie äello ee-
66116N26 irnx^rinli.
Wie cr sich damit specicll den Künstlern furchtbar machte, wäre an-
derswo zu erörtcrn. — Das publicistische Vehikel der deutschen
Nesormation ist wescntlich die Broschüre, in Beziehung auf bcstimmte
einzelne Angelegenheiten; Aretino dagcgen ist Journalist in dem Sinne^
daß er einen permanenten Anlaß des Pnblicirens in sich hat.
der wahre Grund war, daß man ihn von Rom aus nicht
mehr honoriren konnte und wollte 0* Venedig, das ihn
beherdergte, beschwieg er weislich. Der Rest seines Ver-
hältnisses zu den Großen ist lauter Bettelei und gemeine
Erpressung.
Seine Publici- Bei Aretino findet sich der erste ganz große Mißbrauch
stik und sein hbr Publieität zu solchen Zwecken. Die Streitschriften,
welche hundert Jahre vorher Poggio und seine Gegner ge-
wechselt hatten, sind in der Absicht und im Ton eben so
infam, allein sie sind nicht auf die Presse, sondern auf eine
Art von halber und geheimer Publieität berechnet; Aretino
macht sein Geschäft aus der ganzeu und unbedingten; er
/ ist in gewissem Betracht einer der Urväter der Journalistik.
j Periodisch läßt er ftine Briefe u. a. Artikel zusammen-
drucken, nachdem sie schon vorher in weitern Kreisen eursirt
haben mochten^).
Verglichen wit Voltaire hat Aretino den Vortheil, daß
er sich nicht mit Principien beläd^, weder mit Aufklärung
noch mit Philanthropie und sonstiger Tugend, noch auch
wit Wissenschaft; sein ganzes Gepäck ist das bekannte Motto:
„Veritus" oäiuin xurit. Deßhalb gab es auch für ihn
keine falschen Stellungen, wie z. B. für Voltaire, der seine
Pucelle schmählich verläugnen und Anderes lebenslang ver-
stecken mußte; Aretino gab zu allem seinen Namen, und
noch spät rühmt er sich offen seiner berüchtizten Ragiona-
i) An den Hcrzog von Ferrara, 1. Januar 1536: Jhr werdet nun
von Rom nach Neapel reisen, rlerenmäo 1n vlsta avvllitn nel
wiirar 1e miserie xontiüeÄli eon 1a oontemxlatioiie äello ee-
66116N26 irnx^rinli.
Wie cr sich damit specicll den Künstlern furchtbar machte, wäre an-
derswo zu erörtcrn. — Das publicistische Vehikel der deutschen
Nesormation ist wescntlich die Broschüre, in Beziehung auf bcstimmte
einzelne Angelegenheiten; Aretino dagcgen ist Journalist in dem Sinne^
daß er einen permanenten Anlaß des Pnblicirens in sich hat.