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Burckhardt, Jacob; Bode, Wilhelm
Der Cicerone: eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Band 1): Antike Kunst — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.17367#0223
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Wandmalereien. In Rom.

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Neben diesem Reichthum an decorativer Vasenmalerei kann man
nur mit Schmerzen Desjenigen gedenken, was uns in der Malerei
des grossen Stils verloren ist. Von Polygnot und der alten attischen
Schule, von Zeuxis, Parrhasios und den übrigen Ioniern, von Pausias
und Euphranor, auch von dem grossen Apelles, ja von allen den hun-
dert griechischen Malern, welche noch dem Plinius und Quintilian be-
kannt waren, ist uns keine Linie, kein Pinselstrich, sondern der blosse
Name übrig. Vergebens bemüht man sich, aus Andeutungen der
Schriftsteller ein Bild der Stile dieser Künstler herzustellen, und
misslich bleibt es immer, aus den vorhandenen pompejanischen und
andern Malereien Motive nach bestimmten alten Meistern heraus-
rathen zu wollen.

Im Allgemeinen aber ist so viel sicher, dass das Beste, was wir
von antiken Malereien besitzen, in der Erfindung weit vorzüglicher
ist als insgemein in der Ausführung. Jene grossen alten Maler
leben theilweise noch, nur anonym und schattenhaft in
Anklängen (kaum in Copien) fort; es rettete Einiges von ihnen
jener Grundzug alles antiken Kunsttreibens: die Wiederholung des
anerkannt Trefflichen.

Dies gilt zunächst von denjenigen Ueberresten, welche zu Rom
in einem nach dem Garten hinausgebauten Gemach der vaticani - a
sehen Bibliothek aufbewahrt werden. Sowohl die sog. Aldo-
brandinische Hochzeit—ein Werk, welches auch nach der Ent-
deckung Pompeji's seinen hohen, ja einzigen Werth behält — als
die fünf Bilder mythischer Frauen deuten auf Originale der besten
Zeit zurück. Was sonst zu Rom in den Titusthermen, einzelnen b
Sammlungen, in den Columbarien der Via latina und der Villa o
Pamfili u. a. a. 0. vorhanden ist, erscheint theils sehr verdorben,
theils von geringem Belang, ausgenommen die Wancldecorationen
eines Privathauses (nach Rosa älterliches Haus des Tiberius) d
auf dem Palatin, sowie vor Allem diejenigen eines bei den Tiber-
regulirungen an der Farnesina aufgefundenen Hauses im Museo e
Tiberino. Die Malereien einfach auf verschiedenem, kräftig farbi-
gem Grunde, von feiner Wirkung und sauberer Ausführung; den
meisten Pompejanischen Decorationen durch Einfachheit und Ge-
schmack überlegen. — Was von antiken Malereien ausser Rom vor-
kommt, ist meist von Pompeji hergebracht.

Bei weitem die wichtigsten Stätten für das Studium der antiken
• Malerei sind die verschütteten Orte am Vesuv und das Museum
von Neapel. Die Gemälde in der rechten Hälfte des Erdge-
schosses sind in Abtheilungen mit römischen Ziffern angeordnet; die
figürlichen Gemälde, Landschaften u. s. w. (Abth. I—LXXII) in f
i einem Gang und fünf Zimmern an der Südseite, die ornamentalen

Burckhardt, Cicerone. 5. Aufl. I. Theil. 13
 
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